Als Reaktion auf den islamistischen Anschlag von Solingen versprach NRW ein dickes Sicherheitspaket. Nun soll Innenminister Reul (CDU) 150 Millionen Euro einsparen.
Von wegen SicherheitsoffensiveNRW-Polizei spart bei Ausrüstung und Präventionsprojekten
Nach dem Terroranschlag von Solingen hat die schwarz-grüne Landesregierung ein umfassendes Sicherheitspaket vorgestellt. Im Etat des NRW-Innenministeriums für das Jahr 2025 müssen nach aktuellem Stand allerdings 150 Millionen Euro eingespart werden. Betroffen ist auch das Präventionsprojekt „Kurve kriegen“, das junge Intensivtäter aus der Kriminalität holen will. „Natürlich regiert man lieber in Zeiten voller Kassen“, sagte NRW-Innenminister Herbert Reul. Es helfe aber nicht, „den Kopf in den Sand zu stecken“.
Reul stellte im Innenausschuss des Landtags seine Sparpläne vor. So sollen bei der Dienst- und Schutzkleidung der Polizei fast drei Millionen Euro eingespart werden. „Das schaffen wir, indem wir den Anwärterinnen und Anwärtern die Helme nicht mehr mit nach Hause geben, sondern für kommende Ausbildungsjahrgänge erneut nutzen“, sagte der Politiker aus Leichlingen. Die Qualität der Arbeit werde dadurch nicht beeinträchtigt.
Zudem werde künftig darauf verzichtet, alle Polizei-Azubis standardmäßig mit einem Anorak auszustatten. „Ein Anorak macht vor allem in den Bereichen Sinn, wo Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter viel draußen sind und zugig stehen – also zum Beispiel im Objektschutz oder bei der Autobahnpolizei“, sagte Reul.
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Polizisten müssen Autos „etwas länger“ fahren
Einsparpotenzial sieht der Minister auch bei den Streifenwagen. Diese sollen nun „etwas länger“ gefahren werden als bislang. Zudem sei zu hinterfragen, ob in allen Bereichen „große Kastenwagen“ benötigt würden. Kleinere Polizeiwagen könnten wendiger und praktischer sein, sagte Reul. Bislang sind viele Polizisten bei ihren Streifenfahren in Fahrzeugen vom Typ Mercedes-Vito unterwegs.
Reul kündigte an, auch im eigenen Haus sparen zu wollen. Dort sollen 2025 insgesamt neun Millionen Euro weniger ausgegeben werden als bislang geplant. Betroffen ist auch der Verfassungsschutz. „Dort werden wir mit 500.000 Euro weniger auskommen müssen“, sagte der Innenminister. Das Budget liege bei 18,2 Millionen Euro. „Als ich 2017 Minister wurde, lag das Budget bei 11 Millionen Euro“, erinnerte Reul.
Polizei NRW bleibe die am besten ausgestattete in Deutschland
Der Innenminister betonte, die Polizei in NRW bleibe die am besten ausgestattete Polizei in Deutschland. Auch im kommenden Jahr würden wieder 3000 neue Kommissarinnen und Kommissare ausgebildet. Die Gesamtzahl der Stellen bei der Polizei NRW steigt 2025 von 61.800 in diesem Jahr auf 62.777 an.
Nach Prognosen des Arbeitskreises „Steuerschätzungen“ muss NRW im laufenden Haushaltsjahr 2024 mit Steuermindereinnahmen von rund 1,2 Milliarden Euro und 2025 mit Steuermindereinnahmen von rund 1,3 Milliarden Euro rechnen. Dies sei „nicht die komfortabelste Ausgangssituation“, sagte Reul. Der Gesamthaushalt für das Innenressort für 2025 beträgt mehr als 7,4 Milliarden Euro.
Christos Katzidis ist innenpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion im Landtag. „Wir haben in diesen schwierigen Haushaltsjahren einen klaren Schwerpunkt auf den Bereich Kinder, Jugend, Familie und Bildung gesetzt“, sagte der Politiker aus Bonn dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Die Einsparungen im Haushaltsplan des Innenministeriums würden „ohne gravierende Auswirkungen“ bleiben, sagte Katzidis: „Die wesentlichen Bereiche werden nicht geschwächt.“ Julia Höller, Innenexpertin der Grünen, sieht das ähnlich. NRW investiere trotz der schwierigen Haushaltslage weiter „in eine hohe Qualität in der Aus- und Weiterbildung der Polizei.“ Bei der Bekämpfung des Islamismus hätten die Sicherheitsbehörden „bundesweit vorbildhafte Präventionsstrukturen aufgebaut“, die jetzt weiterentwickelt und gestärkt werden müssten.
Die NRW-Initiative „Kurve kriegen“ arbeitet seit 2011 daran, die Lebensläufe von jungen Intensivtätern zu analysieren und passgenaue Hilfen zu erarbeiten. Das Projekt wird aus dem Haushaltstitel „Schutz und Prävention für Kinder und Jugendliche“ finanziert. Der Ansatz lag 2024 bei rund 11,1 Millionen Euro, 2025 soll er auf 10,2 Millionen Euro gekappt werden.
Die Opposition im Landtag übte Kritik an den Kürzungen. „Die Landesregierung kündigt ein umfassendes Sicherheitspaket an, spart aber gleichzeitig an der Ausrüstung unserer Polizei und an wichtigen Präventionsprojekten“, sagt Christina Kampmann, Innexpertin der SPD, unserer Zeitung. Worte und Taten passten nicht zusammen: „Der Haushalt von Schwarz-Grün ist ein Unsicherheitspaket."