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Frontalangriff auf Scholz wegen ATACMS„Er versteht Abschreckung und Mehrdeutigkeit nicht“

Lesezeit 5 Minuten
Die USA haben der Ukraine weitreichende ATACMS-Raketen geliefert. International steigt nun der Druck auf Bundeskanzler Olaf Scholz, auch Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine zu liefern. (Archivbild)

Die USA haben der Ukraine weitreichende ATACMS-Raketen geliefert. International steigt nun der Druck auf Bundeskanzler Olaf Scholz, auch Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine zu liefern. (Archivbild)

Wegen seiner Taurus-Weigerung steht Olaf Scholz lange in der Kritik. Nun gerät der Kanzler auch international in die Schusslinie.

Nach der Lieferung von ATACMS-Raketen mit großer Reichweite an die Ukraine steigt international der Druck auf Olaf Scholz (SPD). Der Bundeskanzler erklärte nach der Entscheidung in Washington eilig, dass er dennoch nicht bereit sei, deutsche Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine zu liefern. Dafür bekam Scholz prompt innenpolitischen Gegenwind – nun wird auch international scharfe Kritik am Kanzler und die Forderung nach dem Taurus laut.

Scholz nach ATACMS-Lieferung in der Kritik: „Falscher Mann, falscher Platz, falsche Zeit“

Der frühere britische Verteidigungsminister Ben Wallace holte am Freitag zum Rundumschlag gegen die Russland-Politik der SPD aus. „Er ist der falsche Mann am falschen Platz zur falschen Zeit“, wiederholte Wallace eine frühere Äußerung über Scholz. „Er versteht Abschreckung nicht, er versteht Mehrdeutigkeit nicht“, fügte der Brite an, der auch mit dem Kölner SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hart ins Gericht ging.

Ben Wallace, ehemaliger britischer Verteidigungsminister, hat Bundeskanzler Olaf Scholz scharf kritisiert. (Archivbild)

Ben Wallace, ehemaliger britischer Verteidigungsminister, hat Bundeskanzler Olaf Scholz scharf kritisiert. (Archivbild)

Scholz müsse sich entscheiden, ob er wolle, dass die Ukraine den Krieg gewinne oder nicht, sagte Wallace im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur mit Blick auf das erneute Nein des Kanzlers zu einer möglichen Taurus-Lieferung.

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USA hoffen auf Kursänderung in Deutschland durch ATACMS-Lieferung

Zuvor hatte es entsprechende Signale bereits aus den USA gegeben – wenn auch deutlich weniger drastisch vorgetragen als nun von Wallace. Ein ungenannter hochrangiger US-Verteidigungsbeamter hatte am Donnerstag gegenüber Reportern erklärt, dass man in Washington nach der Lieferung weitreichender ATACMS-Raketen „hoffe, dass dies ein Faktor sein könnte“, um die Meinung im Bundeskanzleramt in Bezug auf Taurus-Marschflugkörper zu ändern. Die Entscheidung bleibe aber natürlich eine Sache Deutschlands, erklärte der US-Beamte laut der „Deutschen Welle“.

Die Sorge vor einer Eskalation verstehe er zwar, diese sei aber unbegründet, erklärte nun auch der konservative Wallace, der von 2019 bis 2023 Verteidigungsminister seines Landes war. „Russlands rote Linien sind wie Kreide, die man von der Tafel wischt.“ Die westlichen Unterstützer der Ukraine legten sich selbst Beschränkungen auf, die unlogisch seien und nicht einmal von den Russen verstanden würden.

„Russlands rote Linien sind wie Kreide, die man von der Tafel wischt“

Scholz habe zudem Unrecht gehabt, als er andeutete, britische und französische Soldaten seien in der Ukraine vor Ort, um Marschflugkörper zu programmieren. „Es braucht keine britischen und französischen Soldaten, die in der Ukraine sitzen und Marschflugkörper programmieren“, betonte Wallace.

Der beste Ansatz wäre es, wenn Scholz Bedingungen nenne, die eine Taurus-Lieferung rechtfertigen könnten, sagte Wallace, wie etwa russische Angriffe auf zivile Orte. „Besser als zu sagen ‚Nein, ich werde sie nicht liefern‘ ist zu sagen, ‚Wir beobachten die Lage ständig und wenn Russland weitermacht, werden wir es prüfen‘“, so Wallace.

Ben Wallace: Olaf Scholz hilft Wladimir Putin

Der Brite bemängelte zudem, Scholz scheine nicht zu verstehen, dass es Kremlchef Wladimir Putin helfe, wenn man unentschlossen wirke, bei bestimmten Entscheidungen hin und her schwanke, oder den Eindruck erwecke, mit seinen Verbündeten nicht auf einer Linie zu sein. Letztlich komme es auch auf die Kommunikation an, ob wahrgenommen werde, was Deutschland für die Ukraine tue.

Auch in Deutschland wurde zuletzt wieder Kritik am Taurus-Kurs des Kanzlers laut. „Es ist an der Zeit, Taurus zu liefern, denn sie sind vergleichbar mit den ATACMS-Raketen aus den USA – und die Ukraine braucht sie dringend“, sagte CDU-Politiker Johann Wadephul und kritisierte die „sture Haltung“ des Bundeskanzlers. „Um jemanden wie Putin zu stoppen, braucht man Kraft, braucht man Klarheit und braucht man den Willen zum Sieg“, so Wadephul.

Kritik auch in Deutschland an „sturer Haltung“ des Bundeskanzlers

Auch der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, hat Scholz angesichts der US-Lieferung von ATACMS-Raketen an die Ukraine aufgefordert, sein Nein zur Abgabe von Taurus zu überdenken. „In dem Zusammenhang wird die Entscheidung des Kanzlers, die Taurus-Raketen nicht an die Ukraine zu liefern, immer unverständlicher“, sagte Heusgen dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). „Wir erleben ja gerade, wie ähnliche US-Waffen – die ATACMS – große Wirkung entfalten.“

Wallace beließ es unterdessen nicht bei seiner Forderung nach einer deutschen Taurus-Lieferung, sondern warnte zudem vor einem Einfrieren des Kriegs. Er bezog sich dabei auf Äußerungen des SPD-Fraktionschefs Mützenich. Dieser müsse sich die Frage gefallen lassen, wie das Einfrieren des Konflikts für die Ukrainer beim vorigen Mal ausgegangen sei, sagte Wallace. Das Land habe zwischen der russischen Krim-Annexion 2014 und der Invasion vor zwei Jahren 18.000 Soldaten verloren.

Ben Wallace attackiert Kölner SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich

„Das Problem mit dem Einfrieren ist, dass man es garantieren muss“, sagte Wallace. „Aber wir haben das versucht, und die Ukrainer würden sagen, dass Großbritannien, Amerika, Deutschland und Frankreich diese Garantie nicht erfüllt haben.“ Die Ukrainer könnten im Gegenzug für ein Einfrieren nun die Nato-Mitgliedschaft verlangen, so Wallace. „Sie könnten sagen: ‚Gebt uns die Mitgliedschaft in der Nato. Lasst uns eine Linie ziehen, wo auch immer das sein möge, aber was übrig bleibt, ist Nato‘“, erklärte Wallace.

Auf die Frage, ob das eine gangbare Lösung sein könnte, wollte Wallace sich nicht festlegen. „Ich will nicht spekulieren, wie ein Deal aussehen könnte. Die Ukraine muss das entscheiden, sie sind es, die Tausende Menschen verloren haben. Und sie kämpfen für uns jetzt. Wir kämpfen nicht.“ Deutschland, Frankreich und nicht zuletzt Russland würden sich nicht darauf einlassen, glaubt Wallace. Ohne ausreichende Sicherheitsgarantie werde ein Einfrieren des Konflikts jedenfalls nur dazu führen, dass Russland wieder aufrüste, sich neu aufstelle und erneut angreife, wie das nach der Annexion der Krim geschehen sei.