NRW-Gesundheitsminister Laumann und Bundesgesundheitsminister Lauterbach feilen an verschiedenen Reformen für die Krankenhäuser. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Machtkampf um KlinikreformWieso sich Lauterbach und Laumann nicht einig sind
Der deutschen Krankenhauslandschaft droht der Kollaps, wenn nichts passiert. Diese Erkenntnis treibt sowohl NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann von der CDU als auch Bundes-Gesundheitsminister Karl Lauterbach von der SPD an. Der eine tüftelt seit mehr als drei Jahren am Krankenhausplan NRW und pocht auf die verfassungsmäßig garantierte Planungshoheit der Länder in Krankenhausfragen. Er droht mit einer Blockade der Lauterbach-Reform im Bundesrat. Der andere will, wie im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung vorgesehen, eine große Krankenhausreform für das ganze Land und besteht darauf, dass Laumann auf einen NRW-Alleingang verzichtet. Sei Argument: Die Hoheit des Bundes beim Geldfluss für die Betriebskosten der Kliniken.
Das klingt nach einer wenig zielführenden Patt-Situation, obwohl doch eine Konzentration von Know-how, eine flächendeckende Grundversorgung, aber auch die Schließung von Krankenhäusern in den Plänen beider Minister vorkommen. Für die Politiker scheint aktuell entscheidend zu sein, wessen Name und welche Partei am Ende über den Neuerungen stehen. Was steckt dahinter? Wir fassen zusammen.
Wieso braucht es eine Reform?
Weil sehr viele Krankenhäuser ums Überleben kämpfen, das System gilt als teuer und ineffizient. „Das derzeitige Finanzierungssystem der Krankenhäuser durch sogenannte Fallpauschalen hat zu Fehlsteuerungen geführt“, so die Formulierung des NRW-Gesundheitsministeriums. Heißt: Gut bezahlte Operationen werden teilweise durchgeführt, obwohl sie nicht sein müssten oder obwohl die Voraussetzungen für eine qualitativ hochwertige Behandlung fehlen. Hauptsache die Krankenkasse zahlt die für diese Behandlung vorgesehene Pauschale.
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Andersherum wurden in den letzten Jahren vermehrt versorgungswichtige, aber aufgrund des Fallpauschalen-Systems wenig lukrative Stationen geschlossen, etwa in der Geburtshilfe oder im Bereich der Kinderkliniken. Zuletzt haben Energiekrise und Inflation die finanzielle Schieflage der Krankenhäuser zusätzlich verstärkt.
Was würde sich mit den Reformen ändern?
Bei Lauterbachs Krankenhausreform ist eine Einteilung der Krankenhäuser in drei Leistungsstufen vorgesehen, die eine Grundversorgung in der Fläche (Stufe 1), eine Regel- und Schwerpunktversorgung mit Konzentration auf bestimmte Behandlungen (Stufe 2) oder eine Maximalversorgung mit komplizierten Eingriffen in allen Disziplinen (Stufe 3, etwa Uni-Kliniken) leisten sollen. Jeder Stufe sind bestimmte Leistungsbereiche zugeordnet, die an der jeweiligen Klinik angeboten werden dürfen. Dafür sollen die Häuser nicht mehr nur über Fallpauschalen bezahlt werden, sondern auch für die Bereitstellung bestimmter Behandlungsmöglichkeiten. Ein detailliertes Konzept will Lauterbach bis Ende des Jahres fertig haben.
In Laumanns Krankenhausplan NRW sind keine Leistungsstufen, aber 64 Leistungsgruppen vorgesehen, die zu einer ähnlichen Veränderung der Krankenhauslandschaft führen würden. Allerdings ist der Rahmen weniger starr gesetzt, kleinere Kliniken mit einer bestimmten Spezialisierung, etwa auf die Geburtshilfe wie in Bergisch Gladbach oder auf die Stammzellentherapie wie in Siegen, könnten ihren Schwerpunkt behalten. Und in NRW ist man bereits ein ganzes Stück weiter, aktuell verhandeln die Krankenhäuser und die Krankenkassen bereits über die Details.
Was bedeuten die Pläne für Patienten?
Thorben Krummwiede, Geschäftsführer der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland, hat Verständnis für beide Gesundheitsminister. Lauterbachs Ideen seien grundsätzlich gut, sagte er dem „Kölner Stadt-Anzeiger": „Jetzt kommt es auf die Umsetzung an“. Er verstehe aber auch Laumanns Haltung, da „regionale Spezifika schwer mit einer zentralen Planung aus Berlin“ übereinzubringen seien. Im Sinne der Patienten sorge ihn eine Konzentration und Spezialisierung nicht, solange eine flächendeckende Grundversorgung erhalten bleibt.
Patienten seien in der Mehrzahl bereit, für spezielle Behandlungen weitere Wege auf sich zu nehmen – für eine hochqualifizierte Behandlung. „Routine und Praxis verhindern Behandlungsfehler und bedeuten für die Patienten eine größere Sicherheit“, sagt er. Heißt: Lieber 200 Kilometer fahren, um eine Niere transplantiert zu bekommen, als um die Ecke in einer Klinik operiert zu werden, in der eine solche OP nur sehr selten durchgeführt wird. In diesem Sinne kann sich Krummwiede durchaus eine vom Bund gesteuerte, länderübergreifende Krankenhausplanung vorstellen. Ein Punkt für Lauterbach.
Wie sehen die Krankenhäuser die geplanten Reformen?
Matthias Blum, Geschäftsführer der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen (KGNW), betont: „Allen Akteuren ist bewusst, dass die Krankenhauslandschaft dringend einer Reform bedarf. Es wäre daher fatal, wenn das Bemühen darum in einer Machtprobe scheitern würde.“ Die in NRW entwickelte Systematik erlaube zahlreiche Anknüpfungspunkte zu der von der Bundesregierung angestrebten Krankenhausreform. Die Krankenhäuser erwarteten, „dass Bund und Länder eine gemeinsame Krankenhausreform entwickeln“. In der Zwischenzeit würden die NRW-Krankenhäuser weiter mit allen Beteiligten an der laufenden Krankenhausplanung festhalten. Ein Punkt für Laumann.
Und die Gesundheitsminister?
Nach einigem Machtgeplänkel bei ihren letzten Treffen in Düsseldorf und Berlin hat NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) nun Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) in einem Brief an alle NRW-Kliniken vorgeworfen, mit den Plänen für eine bundeseinheitliche Krankenhausreform das Wohl der Patienten aufs Spiel zu setzen. Eine Steuerung aus Berlin sei „der falsche Weg, um eine wohnortnahe und qualitativ hochwertige Patientenversorgung zu gewährleisten“, schreibt Laumann. Lauterbach habe „kein konsensfähiges Konzept“ vorgelegt. Es wäre „unverantwortlich“, den in NRW seit Jahren vorbereiteten Reformprozess abzubrechen.
Laumanns Vorschlag an Lauterbach lautet, das NRW-Modell zur „Diskussionsgrundlage“ einer bundesweiten Reform zu machen. Für die Umsetzung der NRW-Pläne stünden 2,51 Milliarden Euro bereit: „Es wäre eine vertane Chance, auf eine Reform des Bundes zu warten, die noch im Ungefähren liegt.“ Der Brief wurde auch von der Krankenhausgesellschaft NRW, den beiden Ärztekammern sowie von mehreren Krankenkassen, darunter die AOK, unterzeichnet.