Das starke Abschneiden der AfD bei den Landtagswahlen in Bayern und Hessen macht den Parteien in NRW große Sorgen.
Analysen zu Bayern und HessenNRW-Parteien reagieren auf Wahlen – Druck auf die Ampel nimmt zu
Bei der Analyse der Landtagswahlergebnisse in Bayern und Hessen sind sich die Parteien in NRW in zwei Punkten einig: Bundespolitische Themen, darunter vor allem die Migrationsfrage, hätten die Wahlen bestimmt. Im Umfang mit der AfD müsse man mehr auf Gemeinsamkeiten setzen.
Grüne: Mit blauem Auge davongekommen
„Die Wahlergebnisse vom Sonntag sind natürlich auch ein Zeichen an Berlin. Die Ampel hat schon viel erreicht, das ist aber leider zu häufig durch öffentlichen Streit darüber verdeckt worden“, sagt Jochen Ott, SPD-Fraktionschef im Düsseldorfer Landtag. „Insofern sollte allen Beteiligten klar sein: Mit- statt Gegeneinander lautet das Erfolgsrezept – auch im Kampf gegen die AfD. Mehr deutlich machen, was man will – und zwar gemeinsam. Für die SPD bedeutet das: Das Land weiter sicher und ohne Geifern durch die Krisen unserer Zeit zu führen. Dazu gehört auch, dass sich alle Parteien der Migrationsfrage stellen. Diese Herausforderung anzunehmen, ist Aufgabe aller Demokraten. Wir müssen zeigen, dass wir das hinbekommen.“
Vor allem in der Wirtschafts- und Sozialpolitik sei der Handlungsdruck groß. Die SPD werde auf starke Investitionen drängen und sie mit starker sozialer Sicherheit verbinden. Mehr als 110 Milliarden Euro stünden im Bund allein im Jahr 2024 für Zukunftsinvestitionen bereit. „Darüber hinaus werden wir das Rentenniveau absichern und die Energiepreise senken. Die SPD macht Politik für Arbeitnehmer, Familien und Rentner“, sagt Ott.
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„Alle Ampelparteien haben verloren, wir Grüne sind ‚mit einem blauen Auge davongekommen‘“, sagt Tim Achtermeyer, Landesvorsitzender der NRW-Grünen. „Und klar ist auch: Es gab einen großen bundespolitischen Faktor. Die Ampel muss jetzt Vertrauen zurückgewinnen und sich da herausarbeiten. Das geht nur mit einem anständigen Umgang miteinander und dem Willen, die Herausforderungen gemeinsam anzupacken. Streit auf offener Bühne und blinde Profilierung auf Kosten der anderen müssen aufhören.“
Das Erstarken der AfD vor allem bei jungen Menschen bereite ihm große Sorgen, so Achtermeyer. „Wenn fast jeder Fünfte der unter 30-Jährigen in Bayern die AfD wählt, ist das ein verheerendes Signal für den Zustand unserer Demokratie. Und es zeigt, dass die Normalisierung rechtsextremer Parolen voranschreitet. Das muss jedem Demokraten Sorgen machen.“ Jetzt sei es wichtig, „dass jede Partei Verantwortung übernimmt und die Schuld nicht bei den anderen sucht. Wir demokratischen Parteien müssen den Menschen wieder jeden Tag aufs Neue beweisen, dass wir ihre Probleme im Alltag lösen können. Nur so gewinnen wir ihr Vertrauen in die Demokratie zurück.“
Der klare Erfolg der CDU in Hessen, deren Spitzenkandidat Boris Rhein als Ministerpräsident mit einem ähnlich moderaten Kurs wie Hendrik Wüst in NRW auch einen Kontrapunkt zum Partei- und Fraktionsvorsitzenden Friedrich Merz gesetzt hatte, dürfe die Grünen in NRW nicht dazu verleiten, auf mehr Parteiprofilierung zu setzen. „Die Menschen wollen eine Regierung, die anständig miteinander redet, Probleme gemeinsam anpackt und sich nicht ständig gegenseitig auf den Kopf haut.“
Als ein „klares Zeichen gegen die Politik in Berlin“, wertet Thorsten Schick, CDU-Fraktionschef im NRW-Landtag, das Ergebnis der Wahlen in Hessen und Bayern. Das sei auch „ein gutes Signal für die Bundes-CDU. Wir erwarten, dass Bundeskanzler Scholz jetzt Führungsstärke zeigt und die Probleme wirklich angeht.“ Vor allem müsse „die Migrationsfrage gelöst werden“, sagte Schick. „Die Wirtschaft, der Mittelstand brauchen dringend Unterstützung. In solchen Zeiten erwarten die Menschen Führung von der Bundesregierung.“
Als „extrem enttäuschend“ bezeichnet der FDP-Landesvorsitzende Henning Höne das Abschneiden der Liberalen. Die Bundespolitik habe „einen großen Einfluss auf die Landtagswahlen“ gehabt. Die Regierung in Berlin müsse „zügig pragmatische Lösungen für die aktuellen Herausforderungen finden, auch wenn diese nicht im Koalitionsvertrag stehen. Die drängenden Themen, insbesondere Migration und Wettbewerbsfähigkeit, liegen ohnehin auf dem Tisch“, so Höne.
„Beide Themen hängen eng mit dem Sicherheitsbedürfnis in der Bevölkerung zusammen, ebenso mit dem Aufstiegsversprechen und einem funktionierenden Staat. Darauf muss die FDP ihren Schwerpunkt in der Bundesregierung legen. Für beide Themen braucht es ambitionierte Reformpläne bis Ende des Jahres.“ Streit in der Koalition sei kein Selbstzweck. „Die FDP wurde gewählt, um für ihre Inhalte, Werte und Grundüberzeugungen einzustehen – darauf können sich die Wählerinnen und Wähler auch verlassen.“