Im Finanzierungsstreit zwischen den Bundesländern und dem Bund wird in einer Sondersitzung eine Lösung gesucht.
Schon ab Mai 70 Euro?Länder stemmen sich gegen Preiserhöhung des Deutschlandtickets
Wie geht es weiter mit dem Deutschlandticket? Seit 1. Mai vergangenen Jahres können die Deutschen im Nahverkehr für 49 Euro im Monat quer durchs Land fahren, ohne sich mit Tarifen und Zonengrenzen befassen zu müssen. Doch wie lange noch? Darüber beraten am heutigen Montag die Verkehrsminister des Bundes und der Länder in einer Sonderkonferenz. Es geht – wie überraschend – ums Geld.
Es ist noch Geld im Topf
Die Ausgangslage ist klar. Drei Milliarden Euro jährlich stellen der Bund und die Länder je zur Hälfte bereit, um die Löcher zu stopfen, die das D-Ticket in die Kassen der Verkehrsbetriebe reißt. Löcher, die ansonsten von den Kommunen gefüllt werden müssten. Für 2023 hat man sich sogar auf eine Nachschusspflicht verständigen können, falls der Zuschuss nicht ausreichen sollte.
Das, so hört man aus Branchenkreisen, wird nicht nötig sein. Im Gegenteil. Es ist sogar noch Geld im Topf, weil das D-Ticket vergangenes Jahr erst im Mai und nicht wie geplant schon im Januar an den Start ging und die Verkehrsunternehmen die Anlaufkosten offenbar deutlich zu hoch kalkuliert haben.
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Genau das weckt Begehrlichkeiten auf beiden Seiten. Beim Bundesverkehrsminister, der wegen der angespannten Haushaltslage des Bundes in seinem 2024er Etat noch 350 Millionen Euro einsparen und dabei jeden Euro brauchen kann, der aus dem Vorjahr übrig ist. Und bei den Ländern, die mit einem seit Jahren unterfinanzierten Nahverkehr die Verkehrswende stemmen sollen, der auf der letzten Rille fährt.
Die Verkehrsbetriebe sehen schon jetzt keinen anderen Ausweg, als steigende Kosten bei Personal und Energie auf die Kunden abwälzen muss, die kein D-Ticket in der Tasche haben. Beim Verkehrsverbund Rhein-Sieg kletterten die Preise im Januar um durchschnittlich 10,4 Prozent. Ein zweiter Aufschlag im Sommer ist sehr wahrscheinlich.
Verband der Verkehrsunternehmen gegen Preiserhöhung
Das Deutschlandticket dürfe bis mindestens Ende 2024 auf keinen Fall teurer werden, fordert Ingo Wortmann, Chef des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV). Hunderte Millionen Euro für den Nahverkehr zu streichen, wäre absolutes Gift für die Verkehrswende. „Wir müssen über mehr Mittel reden, und zwar nur, um das Angebot zu erhalten. Wenn wir jetzt weniger Mittel bekommen, dann wird das zwangsläufig zu Abstellungen von Bahn- und Buslinien führen.“
Genau das wollen die Verkehrsminister der Länder in der Sondersitzung am Montag unter Vorsitz von Oliver Krischer (Grüne) aus Nordrhein-Westfalen Volker Wissing (FDP) klarmachen.
Doch dazu müsste der Bundesverkehrsminister gleich über mehrere Stöckchen springen, nicht bloß auf das überschüssige Geld aus dem vergangenen Jahr verzichten, sondern garantieren, dass der Bund zur Not auch 2024 nachschießen wird, wenn alle Stricke reißen. Das liegt im Bereich des Möglichen. Der VDV beziffert den geschätzten Zuschussbedarf für 2024 auf 4,1 Milliarden Euro.
70 Euro wären gleichbedeutend mit dem Aus
Nach wochenlangen Streitigkeiten hatten sich die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder mit Bundeskanzler Olaf Scholz Anfang November darauf verständigt, rechtzeitig im Jahr 2024 die weitere Finanzierung zu klären, „einschließlich eines Mechanismus zur Fortschreibung des Ticketpreises, der auch eine Erhöhung beinhalten kann“.
Dass sie kommen wird, wird von niemanden ernsthaft angezweifelt. Nur wann und in welcher Höhe ist noch offen. Wenn der Bund sich bei den Verhandlungen in allen Punkten durchsetzt, könnte das D-Ticket schon ab Mai bis zu 70 Euro kosten, sagt ein Insider. Das wäre gleichbedeutend mit dem Aus.