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Unter Druck gesetztKritikerin wirft Woelki Machtmissbrauch vor

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Kardinal Rainer Woelki

Köln

Die Kommunikation. Das war, wie Papst Franziskus erst vor wenigen Tagen befand, einer von Kardinal Rainer Woelkis „großen Fehlern“. In seiner bevorstehenden, fast fünfmonatigen Auszeit will der Kölner Erzbischof sich nach eigenem Bekunden im Gespräch mit Gott auf mögliche Besserung besinnen. Mitte Oktober soll es losgehen. Wo und wie Woelki die vom Papst angeordnete Pause verbringen will, während der die Bistumsleitung in den Händen von Weihbischof Rolf Steinhäuser und via Fernlenkung beim Vatikan liegt, ist bislang unklar. Doch zuvor hat Woelki auf den letzten Metern noch ein Indiz dafür geliefert, dass eine Selbstüberprüfung seiner Kommunikation keine ganz falsche Idee ist.

Am Mittwoch entschuldigte der Kardinal sich für einen Vorfall auf der Vollversammlung des Synodalen Wegs am vorigen Freitag in Frankfurt. Dort war er die junge Synodale Viola Kohlberger, Vorsitzende der Georgspfadfinder (DPSG) im Bistum Augsburg, in einem persönlichen Gespräch angegangen. Grund war Kohlbergers vorangegangene Kritik im Plenum, dass der Papst Woelki und etliche andere Bischöfe im Amt gelassen hatte. Die 29-Jährige bekundete ihre Ratlosigkeit und ihre Sorge, wie sie Woelki und den anderen Geistlichen nach den gegen sie erhobenen Vorwürfen im Umgang mit Missbrauch gegenübertreten solle.

Kohlberger veröffentlicht achtminütiges Video

Kohlberger war mit ihrer Kritik beileibe nicht allein. Die Präsidenten des Synodalen Wegs, Bischof Georg Bätzing und Thomas Sternberg vom Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK), brachten die Stimmungslage der Versammlung auf die Begriffe Wut und Fassungslosigkeit. Im Plenum der gut 200 Synodalen reagierte Woelki mit keiner Silbe.

Was ihn danach umgetrieben haben mag, ist unklar. Jedenfalls schilderte Kohlberger am Dienstag in einem etwa achtminütigen Video auf Instagram, wie der Kardinal sie am Tag nach der Debatte auf dem Weg zur Toilette abgefangen habe und heftig auf sie eingeredet habe: Er habe bei der Aufarbeitung von Missbrauch alles richtig gemacht und müsse sich nichts vorwerfen lassen. Kritiker und Kritikerinnen wie Kohlberger seien der Grund, dass er öffentlich angegriffen werde und sich rechtfertigen müsse.

In seiner etwa fünfminütigen Tirade sei er ihr auf unangenehme Weise nahe gekommen, berichtete die Theologiestudentin und charakterisierte die gesamte Art von Woelkis Kommunikation als „Machtmissbrauch“. Die ganze Begegnung setzte ihr überdies so zu, dass sie direkt im Anschluss andere junge Synodale per Kurznachricht aus dem Saal holte und um Hilfe bat. Sie informierte auch das Synodalpräsidium, namentlich Bischof Bätzing. Der habe Verständnis für sie und Unverständnis für Woelkis Agieren gezeigt.

Woelki bittet um Entschuldigung

Der Kardinal schrieb nun unter Kohlbergers Instagram-Beitrag und – gleichlautend – auf Facebook, er habe mit der jungen Frau jenen „offenen Diskurs“ pflegen wollen, von dem der Synodale Weg lebe. „Es war mir somit ein wichtiges Anliegen, mich mit ihr über ihre Kritikpunkte persönlich auszutauschen.“ Im Verlauf sei bei Kohlberger „offenbar der Eindruck entstanden, dass ich auf ihre Person Druck ausüben wollte. Nichts lag mir ferner, und das tut mir leid. Ich möchte mich dafür ausdrücklich entschuldigen“. Weiter betont Woelki seine Überzeugung, „dass es nur gelingt, gemeinsame Wege zu finden, wenn wir einen wertschätzenden, offenen Austausch suchen und im Gespräch bleiben“.

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Kohlbergers Video und die Erklärung des Kardinals wurden im Netz kontrovers diskutiert. Auf Woelkis Facebook-Account wurde Kohlberger in Kommentaren aufs Übelste beschimpft, von anderen Nutzern dagegen aber auch sogleich verteidigt. Die Erfurter Theologieprofessorin Julia Knop sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, es sei in der katholischen Kirche „neu und wichtig“, dass junge Menschen, insbesondere junge Frauen solche Vorkommnisse öffentlich machten. „Viola Kohlberger zeigt Mut und verdient Solidarität.“

Zweifel an Woelkis Erklärung

Kohlberger selbst sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, sie wäre bereit, Woelkis Entschuldigung anzunehmen, „wenn denn erkennbar wäre, dass er es ernst meint“. Gradmesser dafür sei, ob er durch eine Verhaltensänderung die Einsicht erkennen lasse, wie er auf andere wirkt. „Ich bin mir sehr sicher, Kardinal Woelki weiß, dass er Macht hat und wie er sie anderen gegenüber ausübt. Das habe ich ja gerade selbst erlebt.“ Zweifel an Woelkis Erklärung seien erlaubt, so Kohlberger weiter. „Schließlich entschuldigt er sich nicht für sein Verhalten und für seine Worte, sondern für den Eindruck, der bei mir entstanden ist.“

Etwas ganz Ähnliches widerfuhr den Katholiken im Erzbistum Köln an Weihnachten 2020. Damals bat Woelki im Dom um Verzeihung für das, was die Gläubigen seinetwegen und wegen der öffentlichen Diskussion um seine Person auszuhalten hätten. Wie gut es um Woelki, seine Welt und die Kirche doch bestellt sein könnte, wenn da nicht diese Sache mit der Kommunikation wäre. Der Kommunikation der anderen, versteht sich. Aber über die eigene will der Kardinal ja nun nachdenken.