NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hat auf seiner Sommertour den Königsforst besucht. Der Wald ist vom Klimawandel schwer betroffen. Wie kann die grüne Lunge von Köln gerettet werden?
Besuch im KönigsforstIst Manuel Andrack der neue Sidekick von Wüst?
Die Wassertretstelle ist ein beliebtes Ausflugsziel im Königsforst. Alle zwei Wochen kommt die Rentnergruppe aus Köln-Brück dort bei ihrem Wandertreffen vorbei. Diesmal ist alles anders als sonst, denn an der Wegkreuzung stehen Fotografen und Bodyguards. „Guck mal, den kenne ich doch irgendwoher“, ruft einer der Senioren seinen Begleitern zu. „Das ist doch der Wüst. Was macht der denn hier – und was hat er für eine Jacke an?“
Ein Sicherheitsmann klärt die Passanten auf. Ja tatsächlich, das sei Hendrik Wüst, Ministerpräsident von NRW. Der sei heute in den Wald gekommen, um sich über die Aufforstung des Waldes nach dem großen Fichtensterben zu informieren. Einer der Wanderer erkennt jetzt noch einen anderen Promi. „Ich komme nicht auf den Namen. Aber der kam früher immer ziemlich spät im Fernsehen.“
Genau. Neben Wüst steht Manuel Andrack. Der war früher in der Late-Night-Show von Harald Schmidt zu sehen, als „Sidekick“ des Entertainers. Mittlerweile hat er als Verfasser von Wanderbüchern große Popularität erlangt. „Herr Andrack kommt viel rum in den Wäldern von NRW und weiß, was sich verändert hat“, sagt Wüst. Deshalb sei es gut, ihn dabei zu haben.
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Ist Andrack der neue Wüst-Sidekick?
Wüst und Andrack im Königsforst. Ist der frühere TV-Mann jetzt der „Sidekick“ des Ministerpräsidenten? Andrack schmunzelt. Nö. Sein Großvater sei in der CDU gewesen, mehr sei da nicht. Wenn die Staatskanzlei ihn anrufe, komme er gerne. Denn obwohl er mittlerweile im Saarland lebe, sei Wüst ja „auch halb“ sein Ministerpräsident. Schließlich sei er nur unweit vom Königsforst in Ostheim aufgewachsen. Dort habe er noch ein Zimmer bei seinen Eltern, wo er auch übernachtet habe.
Als Wüst noch NRW-Verkehrsminister war, gab es schon gemeinsame Termine mit Andrack. Damals zeichneten sie die besten Wanderbahnhöfe in NRW mit einer Plakette aus. Sie wirken als Team eingespielt, aber nicht übermäßig innig. Andrack wird mehrfach aufgefordert, doch auch jetzt mal mit aufs Bild zu kommen. Klar, das macht er dann gerne.
Der Landesbetrieb Wald und Holz hat den Besuch organisiert. Gleich zu Beginn muss Wüst die Dienstkluft der Förster, eine grüne Jacke mit NRW-Logo, überstreifen. Sie passt wie angegossen - gute Vorbereitung ist alles. „Ich bin befördert worden“, kommentiert der Ministerpräsident seinen neuen Look bei der Begrüßung der Journalisten scherzhaft.
„Wenn alte Baumbestände abgeholzt werden müssten, geht das allen ans Herz.“
Vier Stationen werden angesteuert, die zeigen sollen, worauf es beim „Waldumbau“ ankommt, der durch das Fichtensterben und den Klimawandel jetzt notwendig wird. Unterwegs kommen Wüst und Andrack ins Plaudern.
Der Ministerpräsident erzählt, eine Wanderung fange für ihn erst zehn Kilometern an, alles andere sei ein Spaziergang. Andrack widerspricht, erklärt, auch kürzere Strecken hätten ihren Reiz. Er sei ein Genusswanderer, der die Seele baumeln lasse und auch die Einkehr schätze. Wüst berichtet, seine Eltern seien Jäger gewesen, deswegen habe er große Teile seiner Kindheit in der Natur verbracht. Viele Menschen hätte eine emotionale Verbindung zum Wald. Revierförster Joachim Cohnen nickt. „Wenn alte Baumbestände wegen Schädlingsbefall abgeholzt werden müssten, geht das allen ans Herz.“
Forst erzeugt zehn Tonnen Sauerstoff
Stephan Schütte, Leiter des Regionalforstamts Rhein-Sieg-Erft, zeichnet ein dramatisches Bild vom Waldzustand in NRW. Die Fichten, die früher 30 Prozent des Waldbestands ausmachten, seien mittlerweile fast alle tot. Welche Bäume den Klimawandel auf Dauer überleben würden, sei völlig unklar. Der Wald sei ein Sanierungsfall, der sorgsam gehändet werden müsse. „Der Königsforst produziert pro Jahr zehn Tonnen Sauerstoff. Er ist die grüne Lunge von Köln, die für frischen Luft sorgt“, sagt Schütte.
Die schwarz-grüne Landesregierung hat zuletzt 110 Millionen Euro für die forstliche Förderungen ausgegeben. Experten von Wald und Forst setzen auf eine gesteuerte Aufforstung, bei der ehemalige Fichtenbestände durch einen Mix an resilienteren Arten ersetzt werden. Die Grünen sehen diese Strategie kritisch. Ihre Parteispitze schlug jüngst vor, man solle den Wald am besten völlig sich selbst überlassen.
Der Termin endet mit einem Imbiss im Waldcafé Steinhaus. Dort sind Jürgen und Inge Uflacker gerade von ihrer wöchentlichen Wandertour zurückgekommen. Auch sie erkennen Wüst und Andrack, hören zu, wie Wüst sich bei den Organisatoren bedankt. „Sehr sympathisch“ sei das doch, wenn die Politiker sich auch mal vor Ort über die Probleme informieren würden, sagt die Seniorin. Wüst unter Förstern – warum nicht?
Da hat die SPD naturgemäß einen anderen Blick auf die Dinge. Der neue Generalsekretär, Frederick Cordes, nimmt den Wüst-Besuch auf die Schippe: Es gebe wichtigere Dinge, als sich „als Sidekick von Manuel Andrack“ zu inszenieren. Wüst wandere „den Problemen davon“.