Der Kölner SPD-Politiker setzte sich bei der Wahl gegen zwei Mitbewerber durch.
Kölner PolitikerJochen Ott zum neuen Chef der SPD-Fraktion in NRW gewählt
Er hat es geschafft. Der Kölner Jochen Ott ist neuer Chef der SPD-Landtagsfraktion. Bei der mit Spannung erwarteten Wahl setzte er sich bereits im ersten Wahlgang mit 29 Stimmen gegen die Mitbewerber Sven Wolf (Remscheid, zehn Stimmen) und Sarah Philipp (16, Stimmen, Duisburg) durch. Der 49-Jährige übernimmt das Amt von Thomas Kutschaty, der im März seinen Rückzug angekündigt hatte.
Fraktionschef: Karriere-Höhepunkt für Jochen Ott
Die Wahl zum Fraktionschef ist der vorläufige Höhepunkt in der Karriere des Gymnasiallehrers. Die Landtagsfraktion ist das zentrale Machtzentrum in der Partei, viele Amtsinhaber konnten die Position als Karrieresprungbrett zur Spitzenkandidatur nutzen. Ott verfügt über eine lange Erfahrung in der Landespolitik. Von 2008 bis 2018 war er stellvertretender Landesvorsitzender der NRW-SPD, seit 2017 Vize-Chef der Landtagsfraktion.
Ott sagte nach der Wahl, es sei ihm eine Ehre, diese neue Aufgabe für die SPD-Fraktion zu übernehmen. „Ich bin bereit, Verantwortung zu tragen und als Oppositionsführer für ein soziales Gegengewicht zur Landesregierung zu sorgen“, so der Politiker aus Köln. Seit nun bald einem Jahr finde Schwarz-Grün keine Antworten auf die Armutsentwicklung, die Wohnungsnot und die Bildungskatastrophe in NRW. „CDU und Grüne fahren im Schlafwagen durch das Land und kommen dabei durch handwerkliche Fehler immer wieder ins Stocken. Wir werden den Bürgerinnen und Bürgern bessere Angebote machen und das Profil der SPD schärfen.“
Bei der Wahl waren neben Ott auch der Remscheider Landtagsabgeordnete Sven Wolf und die Duisburgerin Sarah Philipp angetreten. Für Ott sprach, dass er sich als schulpolitscher Sprecher einer vergleichsweise großen Bekanntheit erfreut. In der Fraktion schätzt man seine rhetorische Begabung. Für die Schulministerinnen der vergangenen Jahre war er ein gefürchteter Gegner. Er weiß, wie er die Regierung unter Druck setzten kann, und äußert seine Kritik schonungslos.
Ott hatte vor der Wahl offenbar erfolgreich im Hintergrund für seine Wahl geworben. Da seine Heimatregion Mittelrhein in der Fraktion keine starke Truppe bildet, war er auf Unterstützung angewiesen. Die Wahl der neuen Fraktionsspitze ist der erste Baustein bei der Neuaufstellung der NRW-SPD. Nach den Sommerferien soll die neue Parteiführung gewählt werden.
Bei der Wahl in der Fraktion am Dienstag war kein Kandidat aus der mächtigen SPD-Region Westliches Westfalen (WW) angetreten. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass die WWler im Sommer den Parteivorsitz für sich reklamieren. Oder es gibt eine Doppelspitze, in der ein WWler vertreten ist.
Kein Hinweis auf Wüst-Konkurrent
Auch wenn diese Führungsfrage in der Partei geklärt ist, dürfte das neue Personaltableau noch keinen Hinweis darauf liefern, wer 2027 als Herausforderer von NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) ins Rennen geht. In der NRW-SPD will man zunächst den Ausgang der Europa- und der Kommunalwahlen abwarten. Mit einer Vorentscheidung über die Spitzenkandidatur ist erst daher erst 2025 zu rechnen, wenn erneut eine neue Parteiführung gewählt wird. Dann könnte es eine Option sein, einen erfolgreichen Oberbürgermeister zur Nummer eins zu küren. In den zurückliegenden Wahlperioden hatten allerdings die jeweiligen Fraktionsvorsitzenden den ersten Zugriff gehabt.
Für Jochen Ott ist die Wahl zum Fraktionschef ein persönlicher Triumph. Mit dem Erfolg tritt er aus dem Schatten der bitteren Niederlage bei der OB-Wahl in Köln 2015. Damals unterlag der SPD-Politiker aus Köln-Nippes Henriette Reker, die am Tag vor Abstimmung niedergestochen worden war.
„Mit der Wahl von Jochen Ott ist die erste Personalentscheidung der neuen SPD im Westen gefallen. Jetzt geht es darum, geschlossen und geeint nach vorne zu spielen“, sagte der Interimsvorsitzende der nordrhein-westfälischen Sozialdemokraten Marc Herter: „Dabei sind wir auf das Wissen, die Netzwerke und Kompetenzen aller Parteimitglieder angewiesen. Gerade auch von denjenigen, die am heutigen Tag nicht den von ihnen erwünschten Erfolg erzielen konnten. Für mich steht außer Frage, dass auch Sarah Philipp und Sven Wolf eine entscheidende Rolle in der neuen SPD im Westen einnehmen werden.“
Florian Braun, Landtagsabgeordneter der CDU aus Köln, gratulierte Ott zur Wahl: „Er hat keine leichte Aufgabe vor sich, denn die SPD-NRW ist in keinem guten Zustand“. Für Köln habe man in der Vergangenheit immer wieder gut zusammen arbeiten können. Braun setzt darauf, dass das bestehen bleibt. „Jochen Ott ist ein Mann der hitzigen Debatte, das hat er bei mir im Schulausschuss immer wieder gezeigt. Seine neue Rolle wird aber auch von ihm verlangen, Kritik konstruktiv in der Sache anzubringen“, sagte Braun dem „Kölner-Stadt-Anzeiger“.
Arndt Klocke, Landtagsabgeordneter der Grünen, sagte der Redaktion: „Wir standen uns im vergangenen Jahr bei der Landtagswahl im Wahlkreis Ehrenfeld/Nippes gegenüber – es war ein allzeit fairer Wettstreit. Mit Jochen Ott wird ein Kölner im Landtag Fraktionschef, der Politik mit Leidenschaft macht und in verschiedenen Themenbereich versiert ist.“
„Die Wüst-Regierung sollte sich schon mal warm anziehen“, sgate Achim Post, Vorsitzender der NRW-Landesgruppe in der SPD-Bundestagsfraktion. „Die SPD hat gerade ihren 160. Geburtstag gefeiert und wird jetzt frisch und munter, inhaltlich und angriffslustig die offensichtlichen Schwächen der NRW-Landesregierung aufs Korn nehmen.“