Köln – Zwei Monate vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am 15. Mai 2022 ist der Ukraine-Krieg mit seinen Folgen und möglichen Gefahren neben der Corona-Krise das bestimmende Thema für die Menschen im bevölkerungsreichsten Bundesland. Dies ist das Ergebnis des „NRW-Check“, einer Umfrageserie des Instituts „Forsa“ im Auftrag des „Kölner Stadt-Anzeiger“ und 38 weiterer NRW-Tageszeitungen.
21 Prozent der Wahlbere nennen den Krieg als Problem auch für NRW. Damit verbunden Inflation und Preissteigerung in den Fokus der Menschen. Während noch vor einem Monat nur 8 Prozent der Bürgerinnen und Bürger hier ein Problem sahen, sind es jetzt doppelt so viele (16 Prozent). Fast 90 Prozent sehen in höheren Preisen und einer steigenden Inflation eine Bedrohung für die Menschen in Deutschland.
Kriegsangst haben fast zwei Drittel der Menschen in Nordrhein-Westfalen: 60 Prozent fürchten, dass der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine auch Deutschland erreichen könnte. Diese Angst zieht sich durch alle Altersgruppen und die politischen Lager. Lediglich bei den Jüngeren ist sie mit 52 Prozent unterdurchschnittlich.
Aufmerksamkeit für Corona rückläufig
Gegenüber diesen Sorgen ist die Aufmerksamkeit für die Corona-Pandemie deutlich gesunken. Von Dezember bis Februar ging der Anteil derer, die in der Corona-Krise eines der größten Probleme für NRW sehen, von 56 auf 36 Prozent zurück.
Die Unterstützung für eine allgemeine Impfpflicht ist ebenfalls klar rückläufig: Die Quote liegt jetzt bei 57 Prozent. Im Dezember hatten noch 73 Prozent der Befragten eine Impfpflicht für alle befürwortet, im Februar 67 Prozent. Gegenläufig zu diesem Trend geht nur mehr ein Viertel (24 Prozent) der Bürgerinnen und Bürger davon aus, dass die Impfpflicht überhaupt kommt. Zwei Drittel (67 Prozent) erwarten das nicht.
Uneinigkeit über Corona-Lockerungen
Die bevorstehenden umfassenden Lockerungen bei den Corona-Schutzmaßnahmen ab dem 20. März beurteilen 40 Prozent als richtig. Allerdings halten fast ebenso viele (39 Prozent) sie für verfrüht. 17 Prozent hätten sich die Aufhebung der meisten Schutzmaßnahmen schon früher gewünscht. In dieser Gruppe stechen die Wähler der AfD (60 Prozent) und – weniger ausgeprägt - der FDP (22 Prozent) heraus.
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Umgekehrt erwarten neun von zehn Befragten (86 Prozent), dass die Pandemie Ende des Monats noch nicht überwunden ist, sondern dass es zu einer weiteren Corona-Welle kommen wird. Am ehesten sind davon die Grünen-Wähler (95 Prozent) überzeugt. Aber selbst die AfD-Wähler rechnen zu 62 Prozent mit einem Fortdauern der Pandemie.
Die politische Ausgangslage zwei Monate vor der Landtagswahl
Politisch verfestigt sich das Bild, wonach die amtierende Koalition aus CDU und FDP im Mai mit einer Abwahl rechnen muss. Zwar hat die Zufriedenheit mit der Landesregierung insgesamt und mit Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) von Dezember bis März zugenommen, und auch in der „Sonntagsfrage“ kann die CDU von 29 Prozent (Februar) auf jetzt 32 Prozent zulegen.
Damit ist sie nur noch einen Prozentpunkt von ihrem Ergebnis in der Landtagswahl 2017 entfernt. Doch angesichts eines FDP-Ergebnisses von 8 Prozent (minus 1 Punkt gegenüber Februar) ist das Bündnis nach wie vor deutlich entfernt von einer Mehrheit der Mandate im Landtag, für die aktuell rechnerisch 45 Prozent der Wählerstimmen gebraucht werden.
SPD stagniert
Die SPD stagniert bei 27 Prozent, vier Punkte unter ihrem Ergebnis der vorigen Landtagswahl. Die Grünen und die AfD verlieren im Vergleich zur Februar-Umfrage je einen Punkt und landen bei 17 beziehungsweise 6 Prozent. Die Linkspartei bleibt mit 3 Prozent deutlich unter der Fünf-Prozent-Hürde.
Mit diesen Ergebnissen hätte auch eine rot-grüne Koalition nach der Landtagswahl keine Mehrheit. Rechnerisch möglich sind Schwarz-Grün, die früher so genannte Große Koalition von CDU und SPD und eine Ampelkoalition nach dem Vorbild der Regierung im Bund.
CDU mit Landes-Bonus
Könnten die Wahlberechtigten am nächsten Sonntag einen neuen Bundestag wählen, wäre die SPD mit 29 Prozent die stärkste Partei, gefolgt von CDU (28 Prozent) und Grünen (18 Prozent). Die FDP erhielte 9 Prozent, die AfD 6 Prozent und die Linkspartei 4 Prozent der Stimmen. Damit würde die SPD ihr Umfrage-Ergebnis vom Dezember halten, die CDU würde etwas besser abschneiden, Gleiches gilt die Grünen.
Der Vergleich der Parteienpräferenz für die Landtags- und die Bundestagswahl bestätigt den Befund aus den ersten beiden Erhebungswellen des „NRW-Checks“, dass die NRW-CDU über einen „Landes-Bonus“ verfügt, während die SPD in NRW schlechter bewertet wird als die Partei auf Bundesebene.
Landesregierung mit verbesserten Werten
Die Landesregierung unter der Führung Wüsts, der sein Amt als Nachfolger von Armin Laschet erst im Oktober 2021 angetreten hatte, konnte ihren Zufriedenheitswert über die drei Wellen des „NRW-Check“ hinweg von 31 Prozent im Dezember und 37 Prozent im Februar deutlich auf jetzt 46 Prozent steigern, ein Plus von immerhin 15 Punkten. Allerdings liegt der Anteil der Unzufriedenen mit 49 Prozent immer noch darüber.
Im Lager der Koalitionsparteien CDU und FDP zeigt sich eine markante Differenz: 88 Prozent der CDU-Anhänger sind mit der Landesregierung zufrieden, aber nur 55 Prozent der FDP-Anhänger. Massiv unzufrieden (92 Prozent) ist die AfD-Anhängerschaft, aber auch bei den Unterstützern der Grünen ist die Negativ-Quote mit 62 Prozent sehr hoch. Bei den SPD-Anhängern sind Zufriedene (46 Prozent) und Unzufriedene (53 Prozent) annähernd gleich verteilt.
Zufriedenheit mit Hendrik Wüst weiter gestiegen
Für sich persönlich kann Ministerpräsident Wüst noch etwas bessere Werte verbuchen als die Landesregierung insgesamt. Mit Wüsts Arbeit als Regierungschef zeigten sich 47 Prozent der Befragten zufrieden, 37 Prozent unzufrieden.
Damit liegt auch er in einem klaren Aufwärtstrend: Im Dezember, gut einen Monat nach seinem Amtsantritt, hatten sich im „NRW-Check“ nur 31 Prozent zufrieden mit Wüst geäußert, 40 Prozent unzufrieden. Zwei Monate später, im Februar, konnte Wüst das Verhältnis auf 40:36 zu seinen Gunsten drehen.
Stark abgenommen hat der Anteil derer, die keine Meinung zu Wüsts Arbeit artikulieren. Im Dezember 2021 zeigte sich fast ein Drittel der Bürgerinnen und Bürger (29 Prozent) unentschieden. Inzwischen hat sich dieser Anteil fast halbiert und liegt bei nur noch 16 Prozent.
Thomas Kutschaty hinter Amtsinhaber Wüst
Bei der Ministerpräsidenten-Präferenz bleibt Amtsinhaber Wüst von der CDU weiter deutlich vor Thomas Kutschaty von der SPD: Könnten die Wählerinnen und Wähler sich in einer Direktwahl des Regierungschefs zwischen den beiden entscheiden, würden 37 Prozent für Wüst stimmen, 21 Prozent für Kutschaty.
Damit kann der CDU-Mann seinen SPD-Herausforderer weiter deutlich auf Abstand halten, zumal Kutschatys Rückhalt selbst im SPD-Lager gering ist: Nur 55 Prozent der eigenen Klientel würden ihm in einer Direktwahl ihre Stimme geben. Immerhin 22 Prozent der SPD-Anhänger würden sich stattdessen für Wüst entscheiden. Dieser hingegen kann die eigene Anhängerschaft fast geschlossen hinter sich versammeln: In einer Direktwahl bekäme er von den eigenen Leuten 90 Prozent der Stimmen.
Hälfte der Bürger kennt den Wahltermin
Auffallend ist auch: Wenige Wochen vor der Wahl ist das Lager derer, die keinen von beiden wählen würden, mit 42 Prozent nach wie vor am größten. Allerdings sinkt der Anteil der Unentschiedenen stetig. Im Dezember lag er noch bei 64 Prozent, im Februar bei 55 Prozent.
Gut zwei Monate vor der Wahl ist der Termin (15. Mai) inzwischen fast der Hälfte der Wahlberechtigten (47 Prozent) bekannt. Damit hat sich der Anteil derer, die über den Wahltermin Bescheid wissen, um etwa die Hälfte gesteigert. Ende des vorigen Jahres nannten nur 31 Prozent der Wahlberechtigten das korrekte Datum. Im Regionen-Vergleich am besten informiert sind die Bewohner der Rheinschiene Bonn-Köln-Düsseldorf mit 59 Prozent. Ähnlich gut im Bilde ist die Gruppe der über 60-Jährigen (57 Prozent).
Spezial: Der Ukraine-Krieg und seine Folgen
Humanitäre Hilfe sowie politische und militärische Unterstützung für die Ukraine bestimmen die Haltung der Menschen in Nordrhein-Westfalen zu dem vom russischen Präsidenten Wladimir Putin angezettelten Angriffskrieg gegen das Nachbarland. Mit einer überwältigenden Mehrheit (89 Prozent) befürworten die Bürgerinnen und Bürger die Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine in der eigenen Stadt oder Gemeinde.
Der Rückhalt geht durch alle Altersgruppen und die politischen Lager. Deutlich unterdurchschnittlich ist die Zustimmung in den Reihen der AfD-Anhänger. Doch immerhin 78 Prozent auch dieser Klientel sind für die Aufnahme von Flüchtlingen. 19 Prozent sprechen sich dagegen aus.
Große Zustimmung für Waffenlieferungen
Die sicherheitspolitische Kehrtwende der Bundesregierung wird in Nordrhein-Westfalen in hohem Maße mitgetragen. 77 Prozent der Menschen halten die Entscheidungen für Waffenlieferungen an die Ukraine für richtig. Nur 15 Prozent sprechen sich dagegen aus. Deutlich abweichend votieren nur die AfD-Anhänger, bei denen sich Zustimmung (48 Prozent) und Ablehnung (51 Prozent) die Waage halten.
Ähnlich stark ist der Rückhalt für die Entscheidung der Bundesregierung, die Verteidigungsausgaben deutlich zu erhöhen und der Bundeswehr noch im laufenden Bundeshaushalt 100 Milliarden Euro mehr für Ausstattung und Waffen zur Verfügung zu stellen. 75 Prozent der Wahlberechtigten in NRW finden das richtig, 17 Prozent halten dagegen.
Vergleichsweise skeptisch sind hier die junge Bevölkerung und die Grünen-Klientel: Von den 18- bis 29-Jährigen sprechen sich nur 67 Prozent für die massive Erhöhung der Verteidigungsausgaben aus, während 25 Prozent dagegen sind. Bei den Grünen-Anhängern ist das Verhältnis mit 66:25 fast identisch.
Wirkung der Sanktionen fraglich
Über die Wirkung der Sanktionen gegen Russland sind die Menschen in NRW uneins. 43 Prozent glauben, dass die vom Westen beschlossenen Maßnahmen wirken und Russland zum Einlenken bewegen werden. 45 Prozent gehen davon aus, dass die Sanktionen weitgehend ohne Wirkung bleiben werden.
Entschieden dieser Ansicht sind die Anhänger der AfD mit einem Anteil von 73 Prozent. Nur ein Viertel (24 Prozent) der Parteianhänger verspricht sich von den Sanktionen eine Wende des Putin-Regimes.
Bürger setzen auch auf Diplomatie
Bei allem Entsetzen über den Krieg Russlands gegen die Ukraine ist – wie auch in ganz Deutschland – nur eine Minderheit der NRW-Bevölkerung dafür, alle Gespräche und Kontakte mit Russland abzubrechen, solange die russische Armee Ukraine besetzt hält.
Dagegen setzen drei Viertel der Menschen auf Diplomatie als Mittel der Einflussnahme: 72 Prozent sagen, der Westen soll trotz allem versuchen, mit Russland in Kontakt zu bleiben und über die Sicherheit in Europa zu sprechen.
Kontroverse Diskussion über Atomausstieg
Angesichts der zu erwartenden Auswirkungen des Kriegs auf Energielieferungen aus Russland und mögliche Engpässe bei der Gasversorgung gibt es in NRW kontroverse Ansichten zu möglichen Reaktionen.
Zwei Drittel (64 Prozent) der Bevölkerung plädieren dafür, den Atomausstieg mit der für dieses Jahr vorgesehenen Abschaltung aller Kernkraftwerke in Deutschland zu überdenken. Knapp ein Drittel (29 Prozent) möchte am Atomausstieg festhalten. Besonders hoch ist die Zustimmung für ein vorläufiges Weiterbetreiben der Meiler bei den Anhängern der AfD (89 Prozent), der CDU (81 Prozent) wie auch der FDP (78 Prozent). Die SPD-Anhängerschaft liegt mit 60 Prozent etwa im Durchschnitt. Die Grünen-Klientel steht mit nur 38 Prozent Zustimmung zum Weiterlaufen der Atomkraftwerke und 59 Prozent Ablehnung am entschiedensten für das Festhalten am vorgesehenen Ausstiegsplan.
Jüngere Bevölkerungsgruppen gegen Festhalten an der Kohle
Zwiegespalten zeigt sich die Gesamtbevölkerung mit Blick auf eine etwaige Abkehr vom Kohleausstieg: 47 Prozent würden angesichts der aktuellen Lage die Kohleverstromung länger laufen lassen als geplant. 46 Prozent wollen am Verzicht auf die Kohle bis 2030 festhalten. Ganz eindeutig ist die Stimmungslage unter den Grünen: 84 Prozent möchten die Kohle bis 2030 verabschieden, nur 13 Prozent länger an ihr festhalten.
Konträr dazu befürworten 83 Prozent der AfD-Anhänger die Nutzung der Kohle über 2030 hinaus, 16 Prozent halten dagegen. Die Sympathie für die Kohle ist überdies altersabhängig. Je älter die Menschen sind, desto ausgeprägter ist die Bereitschaft, die Kohle länger zu nutzen. Während dies nur 26 Prozent der 18- bis 29-Jährigen befürworten, sind es unter den über 60-Jährigen mehr als doppelt so viele (56 Prozent). Es liegt nahe, hier einen Zusammenhang mit den Diskussionen über die negativen Folgen der Kohleverstromung für das Klima herzustellen.
Fokusthema: Innere Sicherheit in NRW
Als eines der bestimmenden landespolitischen Themen stand die innere Sicherheit beim „NRW-Check“ im Fokus der dritten Befragungswelle. Verrohung und Gewalt in der Gesellschaft rangieren mit 84 Prozent in der Liste der Bedrohungen an zweiter Stelle, direkt hinter Inflation und Preissteigerung. Die Kriminalität liegt mit 68 Prozent auf Platz fünf, gefolgt von Terroranschlägen auf Platz sieben (53 Prozent).
Andere allgemeine Bedrohungen von großer Dringlichkeit sind Preissteigerung und Inflation (88 Prozent), soziale Ungleichheit (81 Prozent), der Klimawandel (79 Prozent) und die wirtschaftliche Lage (63 Prozent). Der Zuzug von Ausländern und Flüchtlingen liegt nach den Ergebnissen des „NRW-Checks“ vom März mit 34 Prozent am unteren Ende der Skala.
Bedrohung durch Gewalt und Kriminalität
Deutliche Unterschiede in der Einschätzung der Bedrohung durch Gewalt und Kriminalität zeigen sich zwischen den Altersgruppen und den Anhängern der Parteien. Überdurchschnittlich oft nennen die über 60-Jährigen (91 Prozent) und die Anhänger der AfD (94 Prozent) Verrohung und Gewalt als Bedrohung. Unter den 18- bis 29-Jährigen liegt der Anteil nur bei 73 Prozent, bei den FDP-Wählern bei 72 und bei der Grünen-Klientel bei 79 Prozent.
Eine ähnliche Spreizung ergibt sich in der Einschätzung der Kriminalität als Bedrohung für die Menschen in Deutschland. Hier liegt den Jüngeren (52 Prozent) und den Älteren (75 Prozent) eine Kluft von immerhin 23 Prozentpunkten. Noch stärker ist die Abweichung bei den Partei-Anhängern: 89 Prozent der AfD-Anhänger sehen die Kriminalität als generelle Bedrohung, aber nur 50 Prozent der Grünen- und 60 Prozent der FDP-Anhänger.
Angst vor Datenmissbrauch und Internet-Betrug
Mit Blick auf die persönliche Betroffenheit von einer Straftat haben die Bürger am meisten Angst vor Datenmissbrauch und Betrug im Internet. 86 Prozent halten die zunehmende Internet-Kriminalität für bedrohlich. Körperliche Gewalt oder ein Wohnungseinbruch stellen ebenfalls eine Gefahr dar, von der sich viele Menschen potenziell selbst betroffen fühlen.
Parallel dazu schwindet das Sicherheitsempfinden der Menschen. 48 Prozent fühlen sich weniger sicher als früher. 44 Prozent geben an, sich genauso sicher zu fühlen wie früher. Nur 6 Prozent sagen, sie fühlten sich im Vergleich sicherer.
Hohes Sicherheitsgefühl am eigenen Wohnort
Deutlich höher ist das Sicherheitsgefühl der Menschen am eigenen Wohnort. 76 Prozent aller Bürger sagen, sie könnten sich in ihrem unmittelbaren Lebensumfeld sicher fühlen. 20 Prozent geben an, sich weniger oder gar nicht sicher fühlen zu können. In Dörfern und Kleinstädten ist das Sicherheitsempfinden besonders stark: So sagen 88 Prozent der Menschen, die in Orten mit weniger als 20.000 Einwohnern leben, sie fühlten sich sicher. Nur 8 Prozent sehen das anders. Das Sicherheitsempfinden verringert sich mit zunehmender Größe der Kommunen: In Großstädten mit mehr als 500.000 Einwohnern fühlen sich nur noch zwei Drittel (65 Prozent) der Menschen sicher.
Signifikant unterschiedlich ist die Wahrnehmung auch unter den Anhängern der verschiedenen Parteien. Am höchsten ist das Sicherheitsempfinden, bezogen auf den eigenen Wohnort, bei den Grünen-Anhängern (90 Prozent), am geringsten bei der AfD-Klientel (55 Prozent).
Kriminalstatistik im Widerspruch zur Wahrnehmung
Entgegen den Befunden der Kriminalstatistik, in der die Zahl der registrierten Straftaten seit Jahren kontinuierlich rückläufig ist (von 6,4 Millionen im Jahr 2015 auf 5 Millionen im Jahr 2020) , gibt fast die Hälfte der Menschen an, die Kriminalität habe in den letzten Jahren zugenommen. Die Einschätzungen für das gesamte Bundesgebiet und für NRW unterscheiden sich hier nur unwesentlich voneinander.
Auf die Frage, welche Aspekte für ihr persönliches Sicherheitsempfinden in der Öffentlichkeit in ihrer Stadt bzw. Gemeinde wichtig sind, stehen für die Bürger inNordrhein-Westfalen eine ausreichende Beleuchtung bei Dunkelheit (92 Prozent) und eingepflegter und übersichtlicher Eindruck eines Stadtteils (88 Prozent) an oberster Stelle. Für 83 Prozent ist auch wichtig, dass Polizeibeamte in der Nähe oder schnellerreichbar sind.
Belebte Straßen und geöffnete Läden verbessern Sicherheitsgefühl
Eine große Mehrheit findet es in diesem Zusammenhang zudem wichtig, dass Geschäfteund Kioske geöffnet sind (69 Prozent) und dass möglichst viele Menschen undPassanten unterwegs sind (60 Prozent). Besonders Frauen fühlen sich in puncto Sicherheit wohler, wenn die Läden geöffnet und die Straßen möglichst belebt sind.
Weniger wichtig ist demgegenüber der Einsatz von Videoüberwachung im öffentlichen Raum. Zu einem Gefühl der Sicherheit trägt diese Maßnahme aber immer noch bei 57 Prozent der Menschen bei. Überdurchschnittlich oft wird die Videoüberwachung als eine für das Sicherheitsgefühl förderliche Maßnahme von den Menschen in Großstädten mit mehr als 500.000 Einwohnern (65 Prozent) genannt.
Unzufriedenheit mit Kriminalitätsbekämpfung
Angesichts eines wahrgenommenen Sicherheitsdefizits nimmt es nicht wunder, dass die Menschen in NRW die Kriminalitätsbekämpfung durch die politisch Verantwortlichen für unzureichend halten. Zwei Drittel (67 Prozent) sagen, die Landesregierung tue hier zu wenig. Fast drei Viertel (72 Prozent) halten dies der Bundesregierung vor.
Vergleichsweise positiv gestimmt ist die junge Gruppe der 18- bis 29-Jährigen. Von ihnen halten immerhin 28 Prozent die Kriminalitätsbekämpfung durch die Regierungen in Berlin und Düsseldorf für ausreichend. Im Durchschnitt sagen dies nur 21 Prozent für die Landes- und 17 Prozent für die Bundesregierung.
Noch bessere Werte erzielt die Landesregierung erwartungsgemäß bei den CDU-Anhängern (33 Prozent). Auffallend ist aber auch die fast gleiche Zustimmungsquote (32 Prozent) der Grünen-Anhänger. Vernichtend fällt hingegen das Urteil der AfD-Anhänger aus: Nur 2 Prozent sagen, die Landesregierung tue genug für die Kriminalitätsbekämpfung (Bundesregierung: 3 Prozent).
Hohe Zufriedenheit mit Innenminister Herbert Reul
Der zuständige Innenminister Herbert Reul (CDU) kann sich der mehrheitlichen Unterstützung durch die Menschen im Land erfreuen. 51 Prozent sind mit seiner Arbeit zufrieden oder sehr zufrieden. 24 Prozent sind weniger oder gar nicht zufrieden. Ein Viertel hat keine Meinung. Diesem Bild korrespondiert Reuls Abschneiden im Politiker-Ranking des „NRW-Checks“: Beim sogenannten Vertrauenswert erreicht Reul auf einer Skala von 0 bis 100 unter allen Spitzenpolitikern des Landes die Höchstmarke von 58.
Besonders zufrieden mit Reul sind – wenig überraschend – die CDU-Anhänger mit einem Anteil von 89 Prozent. Aber auch unter den Anhängern der Oppositionsparteien SPD und Grüne ist der Anteil der Zufriedenen (59 Prozent bei den Anhängern der SPD, 42 Prozent bei den Unterstützern der Grünen) höher als der der Unzufriedenen. Mehrheitlich gegen Reul sind ausschließlich die Anhänger der AfD (53 Prozent Unzufriedene vs. 38 Prozent Zufriedene).