Der tödliche Angriff zweier Mädchen auf eine Mitschülerin schockierte. Die Ermittlungen sind eingestellt. In drei anderen Verbrechen laufen sie noch.
Tötung von Luise, Unfalltod auf der A 555Vier Kriminalfälle in NRW – diese werden die Justiz auch 2024 beschäftigen
Fall Luise: Die Ermittlungen sind eingestellt, das Entsetzen bleibt
Der 12. März veränderte das Leben einer ganzen Stadt. An jenem Tag fand ein Suchhund der Polizei in einem Waldstück in Freudenberg die Leiche der zwölfjährigen Luise. Die Obduktion stellte 75 Stichwunden fest. Die Ermittler überführten zwei Mitschülerinnen des Mordes an ihrer Freundin. Die zwölf- und 13-jährigen Mädchen hatten ihr Opfer in einen Hinterhalt gelockt und getötet. Als Motiv kursierte verletzter Stolz. Da beide Täterinnen noch strafunmündig waren, kamen sie zunächst in eine jugendpsychiatrische Einrichtung. Über ihr weiteres Schicksal halten sich Justiz- und Jugendbehörden bis heute mit dem Hinweis auf den Persönlichkeitsschutz bedeckt. Ein halbes Jahr nach dem gewaltsamen Tod von Luise stellte die Staatsanwaltschaft in Siegen die Ermittlungen ein. Eine Anklage oder einen Prozess wird es damit nicht geben.
Bundesweit sorgte das Verbrechen für Entsetzen – und es blieb nicht der einzige Mord durch Kinder in diesem Jahr. Es entspann sich eine politische Diskussion über die Frage, ob man nicht zumindest bei Kapitalverbrechen das strafmündige Alter von 14 auf zwölf Jahre absenken sollte. Der Vorstoß von CDU-Politikern fand jedoch keinen Zuspruch durch Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) und die Ampelkoalitionäre.
Tödliche Schüsse in Dortmund: Polizisten vor Gericht
Mouhamed Dramé schlug sich vom Senegal bis nach Deutschland durch. Hier wollte er Geld für seine Familie verdienen. Als 16-jähriger, allein reisender Flüchtling kam er Anfang August 2022 in der Jugendwohnhilfeeinrichtung St. Elisabeth in Dortmund unter. Acht Tage später starb er durch fünf Projektile aus der Maschinenpistole eines Polizisten. Es war das tragische Ende eines Einsatzes, der aus dem Ruder gelaufen war.
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An jenem Nachmittag im August hatten Betreuer der Einrichtung die Polizei alarmiert, weil Dramé im Innenhof saß und sich ein Messer vor den Bauch hielt. Offenbar wollte er sich selbst töten. Nachdem zwölf Einsatzkräfte eingetroffen waren, versuchten zwei Zivilbeamte den Jugendlichen anzusprechen, der reagierte jedoch nicht. Der Dienstgruppenleiter gab den Befehl, vorzurücken und dem jungen Migranten mit Pfefferspray „einzupfeffern und zwar das volle Programm“. Das Reizgas führte allerdings nur dazu, dass der Jugendliche aufstand und sich mit dem Messer in der Hand den Beamten näherte. Als zwei Attacken mit einem Elektro-Taser fehlschlugen, tötete der Maschinenpistolenschütze Dramé.
Seit dem 19. Dezember müssen sich fünf Beamte vor dem Dortmunder Schwurgericht verantworten. Drei von ihnen wegen gefährlicher Körperverletzung, der Dienstgruppenleiter wegen der Anstiftung zur gefährlichen Körperverletzung und der MP-Schütze wegen Totschlags. Oberstaatsanwalt Carsten Dombert geht in seiner Anklage von einem rechtswidrigen Einsatz aus. Eine Notwehrsituation lag aus seiner Sicht nicht vor. Anstatt Pfefferspray, Elektroschocker und dem Einsatz der Maschinenpistole hätte es ein milderes Mittel geben müssen, um Dramé unter Kontrolle zu bringen.
Der Anwalt des Todesschützen gab am Ende des ersten Sitzungstages ein kurzes Statement ab: „Mein Mandant und seine Familie sind durch dieses Strafverfahren sehr belastet. Mouhamed Dramé hat durch ihn sein Leben verloren“, erklärte Verteidiger Christoph Krekeler. Als sich der Jugendliche erhoben und sich mit einem Messer in Richtung der Polizeibeamten begeben habe, „empfand das nicht nur mein Mandant als bedrohlich [...] In dieser Situation kam es meinem Mandanten auf die Hautfarbe überhaupt nicht an.“ Zuvor hatten linke Protestgruppen und Politiker den Polizeibeamten ein rassistisches Motiv bei dem tödlichen Einsatz unterstellt. Der Prozess wird nun unter anderem klären müssen, ob die Schüsse in Notwehr erfolgten oder nicht.
Junger Burscheider will mutmaßlich Anis Amri nacheifern
Ein perfider Terrorakt sollte am 1. Dezember auf dem Weihnachtsmarkt in Leverkusen-Opladen so viele „Ungläubige“ wie möglich in den Tod reißen. Der 15-jährige Mahmut D. aus Burscheid soll mit seinem ein Jahr älteren Kumpel Urslan M. (beide Namen geändert) aus Brandenburg geplant haben, einen mit Benzin gefüllten Kleinlaster auf die Festmeile zu fahren. Dort wollten die beiden Anhänger der Terror-Miliz „Islamischer Staat“ in der afghanischen Provinz Khorasan (ISPK) den Mini-Lkw wohl explodieren lassen.
In ihrem Chat fantasierten die Jugendlichen über ganz unterschiedliche Anschlagszenarien. Als ihr Idol galt Anis Amri. Der tunesische IS-Terrorist war am 16. Dezember 2016 mit einem gekaperten 40-Tonner auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz gerast und hatte elf Menschen getötet. Die beiden Jugendlichen sitzen inzwischen in Untersuchungshaft.
Unfall auf der A 555 bringt Mutter und Tochter den Tod
Bei einem mutmaßlichen illegalen Autorennen starben Anfang Dezember zwei unbeteiligte Frauen in ihrem VW Polo auf der Autobahn 555 bei Wesseling. Die Kölner Staatsanwaltschaft geht dem Anfangsverdacht der fahrlässigen Tötung und Teilnahme an einem verbotenen Autorennen nach.
Die Ermittlungen richten sich in erster Linie gegen einen 20-jährigen Mercedes-Fahrer und den gleichaltrigen Lenker eines Audi. Beide sollen beim U21-Team des 1. FC Köln spielen. In der Höhe von Wesseling soll der Audi mit viel zu hohem Tempo den Polo nach einem fehlgeschlagenen Ausweichmanöver von hinten gerammt haben. Das Fahrzeug fing Feuer, die beiden Insassinnen starben in den Flammen – es waren eine 49-jährige Mutter und ihre 23-jährige Tochter.
Wie der „Kölner Stadt-Anzeiger“ erfuhr, konnte die Polizei Videoaufnahmen vom Unfallhergang sicherstellen. Und zwar aus Überwachungskameras einer nahegelegenen Firma, die in Teilen auch den Autobahnbereich scannt. Die Ermittlungen zur Schuldfrage dauern an.