„Das ist erst der Anfang“Moskau feiert Erfolg von AfD und Wagenknecht – Häme für Scholz und Macron

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Dmitri Peskow, Sprecher von Kremlchef Wladimir Putin, hat sich zu den Ergebnissen der Europawahl geäußert. (Archivbild)

Dmitri Peskow, Sprecher von Kremlchef Wladimir Putin, hat sich zu den Ergebnissen der Europawahl geäußert. (Archivbild)

Bei Moskaus Politikern und Medien rücken nach der Europawahl vor allem die Ergebnisse in Deutschland und Frankreich in den Fokus.

Nach der Europawahl kommen auch aus Moskau Reaktionen: Während der Kreml sich in seiner offiziellen Sprachregelung zurückhaltend gab, betonten russische Medien, insbesondere mit Blick auf Deutschland, den Wahlerfolg der Alternative für Deutschland (AfD) und des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). Im Fokus stand bei den Berichten oftmals, dass die beiden Parteien sich gegen die weitere Unterstützung der Ukraine mit westlichen Waffen ausgesprochen haben.

Man habe den Erfolg der „rechten Parteien“ in Europa zur Kenntnis genommen, erklärte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Montag. Die „Dynamik der steigenden Popularität“ rechter Parteien sei „mit bloßem Auge sichtbar“, auch wenn die „Pro-Europäer“ vorerst ihre Führungsrolle in Europa behalten würden. „Die rechten Parteien werden ihnen mit der Zeit auf den Fersen sein“, prophezeite Peskow weiter.

Putin-Sprecher zur Europawahl: „Die rechten Parteien werden ihnen auf den Fersen sein“

Besonders mit Blick auf Frankreich werde Moskau die „Prozesse“ nun genau beobachten. Nach einem schwachen Wahlergebnis seiner Partei hat der französische Präsident Emmanuel Macron Neuwahlen angekündigt. Die rechtspopulistische Partei Rassemblement National von Marine Le Pen feierte unterdessen einen erdrutschartigen Sieg in Frankreich.

Kremlsprecher Dmitri Peskow: „Die rechten Parteien werden ihnen mit der Zeit auf den Fersen sein.“

Kremlsprecher Dmitri Peskow: „Die rechten Parteien werden ihnen mit der Zeit auf den Fersen sein.“

„Wir werden dies genau beobachten, vor allem in Anbetracht der extrem unfreundlichen und sogar feindlichen Stimmung der französischen Führung gegenüber unserem Land“, erklärte Peskow und behauptete schließlich, Russland mische sich im Gegensatz zur EU und den USA nicht „in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten“ ein. Zuletzt waren jedoch mehrere Desinformationskampagnen Russlands bekannt geworden, die in Europa offenbar die öffentliche Meinung manipulieren sollten. Auch in den USA wurden in der Vergangenheit derartige Vorwürfe erhoben.

Freude in Moskau über „vernichtende Niederlage“ für Scholz und Macron

Die Sprecherin des russischen Föderationsrates, Valentina Matvienko, bezeichnete die schwachen Wahlergebnisse für Macron und Bundeskanzler Olaf Scholz, dessen SPD in Deutschland mit 13,9 Prozent der Stimmen nur drittstärkste Kraft wurde, derweil als „verdiente“ und „vernichtende“ Niederlage und stellte auch Scholz’ Kanzlerschaft infrage.  „Es scheint, dass sich ein gefährlicher Virus der Illegitimität auf dem europäischen Kontinent auszubreiten beginnt“, erklärte Matvienko und dürfte damit auf die jüngst aus Moskau vorgebrachte Propaganda-Lüge angespielt haben, wonach der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj nicht mehr legitimer Staatschef der Ukraine sei.  

Der Vorsitzende der Staatsduma, Wjatscheslaw Wolodin, warf Scholz ebenfalls vor, sich an seine Macht zu klammern. „Für die Partei von Scholz war das Wahlergebnis das schlechteste aller Zeiten. Macron und Scholz klammern sich mit letzter Kraft an die Macht“, schrieb Wolodin in seinem Telegram-Kanal. Scholz und Macron hätten derartig schlecht abgeschnitten, da es in Deutschland und Frankreich eine „Migrationskrise“ gebe und die Länder „entgegen ihrer nationalen Interessen in den Krieg in der Ukraine verwickelt“ seien, behauptet der Duma-Vorsitzende weiter.  

Russische Presse richtet Fokus auf AfD und BSW: „Gegner der Ukraine-Hilfe“

Auch in der russischen Presse widmet man sich den Erfolgen der populistischen Parteien in Deutschland und Frankreich. „Gegner der Ukraine-Hilfe in Deutschland haben Scholz‘ Partei an Popularität überholt“, titelte der Sender RBK. Auch andere Medien betonten die Erfolge von AfD und BSW bei der Europawahl.

Die staatliche Nachrichtenagentur Ria zitierte unterdessen aus einer chinesischen Zeitung. „Die Wahlerfolge der AfD und des BSW, die für ein Ende des Konflikts in der Ukraine eintreten, deuten auf eine breitere geopolitische Verschiebung hin“, schrieb demnach die „Asia Times“, was Ria aufgriff und weiterverbreitete.

China und Russland sehen Hinweise auf „breitere geopolitische Verschiebung“

Wenn Kräfte wie AfD oder BSW sowie der ehemalige US-Präsident Donald Trump „mehr Macht erlangen“, könnte das Europas Beziehungen zu Russland und die Herangehensweise an den Krieg in der Ukraine „erheblich verändern“, hieß es weiter. „Der Artikel stellt fest, dass ein auffälliger Trend bei dieser Wahl eine Gegenreaktion gegen Regierungschefs ist, die eine militärische Intervention in der Ukraine unterstützt haben“, analysierte Ria schließlich den Bericht der chinesischen Kollegen. 

Bei der Zeitung „KP“ war unterdessen mit Blick auf Macron und Scholz von einer „beschämenden Niederlage“ die Rede. Macron habe „vom Universum“ eine Antwort für seine „Heldentaten“ erhalten, befand die Journalistin Irina Rinaeva.

Moskau dehnt Selenskyj-Narrativ auf Scholz und Macron aus

Mit derartigen Wahlergebnisse befinde man sich fortan „im gleichen Status wie Selenskyj“, bediente auch die „KP“ das Narrativ, dass der ukrainische Präsident nicht mehr Staatsoberhaupt der Ukraine sei, da keine Wahlen durchgeführt worden seien. Der Vorwurf gegen Selenskyj ist haltlos. Das ukrainische Recht sieht für den Kriegsfall die Verschiebung von Neuwahlen vor.

Russische Propagandisten versuchen jedoch in den letzten Wochen immer wieder Zweifel an der Legitimität Selenskyjs zu sähen. Auch Kremlchef Wladimir Putin, der zudem die AfD kürzlich ausführlich lobte, hatte sich zuletzt ähnlich diesbezüglich geäußert. Nach den schwachen Ergebnissen für Macron und Scholz wird der Vorwurf der Illegitimität in Moskau nun offenbar ausgedehnt. Macron sei nur noch eine „lahme Ente“ hieß es bei KP, ehe die kremlnahe Zeitung schließlich prophezeite: „Und das ist erst der Anfang.“

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