Die Pisa-Ergebnisse seien alarmierend, befinden nicht nur Bildungspolitiker. Ein AfD-Politiker leistet sich selbst Fehler.
Höcke kassiert Häme„Sollte uns aufwecken“ – Besorgte Reaktionen auf Pisa-Ergebnisse
Die schlechten Pisa-Ergebnisse deutscher Schülerinnen und Schüler haben unter Politikern besorgte und kritische Reaktionen ausgelöst. Bildungspolitikern fraktionsübergreifend Sorge ausgelöst. Die Ergebnisse würden zeigen, dass „der Handlungsbedarf im Bildungssystem größer nicht sein“ könnte, schrieb Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger im sozialen Netzwerk X (vormals Twitter).
Bildung müsse „in jedem Kabinett ganz oben auf der Tagesordnung stehen“, so die FDP-Politikerin. „Als Bund stehen wir bereit, die zuständigen Länder hier massiv zu unterstützen.“
Pisa-Studie: „Ein erneutes Warnsignal für unser Bildungssystem“
NRW-Schulministerin Dorothee Feller (CDU) nannte die Ergebnisse der Pisa-Studie „nicht hinnehmbar“. Deutschland liege international nur noch im Mittelfeld, kritisierte Feller in einem Statement, das über das Schulministerium NRW verbreitet wurde.„ PISA zeigt erneut, dass wir die Basiskompetenzen Lesen, Schreiben, Rechnen und Zuhören konsequent stärken müssen“, so Feller weiter. Für NRW verteidigte sie die an Schulen eingeführten Lesezeiten. Die NRW-Schulministerin forderte vom Bund das Startchancen-Programm und den Digitalpakt 2.0.
Alles zum Thema Deutscher Bundestag
- Ex-Bundesminister auf Lesetour Was Jürgen Trittin (Grüne) mit Blick auf die ZUE in Frechen rät
- Bundestagswahl FDP nominiert Markus Herbrand für Wahlkreis Euskirchen-Rhein-Erftkreis II
- „Als würde er ihn auslachen“ Europa schimpft, Moskau feixt – Kanzler nach Putins „wahrer Antwort“ im Kreuzfeuer
- Kontaktaufnahme Olaf Scholz und Wladimir Putin: Nutzlose Gespräche
- Bundesparteitag Brantner und Banaszak sind die neue Grünen-Chefs
- Bundestagswahl Was der frühe Wahltermin für die Parteien in Rhein-Erft bedeutet
- Kremlchef bleibt hart, Kritik aus Kiew Scholz telefoniert erstmals seit zwei Jahren mit Putin
Die Resultate seien „ein erneutes Warnsignal für unser Bildungssystem“, erklärten unterdessen am Dienstag Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge und die bildungspolitische Sprecherin Nina Stahr. Nicht nur für die persönliche Entwicklung der Kinder und Jugendlichen seien die Daten alarmierend, auch für die Wirtschaft seien sie schlecht.
Die beiden Grünen-Politikerinnen halten deshalb „eine gemeinsame bildungspolitische Strategie von Bund, Ländern und Kommunen mit gesamtstaatlichen Bildungszielen“ für notwendig. Diese müsse unter enger Einbeziehung von Zivilgesellschaft und Wissenschaft erarbeitet werden. Von Bildungsministerin Stark-Watzinger forderten sie, dass diese den Prozess steuere und sie Beteiligten an einen Tisch bringe.
„Die Pisa-Ergebnisse sollten uns aufwecken“
„Die Pisa-Ergebnisse sollten uns aufwecken“, schrieb auch Tim Achtermeyer von den Grünen in NRW bei X. „Wenn jedoch behauptet wird, dass der Föderalismus oder gar die Zuwanderung schuld seien, erinnere ich gerne an Umberto Eco: ‚Für jedes komplexe Problem gibt es eine einfache Lösung, und die ist falsch.‘“
Die Sprecherin für Bildung der CSU im Bundestag, Katrin Staffler, kritisierte ein „Debakel“. Dieses dürfe Stark-Watzinger nicht einfach achselzuckend als neue Normalität zur Kenntnis nehmen. „Ein ‚Weiter so‘ können wir uns nicht leisten.“ Staffler forderte „endlich eine nationale Kraftanstrengung“. Die Ministerin müsse dabei so schnell wie möglich auf ihre Kolleginnen und Kollegen auf Länderebene zugehen und einen gemeinsamen Aktionsplan erarbeiten.
Corona-Maßnahmen verantwortlich? „Es war immer klar, dass das massive Auswirkungen haben wird“
Die ehemalige Bildungsministerin Kristina Schröder (CDU) sieht unterdessen in den Coronaschutzmaßnahmen den Grund für die Verschlechterung. „Es war immer klar, dass das massive Auswirkungen haben wird“, schrieb sie bei X.
Die bildungspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Ria Schröder, nennt die Ergebnisse „ein Debakel mit Ansage“. Von einem Schock könne keine Rede sein, denn Pisa stehe am Ende einer Reihe von Negativ-Schlagzeilen. Der Abwärtstrend habe sich bereits vor der Coronapandemie abgezeichnet. Die Verantwortung sieht sie allerdings bei den Ländern – diese müssten „endlich systematisch gegensteuern“. Insbesondere Schülerinnen und Schüler, die von ihrem Elternhaus wenig bis gar keine Unterstützung bekommen, brauchten mehr individuelle Förderung.
Linke fordert „ein 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen – und zwar sofort“
Scharfe Kritik an der Bildungspolitik insgesamt äußerte die Linke. Deren Sprecherin für Bildung, Nicole Gohlke, bemängelt „Untätigkeit und falsche Prioritätensetzung“. Es mangele an politischem Willen und Fähigkeit, endlich strukturell etwas zu ändern.
Gohlke fordert unter anderem massive Investitionen, eine Ausbildungsoffensive für mehr Lehrkräfte und Erzieher sowie „ein 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen – und zwar sofort“. Auch Vizeparteichef Lorenz Gösta Beutin äußerte grundsätzliche Kritik. „Das deutsche Schulsystem zementiert die Klassengesellschaft“, hieß es von dem Linken-Politiker bei X.
Björn Höcke leistet sich Zeichensetzungsfehler in Pisa-Tweet
Bei der Alternative für Deutschland meldete sich der Thüringer Fraktionsvorsitzende Björn Höcke zu Wort. Die Ergebnisse seien ein Zeichen für eine „kranke Gesellschaft“, erklärte Höcke und fügte an: „Aber das liegt bestimmt am Haß [sic!] und der Hetze, die die rechtsextremistische AfD seit 10 Jahren verbreitet.“ Dass Höcke seinen Beitrag in der alten Rechtschreibung verfasste und zudem einen Zeichensetzungsfehler machte, den er später heraus editiert hat, brachte dem AfD-Politiker unterdessen Häme ein.
Die deutschen Schülerinnen und Schüler schnitten in der Pisa-Studie zum internationalen Vergleich von Lernleistungen so schlecht ab wie noch nie. Laut den am Dienstag von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) veröffentlichten Ergebnissen verschlechterten sich die Leistungen in den untersuchten Bereichen Mathematik, Naturwissenschaften und Lesekompetenz deutlich. „Der Handlungsbedarf im Bildungssystem könnte größer nicht sein“, erklärte dazu Stark-Watzinger auf X, vormals Twitter. (das/mab/dpa)