Ministerpräsident Hendrik Wüst herzt auf dem Foto einen Fotografen. In Wahrheit gab es die Situation aber gar nicht. Die FDP hat das Bild zusammenmontiert – das aber nicht kenntlich gemacht.
Streit im LandtagFDP fälscht Wüst-Foto mit Künstlicher Intelligenz
Schon länger arbeitet sich die Opposition im Düsseldorfer Landtag an Fotos von Ministerpräsident Wüst (CDU) ab, die von der Staatskanzlei bezahlt wurden. Jetzt sorgt allerdings ein Bild von Wüst für Ärger, das im wahrsten Sinne des Wortes die FDP gemacht hat: Die Fraktion fälschte mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) ein Foto des Ministerpräsidenten, um es politisch zu nutzen. NRW-CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak sieht einen Tabubruch.
KI ist zurzeit in aller Munde – neue Programme machen es selbst für Laien möglich, zum Beispiel täuschend echte Bilder von Situationen zu erstellen, die es so nie gegeben hat. Im konkreten Fall nutzte die FDP-Fraktion ein Foto von Wüst mit einem liberalen Abgeordneten als Grundlage. Der Parteifreund sei dann „durch das KI-erzeugte Bild eines Fotografen mit Kamera“ ersetzt worden“, so ein Sprecher der FDP-Fraktion. Am Ende sieht man Wüst, der lachend einen Fotografen umarmt. Überschrift: „Hendrik Wüsts bester Freund: Der Fotograf“. Dass es sich um eine Montage handelt, wird nicht aufgelöst.
Generalsekretär Ziemiak vermisst Transparenz und Ehrlichkeit
Die FDP-Landtagsfraktion stellte die KI-Kreation im August bei Instagram ein. Seitdem hat sie überschaubare 200 „Gefällt mir“-Angaben gesammelt – und für Ärger bei der CDU gesorgt. Den Christdemokraten unter Landesparteichef Wüst gefällt die Aktion nämlich gar nicht.
Alles zum Thema Hendrik Wüst
- Wüst unter Druck Sozialkürzungen „geräuschlos, schnell und eiskalt“ beschlossen
- Versorgungssicherheit Neue Gaskraftwerke fehlen – Warum NRW den Kohleausstieg 2030 nicht packen kann
- Das Beste aus 2024 CDU-Insider zur K-Frage: Wüsts Verzicht kam in letzter Sekunde
- Landesliste der NRW-CDU Kohleaussstieg „prüfen“ – Merz punktet bei Delegierten mit Angriffen gegen Grüne
- 25.000 Euro Spenden Verein „Siegburg hilft“ ist vorerst gerettet
- NRW-Check Wählerinnen und Wähler sind so zufrieden wie nie mit Landesregierung
- NRW-Check Politik-Experte zur Bundestagswahl: „Nach allen Seiten offen“
„In Zeiten, in denen sich Falschinformationen wie Lauffeuer verbreiten, braucht es Transparenz und Ehrlichkeit. Diese Fairness erwarte ich auch von der Opposition“, sagte Generalsekretär Paul Ziemiak dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Ziemiak ergänzte: „Wo Künstliche Intelligenz drin ist, muss auch Künstliche Intelligenz draufstehen. Echt wirkende Bilder ohne klare Kennzeichnung als Montage sind nichts anderes als Desinformation. Für mich ist klar: Fake-Bilder, die der Desinformation dienen, müssen ein Tabu bleiben.“
Populistischer Umgang mit dem politischen Gegner kritisiert
Internet-Fake-Experte Christian Scherg von der Düsseldorfer Agentur „Revolvermänner“ sagte zu dem aktuellen Fall: „Diese Art des Umgangs mit politischen Gegnern ist für deutsche Verhältnisse sehr populistisch und eher bekannt aus US-amerikanischen Wahlkämpfen. Gut, intelligent oder witzig gemacht ist es allerdings nicht, deshalb wäre mein Rat, kreative Memes lieber dem Netz zu überlassen.“
KI hält Scherg aktuell für die größte Herausforderung für die politische Kommunikation: „Wir waren gerade in Las Vegas bei der DefCon, der weltweit wichtigsten Messe für die Zukunft der Cybersicherheit und gerade die Themen ‚Deep Fakes‘ – also digitale Fälschungen, die ich nicht mehr als solche erkennen kann, und KI sind die Bedrohungen der Zukunft.“ Die Regeln für politische Kommunikation und Wahlkämpfe müssten völlig neu definiert werden, so Scherg.
Die Düsseldorfer Medienwissenschaftlerin Christiane Eilders von der Heinrich Heine-Universität findet das FDP-Foto dagegen einen „ziemlich gelungenen Coup“, was die Frage der Aufmerksamkeit beim Publikum angehe. Auch wenn der Weg moralisch etwas fragwürdig sei. Das Foto wirke „ironisch, humorvoll – das hilft immer bei der Reichweite“, so die Professorin. Sie würde Politikern dennoch raten, bei Fakes zurückhaltend zu sein.
Der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Marcel Hafke, sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Offenbar haben wir mit unserer Kritik an der permanenten Selbstinszenierung des Ministerpräsidenten wieder einen wunden Punkt getroffen.“ Die FDP-Fraktion setze auf eine „moderne Kommunikation“, bei der man „neueste Technologie“ anwende. Immerhin will die Fraktion nun prüfen, ob man die Fotomontage noch als solche kennzeichnet.