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Nahost-NewsblogIsrael greift Ziele im Südlibanon an – Tausende demonstrieren in Tel Aviv

Lesezeit 8 Minuten
Rauch und Flammen steigen nach einem israelischen Luftangriff auf die Mahmoudiyeh-Berge auf, gesehen von der Stadt Mardsch Uyun im Südlibanon.

Rauch und Flammen steigen nach einem israelischen Luftangriff auf die Mahmoudiyeh-Berge auf, gesehen von der Stadt Mardsch Uyun im Südlibanon.

Nach dem Terror-Angriff der Hamas auf Israel ist die Lage in Nahost eskaliert. Die Entwicklungen in Israel, Gaza und dem Iran im Newsblog.

Am 7. Oktober 2023 überfielen Terroristen der Hamas Israel. Sie richteten ein beispielloses Blutbad an und nahmen zahlreiche Geiseln. Israel antwortete mit einem Krieg im Gazastreifen. Inzwischen ist die humanitäre Lage dort katastrophal, Israels Vorgehen steht international in der Kritik.

Die laufenden Entwicklungen in unserem Newsblog.


Samstag, 21. September

+++ Israel erlässt Beschränkungen für Bewohner im Norden +++

Angesichts der jüngsten Eskalation im Konflikt mit der libanesischen Schiiten-Miliz Hisbollah hat Israels Armee verstärkte Einschränkungen für die Menschen in Nordisrael angekündigt. In mehreren Gebieten, darunter in der Küstenstadt Haifa, seien Versammlungen im Freien auf maximal 30 Personen, in Innenräumen auf 300 Teilnehmer beschränkt, teilte die Armee mit. Anwohner der betroffenen Gebiete dürfen den Angaben nach zudem nur noch zu ihren Arbeitsplätzen, zu Schulen und Universitäten, wenn dort Schutzräume verfügbar sind. Die geänderten Richtlinien gelten seit dem Abend.

Bei einem Angriff auf ein Treffen der Hisbollah in Beirut waren am Freitag nach Angaben des libanesischen Gesundheitsministeriums insgesamt mindestens 37 Menschen getötet worden, darunter auch drei Kinder. Unter den Todesopfern waren auch mehrere hochrangige Hisbollah-Militärkommandeure. Seitdem gibt es heftigen gegenseitigen Beschuss im libanesisch-israelischen Grenzgebiet.

+++ Tausende demonstrieren in Israel wieder für Geisel-Deal +++

In Israel haben erneut Tausende Menschen für eine Waffenruhe im Gaza-Krieg und die Freilassung der noch im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln protestiert. Viele Demonstranten in der Küstenmetropole Tel Aviv zeigten Plakate mit Fotos von Verschleppten. „Beendet das Blutvergießen“, war auf einem anderen Schild zu lesen. Auch in anderen Städten im Land gab es erneut Kundgebungen.

„Liri - entschuldige“, sagte der Vater einer entführten Frau auf einer Kundgebung in Tel Aviv. Bereits seit einem Jahr habe er seine Tochter nicht in den Arm nehmen und mit ihr zusammen lachen können. Vor allem einige rechtsextreme israelische Minister seien schuld, dass noch immer kein Abkommen mit der islamistischen Hamas für ein Ende des Kriegs und die Freilassung der Geiseln zustande gekommen sei, argumentierte der Vater.

Tausende demonstrieren in Tel Aviv am Samstagabend für die Freilassung von Geiseln.

Tausende demonstrieren in Tel Aviv am Samstagabend für die Freilassung von Geiseln.

Der Cousin eines Mannes, dessen Leiche die Hamas noch im Gazastreifen festhält, forderte in einer Ansprache: „From the river to sea, Palestinians and Israelis should be free“ („Vom Fluss bis zum Meer, Palästinenser und Israelis sollten frei sein“). Der Ausruf ist eine Abwandlung der umstrittenen Parole „From the river to the sea, Palestine will be free“. Sie wird mitunter als Leugnung des Existenzrechts Israels und als Befürwortung des Terrorangriffs der Hamas vom 7. Oktober 2023 verstanden.

+++ Israels Armee: Angriffe auf Ziele im Südlibanon mit „dutzenden“ Kampfflugzeugen +++

Die israelische Armee hat nach eigenen Angaben am Samstagabend massive Luftangriffe gegen die pro-iranische Hisbollah-Miliz im Südlibanon geführt. „Dutzende“ Kampfflugzeuge seien an dem Einsatz gegen Ziele der Hisbollah beteiligt, teilte Armeesprecher Daniel Hagari mit. „Im Verlauf der vergangenen Stunde haben wir einen umfassenden Angriff im Südlibanon lanciert, nachdem wir Vorbereitungen der Hisbollah für einen Beschuss des israelischen Territoriums erkannt hatten“, erklärte der Sprecher.

Libanesen beobachten den von der südlibanesischen Stadt Mardsch Uyun aus gesehen Rauch, der nach israelischem Beschuss aufsteigt.

Libanesen beobachten den von der südlibanesischen Stadt Mardsch Uyun aus gesehen Rauch, der nach israelischem Beschuss aufsteigt.

+++ Libanons Außenminister: „Große Explosion“ zeichnet sich ab +++

Angesichts der schweren Spannungen und wiederholten gegenseitigen Angriffe zwischen Israel und der Hisbollah sieht der libanesische Außenminister Abdullah Bou Habib die Gefahr eines großen Krieges. „Entweder zwingt dieser Rat Israel, seine Aggression einzustellen“, sagte Bou Habib vor dem UN-Sicherheitsrat in New York, „oder wir werden stumme Zeugen der großen Explosion sein, die sich heute am Horizont abzeichnet.“ Bevor es zu spät sei, „müssen Sie verstehen, dass diese Explosion weder den Osten noch den Westen verschonen und uns ins dunkle Zeitalter zurückwerfen wird.“

Bou Habib warf Israel vor, hinter dem Angriff in seinem Land mit explodierenden Pagern und Funkgeräten zu stecken. Der Minister sagte, Tausende Pager seien zur Explosion gebracht worden. Zwischendurch hielt er ein Bild im Rat hoch, dass eine blutige Hand mit abgesprengten Fingern zu zeigen schien.

Mindestens 37 Menschen kamen nach libanesischen Behördenangaben am Dienstag und Mittwoch bei den Detonationen der manipulierten Geräte ums Leben. Rund 3.000 weitere wurden demnach verletzt - darunter nicht nur Hisbollah-Mitglieder, sondern auch Zivilisten wie Kinder. Israel hat sich bislang nicht öffentlich zu den Angriffen bekannt.

Es sei klar, dass Israel sich nicht an das Völkerrecht und das humanitäre Recht halte, so Bou Habib weiter. „Wenn Israel solche Taten begeht, erleben wir nur schüchterne Bekundungen des Bedauerns, die Israel ermutigen, die internationalen Resolutionen zu missachten, von denen seit 1948 keine einzige gegen Israel umgesetzt wurde“. Israel sei zu einem Schurkenstaat geworden.

+++ Libanon: Zahl der Todesopfer nach Israels Angriff steigt auf 31 +++

Die Zahl der Toten ist nach dem israelischen Angriff auf einen Vorort der libanesischen Hauptstadt Beirut auf 31 angestiegen. Darunter seien drei Kinder und sieben Frauen, teilte der libanesische Gesundheitsminister Firas Abiad mit. Es habe mindestens 68 Verletzte gegeben. Zuvor war von mindestens 14 Toten die Rede gewesen.

Die Hisbollah selbst erklärte den Tod von insgesamt 15 ihrer Mitglieder. Darunter war auch der hochrangige Militärkommandeur Ibrahim Akil, dem der Angriff nach Angaben des israelischen Militärs gegolten hatte. Akil gehörte zu den Gründungsmitgliedern der Hisbollah.

Pro-iranische Hisbollah-Kämpfer tragen den Sarg eines der drei Kommandeure der Elitebrigade al-Radwan, die bei einem israelischen Luftangriff auf einen südlichen Vorort von Beirut getötet wurden, während des Trauerzuges.

Pro-iranische Hisbollah-Kämpfer tragen den Sarg eines der drei Kommandeure der Elitebrigade al-Radwan, die bei einem israelischen Luftangriff auf einen südlichen Vorort von Beirut getötet wurden, während des Trauerzuges.

Nach Angaben des Gesundheitsministers ist auch die Zahl der Todesopfer nach den mutmaßlich von Israel koordinierten Explosionen von Pagern und Funkgeräten am Dienstag und Mittwoch weiter angestiegen. Insgesamt seien dabei 39 Menschen getötet worden.

+++ Iran verurteilt gezielte Tötung von Hisbollah-Kommandeur – Racheakt aber nicht geplant +++

Der Iran verurteilt die gezielte Tötung eines Militärkommandeurs der libanesischen Hisbollah-Miliz bei einem israelischen Luftangriff in Beirut aufs Schärfste. Ein Racheakt des Irans ist aber nach Angaben des iranischen Außenministers Abbas Araghchi nicht geplant. „Der Vorfall ist eine Angelegenheit der Hisbollah, und die wird sicherlich zu gegebener Zeit auch eine geeignete Reaktion zeigen“, sagte der iranische Chefdiplomat laut Nachrichtenagentur Isna.

Araghchi bezeichnete die gezielte Tötung von Kommandeur Ibrahim Akil als „einen verbrecherischen Verzweiflungsakt des zionistischen Regimes“. Israel sei in eine Sackgasse geraten und versuche nun, „mit solchen Verbrechen die gesamte Region in den Sumpf zu ziehen“. Der Iran werde auf eine internationale Verurteilung der israelischen „Kriegsverbrechen“ drängen, um so eine noch gefährlichere Eskalation der Lage im Nahen Osten zu verhindern, sagte der Minister.

Araghchi ist derzeit in New York, um an der UN-Vollversammlung teilzunehmen. Auch Irans Präsident Massud Peseschkian wird nächste Woche dort erwartet. Die Krise im Nahen Osten steht laut Araghchi ganz oben auf Peseschkians Agenda bei den Verhandlungen mit seinen ausländischen Amtskollegen. Ein weiteres Thema soll die Wiederaufnahme der Atomverhandlungen mit dem Westen sein.

Freitag, 20. September

+++ Iran wirft Israel nach Tötung von Hisbollah-Kommandeur „niederträchtigen“ Angriff vor +++

Nach der Tötung des ranghohen Militärchefs der pro-iranischen Hisbollah-Miliz Ibrahim Akil in der libanesischen Hauptstadt Beirut hat der Iran Israel einen „brutalen und niederträchtigen Luftangriff“ vorgeworfen. Dieser stelle eine „klare Verletzung des Völkerrechts sowie eine Verletzung der Souveränität, der territorialen Integrität und der nationalen Sicherheit des Libanon dar“, erklärte der Sprecher des iranischen Außenministeriums, Nasser Kanani, am Freitag.

Es bestehe „kein Zweifel daran, dass das zionistische Regime versucht, die Spannungen zu verschärfen und die Geographie des Krieges und der Konflikte in der Region zu erweitern“, erklärte Kanani weiter.

+++ Israels Armee nach Angriff in Beirut: Zielen nicht auf breite Eskalation ab +++

Nach der Tötung des Hisbollah-Kommandeurs Ibrahim Akil in Beirut strebt die israelische Armee nach eigenen Angaben keine Ausweitung des Konflikts an. „Wir zielen nicht auf eine breite Eskalation in der Region ab“, sagte Militärsprecher Daniel Hagari am Freitag vor Journalisten. „Wir handeln im Einklang mit den definierten Zielen (des Krieges) und werden dies auch weiterhin tun.“

Der israelische Verteidigungsminister Joav Gallant schrieb unterdessen im Onlinedienst X, die „Feinde“ Israels hätten keinen „Zufluchtsort“ mehr.

Die mit der Hisbollah verbündete radikalislamische Hamas nannte den Angriff in einem südlichen Vorort Beiruts eine „brutale und terroristische Aggression“. Es handele sich um eine „Eskalation der zionistischen Aggression“, hieß es in einer Erklärung der im Gazastreifen herrschenden Palästinenserorganisation.

+++ Israel tötet Hisbollah-Kommandeur - Sorge vor neuem Krieg +++

Das israelische Militär hat nach eigenen Angaben den Hisbollah-Militärkommandeur Ibrahim Akil bei einem gezielten Angriff in der libanesischen Hauptstadt Beirut getötet. Zuvor hatten israelische Kampfflugzeuge nach Angaben aus libanesischen Sicherheitskreisen eine der schwersten Angriffswellen seit Beginn des gegenseitigen Beschusses im Oktober vergangenen Jahres geflogen. Zugleich registrierte die israelische Armee 200 Geschosse, die aus dem Libanon auf Nordisrael abgefeuert wurden.

Ibrahim Akil sei tot, teilte Israels Armeesprecher Daniel Hagari mit. Die Hisbollah äußerte sich dazu zunächst nicht. Akil gehört zu den Gründungsmitgliedern der Hisbollah und wirkte insbesondere im militärischen Flügel der schiitischen Organisation. Medienberichten zufolge war er der Militärkommandeur der Hisbollah und damit der Nachfolger des am 30. August ebenfalls von Israel getöteten Fuad Schukr.

+++ Mindestens zwölf Tote nach Israels Angriff in Beirut +++

Bei dem Angriff der israelischen Armee auf ein Ziel in Libanons Hauptstadt Beirut sind nach Behördenangaben mindestens zwölf Menschen getötet worden. 66 weitere Personen seien verletzt worden, teilte das libanesische Gesundheitsministerium mit. Neun davon befänden sich in einem kritischen Zustand.

Zuvor hatte die libanesische Nachrichtenagentur NNA gemeldet, dass mindestens fünf Menschen getötet wurden. Es soll sich demnach um Minderjährige gehandelt haben. Der Fernsehsender der Hisbollah, Al-Manar, berichtete von einem Toten und 14 Verletzten. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.

+++ Israels Armee greift Ziel in Beirut an +++

Israels Armee hat eigenen Angaben zufolge ein Ziel in Libanons Hauptstadt Beirut angegriffen. Weitere Details nannte das Militär zunächst nicht. Augenzeugen zufolge soll der Angriff einem Ziel in einem südlichen Vorort Beiruts gegolten haben. Es seien zwei Explosionen zu hören gewesen sein.

„Mein gesamtes Haus hat gebebt“, berichte eine Bewohnerin der Deutschen Presse-Agentur. Auf den Straßen herrschte Panik. Mehrere Krankenwagen waren im Einsatz. Der Fernsehsender der Hisbollah, Al-Manar, berichtete von Verletzten, darunter sollen auch Kinder sein.

+++ Israel ficht Zulässigkeit des Haager Antrags auf Haftbefehl gegen Netanjahu an +++

Die israelische Regierung hat die Zulässigkeit des beim Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) gestellten Antrags auf einen Haftbefehl gegen Regierungschef Benjamin Netanjahu formell angefochten.

Der Staat Israel habe am Freitag „seine offizielle Anfechtung der Zuständigkeit des IStGH sowie der Rechtmäßigkeit der Anträge des Staatsanwalts auf Haftbefehle gegen Israels Ministerpräsidenten und Verteidigungsminister eingereicht“, teilte der Sprecher des israelischen Außenministeriums, Oren Marmorstein, im Onlinedienst X mit.

IStGH-Ankläger Karim Khan hatte am 20. Mai Haftbefehle gegen Netanjahu und den israelischen Verteidigungsminister Yoav Gallant sowie auch gegen mehrere Anführer der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas wegen mutmaßlicher Verbrechen gegen die Menschlichkeit und mutmaßlicher Kriegsverbrechen im Gaza-Krieg beantragt.