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Wüst spricht plötzlich polnisch?Landesregierung lässt KI von Menschen nachkontrollieren

Lesezeit 3 Minuten
Hendrik Wüst (CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, ist im Porträt zu sehen.

Hendrik Wüst (CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, war in EM-Videos plötzlich vielsprachig zu hören.

Zuletzt hatten Hendrik Wüst-Videos zur EM für Aufsehen gesorgt, in denen der NRW-Ministerpräsident plötzlich elf Sprachen konnte.

Es war ein KI-Coup vor Beginn der Fußball-EM: Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) begrüßte die Fans zu den Spielen in Nordrhein-Westfalen auf deutsch und in elf Fremdsprachen. Die Staatskanzlei vertraute der Künstlichen Intelligenz nicht blind: Die Videos wurden laut einem Sprecher „einer generellen, stichprobenartigen Überprüfung der Übersetzungsqualität unterzogen“. Der Einzelfall soll bei der Landesregierung zur Regel werden: Der Mensch kontrolliert die KI nach.

Bei den EM-Videos war in den verschiedenen Sprachen scheinbar immer Wüst zu hören, dessen Stimme laut Staatskanzlei mit Software des US-Start-Up „HeyGen“ kopiert wurde. Die KI machte es möglich, dass der Ministerpräsident unter anderem auf türkisch, polnisch oder ukrainisch sagte: „Hier bei uns schlägt das Herz des Fußballs. Hier ist der Deutsche Fußballmeister zu Hause.“

Software „HeyGen“ half

Die mit „HeyGen“ generierten Videos wirkten beängstigend echt. Die Software gibt es für jedermann im Internet, manche Funktionen sind sogar kostenlos. Auch wenn die Künstliche Intelligenz immer mehr möglich macht, soll am Ende noch mal ein echter Mensch drüber schauen.

Alles zum Thema Hendrik Wüst

Die Landesregierung erstellt für ihre verschiedenen Bereiche gerade KI-Richtlinien, wie es in der Antwort der Staatskanzlei auf eine Kleine Anfrage der SPD im Landtag heißt. Die Sozialdemokraten hatten sich für Wüsts EM-Videos interessiert – und die Regeln für Künstliche Intelligenz allgemein.

In der Antwort auf die SPD-Anfrage heißt es, dass auch für den Bereich der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Richtlinien erstellt würden, „die wichtige Grundsätze wie eine Kennzeichnungspflicht sowie die Vorgabe menschlicher Letztentscheidung zusammenfassen sollen“. Dies habe man auch bei der Übersetzung des Videogrußworts beachtet.

Superman und Superwoman stehen an einer Staffelei.

Stellenanzeige der Staatskanzlei NRW

Erstmals hatte die Staatskanzlei im Januar mittels KI eine Stellenanzeige für Social Media generiert: Auf dem Bild waren ein Superman und eine Superwoman zu sehen, die an einer Staffelei standen. Dazu der Slogan „Hey, politischer Picasso! Bist du bereit, die Landespolitik zu meistern?“ Wie die Landesregierung in ihrer Antwort auf die SPD-Anfrage schreibt, wurde nicht nur das Bild, sondern auch der Text mithilfe von KI erstellt. Beides sei „klar erkennbar“ gewesen. Darüber lässt sich streiten.

KI-Kennzeichnung schon lange Thema im Landtag

Im Landtag ist die Kennzeichnung ebenfalls seit langem ein Thema. Die FDP hatte zuerst ein mit KI gefälschtes Foto von Hendrik Wüst mit einem Fotografen im Arm online gestellt. Ohne das transparent zu machen. Danach schrieben die Liberalen jedes Mal die KI-Quelle dazu. Denn die FDP nutzt bei Social Media inzwischen sehr oft lebensechte Bilder, die von Künstlicher Intelligenz erzeugt wurden: vom computergenerierten Bauern bis zu fröhlichen Schulkindern.

Auch die SPD-Fraktion hat mit der neuen Technik experimentiert. Sie lud unter anderem nach der Debatte um „Ausländer raus“ grölende Partygäste auf Sylt ein Video im Internet hoch, in dem eine Frau einen Spottgesang anstimmte („Trinkt euren Aperol alleine. Ihr tanzt wie 1933…“). Die Stimme war ebenfalls KI-generiert. Das Video wurde entsprechend gekennzeichnet.