Atom-U-Boote und martialische Worte: Putin lässt keine Zweifel an seinem Kurs. Selenskyj prophezeit derweil: „Er wird bald sterben.“
Selenskyj prophezeit „baldigen“ TodPutin macht absurden Vorschlag und Trump ein eindeutiges Grönland-Angebot

Kremlchef Wladimir Putin beim Stapellauf des russischen Atom-U-Boots „Perm“ am Donnerstag in Murmansk.
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Wladimir Putin hat die russischen Kriegsziele bei einem Besuch in der Hafenstadt Murmansk bekräftigt. Der russische Präsident machte bei seiner Reise nah an die finnische Grenze klar, dass Moskau weiterhin das Ziel verfolgt, die ukrainische Regierung zu Fall zu bringen und sich die illegal besetzten ukrainischen Regionen vollständig einzuverleiben. Mit der derzeitigen Staatsführung der Ukraine könnten keine Verhandlungen geführt werden, erklärte der Kremlchef.
Putin machte in Murmansk auch kaum Hehl daraus, dass er bei seinen Vorhaben auf die Unterstützung von US-Präsident Donald Trump setzt, über dessen Pläne, die dänische Insel Grönland zu annektieren, sich der Kremlchef im Gegenzug verständnisvoll äußerte.
Wladimir Putin: Trump wird Interessen in Grönland durchsetzen
Bereits in den 1860er Jahren hätten die USA eine „Möglichkeit einer Annexion Grönlands und Islands“ erwogen, erklärte Putin, der in Murmansk eine Arktis-Konferenz und die russische Marine besuchte. Damals sei der US-Plan gescheitert, heute sehe das anders aus. Trumps Vorhaben sei „ernsthaft“ und habe historische Wurzeln.
„Es ist offensichtlich, dass die USA ihre geopolitischen, militärischen und wirtschaftlichen Interessen in der Arktis weiterhin systematisch durchsetzen werden“, fügte Putin an, der die Gelegenheit nutzte, dem US-Präsidenten einen Freibrief zu erteilen. Mit Russland habe die Grönlandfrage nichts zu tun, erklärte der Kremlchef und zeigte sich vielmehr erneut offen dafür, mit den USA dabei „zusammenzuarbeiten“, die Schifffahrt über die Nordseeroute auszubauen.
Putins Grönland-Angebot an Donald Trump
Russland-Experten sehen darin ein klares Angebot an Trump. „Putin übersetzt: Mach in deinem Hinterhof, was du willst, und lass uns in unserem machen, was wir wollen“, ordnete etwa der britische Historiker Ian Garner die Worte des Kremlchefs ein. „Natürlich möchte Putin, dass Trump versucht, Grönland einzunehmen, da dies seine Annexion der Ukraine normal erscheinen lassen würde“, erklärte auch Michael McFaul, ehemaliger US-Botschafter in Moskau, auf der Plattform X.
Mit Blick auf Europa und die Nato schlug Putin derweil, entsprechend der russischen Äußerungen aus den letzten Wochen, einen deutlich weniger freundlichen Ton an. Die Nato und insbesondere ihre „neuen Rekruten“ Finnland und Schweden würden den „hohen Norden als Sprungbrett für Konflikte betrachten“, behauptete Putin und berichtete von westlichen Vorbereitungen für Einsätze unter nordischen Bedingungen.
Putin attackiert Europa und Nato – und verspottet Großbritannien
„Wir werden keine Eingriffe in die Souveränität unseres Landes zulassen und unsere nationalen Interessen zuverlässig schützen“, warnte der russische Präsident. Besonders ins Visier nahm Putin in Murmansk unterdessen Großbritannien. London verhalte sich „aggressiv“, behauptete der Kremlchef, und spottete über die Wirtschaftskraft und Streitkräfte des Landes. „Wie viele sind es? 170.000 oder 180.000, das sind die gesamten britischen Streitkräfte“, sagte der Kremlchef.

Wladimir Putin bei seinem Besuch in der Hafenstadt Murmansk. (Archivbild)
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Putin nutzte seine Reise auch für symbolkräftige, martialische Bilder. Zunächst erteilte der Kremlchef einem neuen russischen Atom-U-Boot die „Erlaubnis“ zum Stapellauf. Die „Perm“ sei das erste russische U-Boot, das mit den Hyperschall-Marschflugkörpern Zirkon ausgerüstet worden sei, berichteten die Staatsmedien.
Symbolischer Besuch: Russland nimmt Atom-U-Boot in Betrieb
Später besuchte der Kremlchef dann das U-Boot Archangelsk – und nutzte ein Gespräch mit Matrosen für deutliche Worte in Richtung der Ukraine. Putin bediente sich dabei bei den bekannten russischen Narrativen.
„Neonazis“ würden „faktisch damit beginnen, das Land zu regieren“, behauptete der russische Staatschef, und unterstellte „westlichen Ländern“ wie bereits in der Vergangenheit, einen „Staatsstreich in der Ukraine“ herbeigeführt zu haben. Auch die bekannte Behauptung, die russischsprachige Bevölkerung im Donbass habe dringend geschützt werden müssen, wiederholte der Kremlchef.
„Es gibt Grund zur Annahme, dass wir sie erledigen werden“
„Ich habe erst kürzlich gesagt: Wir werden sie erledigen“, bekräftige Putin im Gespräch mit den Matrosen des U-Boots schließlich auch Russlands Plan, sich mit militärischen Mitteln möglichst viele Gebiete des Nachbarlandes einzuverleiben.
„Es gibt Grund zur Annahme, dass wir sie erledigen werden“, erklärte der Kremlchef. Die Initiative liege entlang der „gesamten Frontlinie“ bei seiner Armee, führte er aus. „Die Volksrepublik Luhansk ist zu 99 Prozent befreit, die Regionen Donezk, Cherson und Saporischschja zu über 70 Prozent“, sagte Putin und behauptete, „ein Gebiet nach dem anderen, eine Siedlung nach der anderen“ werde erobert.
Russische Armee zahlt hohen Blutzoll für Geländegewinnen
Tatsächlich hat Russland zuletzt Geländegewinne erzielt. Insgesamt hat sich die Frontlinie in den letzten Monaten jedoch nicht großartig verändert. So sind die gleichnamigen Großstädte in den Regionen Cherson und Saporischschja weiter unter ukrainischer Kontrolle. Auch auf sie erhebt der Kreml, dessen Streitkräfte seit Kriegsbeginn enorme Verluste zu verzeichnen haben, jedoch Anspruch.
Für eine militärische Eroberung von Cherson müssten die russischen Truppen allerdings den Dnipro überqueren. Davor hatten Kreml-Insider zuletzt eindringlich gewarnt. „Tausende Tote“ würden die Folge eines solchen Manövers sein, warnte ein Diplomat gegenüber der „Moscow Times“. Wahrscheinlicher als eine neue Großoffensive erscheint daher, dass Putin vor allem durch die Verhandlungen mit Trump seine Ziele erreichen will.
Wladimir Putin treibt seine Bedingungen auf die Spitze
„Meiner Meinung nach möchte der neu gewählte Präsident der Vereinigten Staaten diesen Konflikt aufrichtig beenden“, lobte Putin seinen amerikanischen Amtskollegen in Murmansk – und schob prompt hinterher, dass der Weg zu einer Lösung noch lang sei. Bisher hat Moskau die Gespräche mit Washington in die Länge gezogen. Immer wieder stellt der Kreml neue Bedingungen für einen Waffenstillstand auf, gleichzeitig bombardiert Russland nahezu täglich zivile Ziele in der Ukraine.

Der Kremlchef im Gespräch mit Matrosen des U-Boots Archangelsk. (Archivbild)
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Nun trieb Putin die Dreistigkeiten allerdings auf die Spitze – und machte den absurden Vorschlag, die ukrainische Regierung um Wolodymyr Selenskyj durch eine „vorübergehende Verwaltung“ zu ersetzen und bemühte dafür „Präzedenzfälle“ wie Osttimor oder Neuguinea. Auch für die Ukraine komme eine „externe Regierungsführung unter der Schirmherrschaft der UNO“ in Betracht, bekräftige Putin, dass er weiterhin eine Marionettenregierung in Kiew anstrebt.
Selenskyj über Putin: „Er wird bald sterben“
Selenskyj zu ersetzen, sei notwendig, um Wahlen in der Ukraine abhalten zu können, behaupte Putin, und bemühte damit die Lüge, der ukrainische Präsident besitze keine Legitimität in seinem Amt. Erst nach Neuwahlen könnten „legitime Dokumente“ unterzeichnet werden, die weltweit „anerkannt“ werden, führte der Kremlchef aus und machte mit dieser Bedingung noch einmal deutlich, was man sich in Moskau von Trump erhofft.
Der ukrainische Präsident hatte zuvor bei einem Besuch in Paris derweil ebenfalls provokante Worte für seinen Widersacher gefunden. „Er wird bald sterben, das ist eine Tatsache, und dann wird alles vorbei sein“, hatte Selenskyj gegenüber Eurovision News erklärt.
„Jetzt gilt: Russland und die USA gegen die Ukraine und Europa“
Bis zu seinem Tod wolle der Kremlchef jedoch an der Macht bleiben und eine „direkte Konfrontation mit dem Westen anstreben“, warnte der Ukrainer – und kritisierte schließlich auch Trumps Entgegenkommen gegenüber Russland. „Es ist sehr wichtig, dass Amerika Putin jetzt nicht dabei hilft, aus der globalen Isolation herauszukommen“, sagte Selenskyj. „Ich glaube, das ist gefährlich.“
Drastischere Worte für Trump fand unterdessen der ehemalige russische Schachweltmeister und nunmehrige Kremlkritiker Garri Kasparow. Er unterstellte dem US-Präsidenten, direkte Anweisungen von Putin umzusetzen und die Ukraine „zerstören und plündern“ zu wollen.
Trumps Verhandlungen drohten eben nicht zu „scheitern“, sondern dienten lediglich einem Ziel, erklärte Kasparow. „Russland und Putin zu schützen und die Ukraine in Einzelteile und Vermögenswerte aufzuteilen.“ Eine „wohlwollende Interpretation“ sei mittlerweile „nicht mehr zulässig“, führte Kasparow bei X aus. „Jetzt gilt: Russland und die USA gegen die Ukraine und Europa.“
„Trump kann damit Selenskyj statt Putin verantwortlich machen“
Kurz vor den Kommentaren des Kremlkritikers waren Berichte über eine Neufassung des geplanten Abkommens zwischen den USA und der Ukraine über den Abbau von Seltenen Erden und anderen Bodenschätzen bekannt geworden. Laut der „Financial Times“ hat Washington die Bedingungen in dem Vertragsentwurf noch einmal drastisch zu den eigenen Gunsten verschärft, ohne Sicherheitsgarantien im Gegenzug anzubieten.
„Es besteht keine Chance, dass die Ukraine diesen wahnsinnigen und anstößigen Deal unterzeichnet“, kommentierte Bill Browder, der einst der größte ausländische Finanzinvestor in Russland war und später einer der schärften Kritiker des Kremlchefs wurde, die Berichte. „Trump kann damit Selenskyj statt Putin für das Scheitern der Verhandlungen verantwortlich machen und sich von der Ukraine abwenden“, prophezeite der Menschenrechtsaktivist. Wladimir Putin wäre seinem Ziel erneut einen Schritt näher.