Millionen Menschen in Europa litten oder leiden an Long Covid, einer Folge vieler Corona-Infektionen. Politiker drängen auf mehr Unterstützung für Betroffene.
Erschöpfung, Herzprobleme, Luftnot32.500 Post-Covid-Rehas in Deutschland seit 2020
Für viele Menschen in Deutschland ist die Pandemie vorbei: Masken gehören der Vergangenheit an, ebenso wie der regelmäßige Gang in ein Corona-Testzentrum. Während das normale Leben also schon bei einem Großteil der Gesellschaft vor Monaten wieder Einzug gehalten hat, gibt es hierzulande immer noch Menschen, die die Pandemie nicht hinter sich lassen können. Weil sie nach ihrer Infektion weiter an Beschwerden leiden – genauer gesagt an Long Covid oder an Post Covid.
Unter Long Covid versteht man Beschwerden, die jenseits einer akuten Krankheitsphase von vier Wochen fortbestehen oder dann neu auftreten. Post Covid beschreibt das Krankheitsbild, wenn die Beschwerden mehr als zwölf Wochen nach einer Corona-Infektion weiter anhalten.
Rentenversicherung gewährte vergangenes Jahr 21.000 Post-Covid-Rehas
Zehntausende von ihnen haben bereits über die Rentenversicherung das Angebot einer Reha in Anspruch genommen. „Im Jahr 2022 wurden von der Deutschen Rentenversicherung rund 21.000 Post-Covid-Rehabilitationen durchgeführt“, sagte eine Sprecherin der Deutschen Rentenversicherung Bund auf Anfrage des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND). „Im Vergleich dazu waren es im Jahr 2021 rund 10.000 Post-Covid-Rehabilitationen und 2020 rund 1500.“
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Wie viele Menschen in Deutschland von schweren Corona-Langzeitfolgen betroffen sind, ist unklar. In Europa waren aber, wenn es um Long Covid geht, Millionen Menschen betroffen. Das ergab jüngst eine Analyse der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Demnach haben mindestens 17 Millionen Menschen in den ersten zwei Pandemiejahren in Europa an Long-Covid-Symptomen gelitten.
Nicht nur bei schweren Verläufen einer Corona-Infektion, sondern auch bei leichten bis mittelschweren Erkrankungen könnten bei den Betroffenen Langzeitfolgen auftreten, hieß es seitens der Rentenversicherung. „Das Beschwerdebild des Post-Covid-Syndroms umfasst zum Beispiel anhaltende Müdigkeit und Erschöpfung, Herzprobleme, Konzentrationsschwäche sowie Luftnot“, sagte Brigitte Gross, Direktorin der Deutschen Rentenversicherung Bund, dem RND. Auch Depressionen und Ängste seien nicht selten.
Laut Rentenversicherung sollen die Reha-Angebote den Menschen dabei helfen, sich nach einer Corona-Erkrankung wieder zu regenerieren und fit zu werden. Bei der Reha werden demnach Ärztinnen und Ärzte verschiedener Fachrichtungen mit dem Ziel eingebunden, die Behandlung auf das individuelle Krankheitsbild zuzuschneiden.
CDU-Politiker Sepp Müller: „Zu wenig Nachsorge für die Patienten“
Der Unionsfraktionsvize Sepp Müller (CDU) hält die Zahl der durchgeführten Rehamaßnahmen für viel zu niedrig. „Die Erkrankung mit den vielen Gesichtern hat unzählige Menschen aus dem Leben gerissen. Die Zahl macht deutlich, dass es zu wenig Nachsorge für die Patienten gab“, sagte der CDU-Gesundheitspolitiker dem RND. „Hier hätte man die Betroffenen sowohl psychisch als auch physisch mehr begleiten müssen.“
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte kürzlich mehr Unterstützung für die Patientinnen und Patienten angekündigt. Geplant ist ein neues Internetportal, auf dem Empfehlungen zur Behandlung, Informationen zum Stand der Wissenschaft und Hinweise auf spezialisierte Ärztinnen und Ärzte aufgeführt werden sollen. Für die Forschung mit Modellprojekten zur Versorgung und Behandlung von Betroffenen will das Ministerium von 2024 an 21 Millionen Euro als Förderung bereitstellen.
Noch im Herbst 2023 plant Lauterbach einen runden Tisch mit verschiedenen Akteuren. Der SPD-Politiker sagte: „Für Menschen mit Long Covid ist die Pandemie leider noch nicht beendet.“
Den Ländern reicht das aber nicht aus. So schlug etwa Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek eine Länderinitiative vor, um den Betroffenen zu helfen. „Es ist zwar gut, dass die Bundesregierung jetzt endlich handelt“, sagte der CSU-Politiker. „Aber die von Lauterbach angekündigten Schritte reichen leider nicht aus.“ Es brauch eine umfassende Versorgungsstrategie und eine Vernetzung aller relevanten Akteurinnen und Akteure.