Im Wahljahr 2025 stehen auch in NRW wichtige Weichenstellungen an. Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ erklärt, was sich die Landesregierung vorgenommen hat.
Was in NRW im neuen Jahr wichtig wirdNeue Brücken, mehr Abschiebungen, fünftes Abi-Fach – Das plant Schwarz-Grün für 2025
NRW-Kabinett Nach der Bundestagswahl am 23. Februar 2025 wird sich das politische Interesse in den ersten beiden Quartalen des nächsten Jahres auf die Bildung einer neuen Regierung in Berlin fokussieren. Sollte das Kanzleramt an Friedrich Merz (CDU) fallen, könnte NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach einen Ruf nach Berlin erhalten. Scheitert der Sauerländer, dürfte es eine Diskussion darüber geben, ob NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst den Parteivorsitz der Bundes-CDU übernehmen soll. Ein Szenario, das derzeit eher unwahrscheinlich ist.
Die schwarz-grüne Landesregierung stellt sich darauf ein, die noch offenen Projekte aus dem Koalitionsvertrag im kommenden Jahr voranzutreiben. Ein Schwerpunkt liegt auf der Umsetzung des Maßnahmenpakets zur Inneren Sicherheit, das nach dem Terrorattentat von Solingen auf den Weg gebracht wurde.
Innere SicherheitEin Schwerpunkt der Regierungsarbeit liegt auf der Umsetzung genau dieses Maßnahmenpakets. Mit der Novellierung des Verfassungsschutzgesetzes NRW wird die Einführung der Quellen-Telekommunikationsüberwachung ermöglicht. Sie soll die Ermittler in die Lage versetzen, potenzielle Attentäter frühzeitig aufspüren zu können. Dabei soll auch eine neue Gesichtserkennungssoftware helfen, mit der man Gefährder in öffentlich zugänglichen Datenbanken identifizieren kann.
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Innenminister Reul: „Für radikale Influencer-Prediger und Demokratiefeinde wird es ungemütlich“
„Für radikale Influencer-Prediger und Demokratiefeinde wird es ungemütlich“, sagte NRW-Innenminister Herbert Reul zu der Maßnahme. „Wir müssen unsere Behörden mit neuen Befugnissen ausstatten und damit Ermittlern das richtige Rüstzeug an die Hand geben, auch um im Bereich Kinderpornografie Täter schneller dingfest zu machen und Kinder aus ihrem Martyrium zu befreien“, so der CDU-Politiker. Im Untersuchungsausschuss zum Anschlag in Solingen geht die Aufklärung der Frage weiter, ob es im Krisenmanagement Pannen gab.
Flucht Nicht alle Menschen, die nach NRW fliehen, können bleiben. Für die Rückführung aus den Kommunen sind derzeit die kommunalen Ausländerbehörden zuständig. Um diese zu entlasten, soll den fünf Zentralen Ausländerbehörden in NRW die Zuständigkeit dafür übertragen werden. Abschiebungen sollen mit eigens hierfür geschultem und routiniertem Personal durchgeführt werden. Sie könnten „eine größere Professionalität an den Tag legen“ als insbesondere kleinere Ausländerbörden, hieß es im Integrationsministerium, das von der Grünen Josefine Paul geleitet wird. Die weiteren Entwicklungen in Syrien und ein Waffenstillstand in der Ukraine könnte die Situation bei der Flüchtlingsunterbringung entspannen.
Wirtschaft Die Lage bleibt angespannt, die Steuereinnahmen gehen weiter zurück. „Natürlich werden wir bei der klimaneutralen Transformation unserer Wirtschaft nicht nachlassen und für mehr Investitionen in die öffentliche Infrastruktur kämpfen“, sagt NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne). Im Blick sind der Erhalt von Arbeitsplätzen, Wertschöpfung und Wohlstand in NRW. „Deshalb wird es auch nach der Bundestagswahl darum gehen, die Interessen des Wirtschaftsstandortes mit Nachdruck in Berlin zu platzieren“, so Neubaur. 2024 wurden 558 neue Windenergieanlagen in NRW genehmigt. 2025 will Schwarz-Grün weiter an das Ausbauziel 2030 heranrücken.
Neue Personalverordnung soll zum Zuverlässigkeitsanker werden
Bildung von KindernMinisterin Josefine Paul will das Kita-System stabiler machen. Für 2025 ist eine Novellierung des Kinderbildungsgesetzes (KiBiz) geplant. Zum Zuverlässigkeitsanker soll die neue Personalverordnung werden, die den Einrichtungen mehr Flexibilität beim Personaleinsatz ermöglicht. Tausende Eltern haben allerdings schon in Online-Petitionen ihre Befürchtung zum Ausdruck gebracht, dass die Kitas durch zu starke Abstriche bei der Qualifikation der Mitarbeiter zu „Aufbewahrungsstätten“ werden. Für das Kindergartenjahr 2024/2025 stehen 764.000 Plätze zur Verfügung.
Umwelt und Verkehr Für die Straßen ist eine Sanierungsoffensive geplant. Für das kommende Jahr sind 42 Brückenersatzneubauten mit einem Gesamtvolumen von 103 Millionen Euro vorgesehen. Außerdem wurde für Südwestfalen ein Sonderprogramm aufgelegt, das die Region entlasten soll. Sie leidet massiv unter der Sperrung der A 45 wegen des Neubaus der Talbrücke Rahmede. Rund 120 Einzelmaßnahmen sind in dem Programm geplant.
Klima: Mehr Schutz für Moore und gegen Hochwasser
Moore sollen stärker geschützt werden. Sie sind als effiziente Kohlenstoffspeicher besonders wichtige natürliche Klimaschützer. Umweltminister Oliver Krischer (Grüne) will sie 2025 in den Fokus rücken. NRW hat derzeit nur noch auf rund 4100 Hektar intakte Moor-Lebensräume. Derzeit fördert das Land in Kofinanzierung das Projekt „Bergische Heideterrasse“ des BUND NRW, in dem Moor- und Feuchtlebensräume renaturiert werden. Der Projektumfang beträgt 1,7 Millionen Euro.
Für einen verbesserten Hochwasserschutz will Schwarz-Grün 2025 die „Zukunftsstrategie Wasser NRW“ beschließen. Die Hochwasserschutzmaßnahmen für Kommunen sollen beschleunigt und das Pegelnetz ausgebaut werden. Experten gehen davon, dass extreme Wetterereignisse wie Starkregen oder Trockenperioden auch 2025 zum Risiko werden könnten.
Justiz Alle Strafverfahren sollen elektronisch bearbeitet werden. Um das zu erreichen, will das Land den Kampf gegen die Aktenberge in den Schreibstuben der Justiz intensivieren. Die elektronische Aktenführung in Strafsachen wird bereits bei zehn Staatsanwaltschaften und 33 Gerichten versuchsweise getestet. Bis zum Herbst 2025 soll das Projekt landesweit ausgerollt werden.
Elektronische Fußfessel soll Frauen warnen, eine Maßnahme, die der Tatsache Rechnung trägt, dass der Gewaltschutz von Frauen als verbesserungsbedürftig gilt. Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) will nach der Bundestagswahl einen Gesetzentwurf in den Bundesrat einbringen, der höhere Strafen für Hochrisikotäter bei einem Verstoß gegen eine Gewaltschutzanordnung vorsieht. Dieser ermöglicht auch eine „Deeskalationshaft“. Auch das Konzept der elektronischen Fußfessel nach dem „Spanischen Modell“ soll umgesetzt werden. Danach sollen betroffene Frauen direkt durch elektronische Signale gewarnt werden, wenn sich beispielsweise Stalker nähern.
Auf behördlicher Ebene stellt sich die Frage, ob sich Justizminister Limbach im Amt halten kann. Die Aufklärung im Untersuchungsausschuss zur Besetzung des Präsidentenpostens beim Oberverwaltungsgericht geht weiter. Die Opposition verlangt den Rücktritt von Limbach, dem Vetternwirtschaft vorgeworfen wird. 2025 wird der Minister vor dem Ausschuss aussagen. Der Verlauf der Vernehmung wird für seine politische Zukunft entscheidend sein.
Schule Bei den Sprachstandstests kommen neue Regeln: Zu viele Kinder in NRW können nicht richtig deutsch, wenn sie eingeschult werden. Zur Anmeldung im Herbst 2025 soll den Schulen landesweit ein digitales Screening zur Verfügung gestellt werden, mit dem sie den Sprachstand der Kinder erfassen und Förderbedarf identifizieren können. Bereits in diesem Jahr haben 130 Grundschulen ein digitales Tool getestet.
Auch der Einsatz von künstlicher Intelligenz wird in der Praxis geprüft. Im Rahmen eines Pilotprojekts mit der Universität Siegen werden 25 Schulen der Sekundarstufe I erproben, wie KI in den Fächern Mathematik und Deutsch sinnvoll und lernförderlich eingesetzt werden kann.
Für die Oberstufen gibt es eine neue Prüfungsordnung. Im kommenden Jahr will Schulministerin Dorothee Feller (CDU) für die gymnasiale Oberstufe aktualisierte Kernlehrpläne vorlegen, ebenso eine neue Ausbildungs- und Prüfungsordnung. Durch die Reform soll die Projektarbeit gefördert werden. Geplant ist auch die Einführung neuer Prüfungsformate sowie die Etablierung eines 5. Abiturprüfungsfaches, wobei der Lernaufwand insgesamt nicht steigen soll. Die neuen Regelungen sollen erstmalig für Schülerinnen und Schüler gelten, die im Sommer 2026 in die gymnasiale Oberstufe eintreten und im Jahr 2029 ihre Abiturprüfung ablegen.
Das Thema Unterrichtsausfall steht auch auf Fellers Agenda. Im ersten Halbjahr 2023/2024 fand jede fünfte Unterrichtsstunde nicht statt. Weil Lehrer fehlen, wurden 9300 Pädagogen von ihrer Stammschule an unterversorgte Schulen abgeordnet. Ihre Zahl soll sinken. Über das „Startchancen-Programm“ stehen Brennpunktschulen im Schuljahr 2025/2026 rund 900 zusätzliche Stellen für die Schulsozialarbeit und multiprofessionelle Teams zur Verfügung.
Krankenhausplanung Der neue Krankenhausplan soll am 1. April 2025 in Kraft treten. NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) will damit den seiner Meinung nach „ruinösen Wettbewerb“ der Kliniken um Patienten, Fallzahlen und Personal entgegenwirken. Das neue Modell sieht die Einführung von Leistungsgruppen und Qualitätsvorgaben vor. Ziel ist es, die Krankenhausversorgung in der Fläche zu sichern und gleichzeitig Fachkliniken für komplexe Behandlungen einzuführen.
Mieterschutz Zum Frühjahr ist eine Neufassung der Mieterschutzverordnung geplant. Dabei geht es vor allem um die sogenannte Mietpreisbremse. Falls die bundesgesetzliche Regelung nicht verlängert wird, will NRW in seiner Verordnung die Kappungsgrenze für Mieterhöhungen in bestehenden Verträgen und den Kündigungsschutz neu regeln. Zudem will Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) das Wohnraumstärkungsgesetz überprüfen, das die Dauervermietung von Wohnungen an Kurzzeit-Touristen und die unangemessene Unterbringung von Leiharbeitern in Schrottimmobilien verhindern soll.
KommunalwahlAm 14. September 2025 findet die Kommunalwahl statt. Es wird erwartet, dass sich auch Landtagsabgeordnete von CDU und SPD für kommunale Spitzenämter bewerben. Sollten sie erfolgreich sein, würden sie ihr Mandat abgeben – wodurch Nachrücker von der Landesliste der Parteien zum Zuge kommen würden. Durch diesen Effekt könnte der Chef der Staatskanzlei, Nathanael Liminski, im Herbst Mitglied des Landtags werden. Ein nicht ganz unwichtiges Privileg. Laut NRW-Verfassung können nur Parlamentsmitglieder zum Ministerpräsidenten gewählt werden, falls die Position des Regierungschefs vor Ablauf der Legislaturperiode neu besetzt werden muss.