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NRW-WahlGebauers Schulpolitik ist für FDP-Absturz mitverantwortlich

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Gebauer

Yvonne Gebauer 

Düsseldorf – Für den Absturz der FDP bei der Landtagswahl in NRW sind vor allem zwei Ministerien verantwortlich, die zumal in der Corona-Zeit stark gefordert waren: Das Familien-Ressort unter Landesparteichef Joachim Stamp, vor allem aber auch das von Yvonne Gebauer geführte Bildungsministerium. Beide Häuser mussten die Krise nicht nur managen, wozu Themen wie Hygiene, Maskenpflicht und sogar die monatelange Schließung von Kitas und Schulen gehörten – vor allem waren Stamp und Gebauer gefordert, ihre Entscheidungen transparent zu kommunizieren.

Hier offenbarte vor allem das Schulministerium im Interessengeflecht zwischen Schüler- und Lehrerschaft, Eltern, Verbänden und den kommunalen Behörden große Schwächen. Fast schon sprichwörtlich sind die Schul-E-Mails, die bei den Betroffenen erst ankamen, nachdem sie sich bereits über die Medien über weitreichende Beschlüsse wie den Wechsel vom Präsenz- in den Distanzunterricht informieren konnten.

Das Vertrauen in die Weitsicht der Ministerin schwand zusehends; hinzu kamen der Zickzackkurs bei der Maskenpflicht und zuletzt eine Teststrategie, die viele eben nicht mehr als Strategie, sondern als Entscheidungsschwäche empfanden.

Alles zum Thema Joachim Stamp

Gebauer und das Virus: wie Hase und Igel

Ende des vergangenen Jahres verwechselte ausgerechnet die Schulministerin die Hauptfiguren von Grimms Märchen vom Hasen und vom Igel - sie sei nicht sicher, sagte Gebauer, dass stets der Hase gewinne. Stimmt. Der alerte Hase gewinnt aufgrund der List des Igels und dessen Frau kein einziges Mal, und ein wenig traf das auch auf Yvonne Gebauer zu und ihren Wettlauf mit dem Virus. Hinzu kam, dass Versprechen aus der Vor-Corona-Zeit unerfüllt blieben: Dem Lehrermangel ist die Landesregierung alles andere als kraftvoll begegnet.

Als Armin Laschets Kabinett 2017 die Arbeit aufnahm, war es nicht zuletzt die viel kritisierte Bildungspolitik von Rot-Grün und der damaligen Ministerin Sylvia Löhrmann (Grüne), die zum Scheitern des Kabinetts von Hannelore Kraft beigetragen hatten. Doch grundsätzlich gilt: Wer sich auf dieses Politikfeld begibt, betritt unsicheres Terrain, stellenweise sogar vermintes Gelände. Allen Reformversuchen zum Trotz ist Schule ein äußerst beharrungsfreudiges, konservatives System. Hier herrscht altes Preußentum, die dreigliedrige Schulhierarchie ist eine feste Burg, und sie scheint umso uneinnehmbarer, als das Gymnasium immer heftiger als Wunsch- und Sehnsuchtsziel elterlichen Ehrgeizes für den Nachwuchs gilt.

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Hinzu kommt die föderale Organisation des deutschen Bildungswesens, die regelmäßig für Streit zwischen den Bundesländern und einem Gefälle zwischen Standorten sorgt. Wie könnten Lehrpläne entschlackt und modernisiert werden, wie ließe sich die Digitalisierung bundesweit voranbringen und nicht nur dort, wo man ohnehin auf eine starke Wirtschafts- und Infrastruktur bauen kann, wie ließe sich der Lehrerberuf attraktiver gestalten? Lösungsansätze für diese und andere drängende Fragen gehen viel zu oft im Stimmengewirr zwischen Bayern und Schleswig-Holstein unter.

Gebauer-Nachfolge: Für das Schulministerium braucht es Kompetenz und Frustrationstoleranz

Wer also demnächst ins Düsseldorfer Bildungsministerium einzieht, übernimmt einen kniffligen Job und braucht eine hohe Frustrationstoleranz. Und schön wäre es natürlich, wenn die- oder derjenige genügend Kompetenz ins neue Amt mitbrächte: In diesem Punkt haben sich die CDU und deren bildungspolitische Sprecherin Claudia Schlottmann in der vergangenen Legislatur nicht gerade hervorgetan und wenig bildungspolitisches Profil im Schatten des Koalitionspartners entwickelt.

Als engagierter Streiter für eine Reform des Schulwesens etwa bei der Lehrerbezahlung fiel eher der SPD-Politiker Jochen Ott auf, auch wenn er mit hitzigen Rücktrittsforderungen an Gebauer mitunter deutlich übertourte – als ehemaliger Lehrer kennt Ott gleichwohl die Praxis, und als Bildungspolitiker hat er sich effektiv ein Netzwerk aufgebaut.

Eine Erfolgsgarantie wird es für die künftigen Amtsinhaber im Schulministerium auch in den kommenden Jahren dennoch nicht geben. Die größten Probleme sind die Defizite, die durch die Pandemie entstanden sind, das Zusammenspiel zwischen Land und Kommunen etwa bei den Themen Schulbau und Schulplatzvergabe gehört angepackt, und der Mangel an Lehrkräften wirkt sich auch durch die Integration von geflüchteten Kindern aus der Ukraine und aus anderen Ländern immer gravierender aus.