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Bottroper Apotheker-SkandalLaumann verspricht Prüfung von Zahlungen an Opfer

Lesezeit 3 Minuten
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Betroffene des Bottroper Apotheker-Skandals im Gespräch mit Gesundheitsminister Laumann.

Düsseldorf – Über 20 Opfer des Skandals um die Bottroper Apotheke protestierten am Mittwochnachmittag vor dem nordrhein-westfälischen Gesundheitsministerium. Sie sei von dem Verhalten des Ministeriums enttäuscht, sagt die Demonstrantin Christiane Piontek und wirft Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) Wortbruch vor: Das Ministerium hatte einen Hilfsfonds von 10 Millionen Euro aufgesetzt für Geschädigte des Apotheker-Skandals. Fast die Hälfte dieser Anträge wurde jedoch abgelehnt. Das Ministerium wehrt sich gegen die Vorwürfe und lud die Demonstrierenden ins Gebäude zu einer Diskussion mit Laumann ein.

„Wir lassen uns nicht zu Opfern zweiter Klasse machen“, sagt Christiane Piontek. Die 56-Jährige steht vor dem Eingang des Gesundheitsministeriums, ein Megafon in der Hand. „Denn genau so fühlen wir uns.“ Als sie den Ablehnungsbescheid in den Händen hielt, sagt sie, „da dachte ich echt, ich falle um. Ich bin so enttäuscht.“

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Christiane Piontek erhielt Krebsmedikamente aus der alten Apotheke.

Gemeinsam mit den anderen Betroffenen rollt sie ein weißes Banner vor dem Ministeriumseingang aus, 3.798 Namen stehen darauf. Der von Pionteks Schwester, Jahrgang 1966, Diagnose Darmkrebs, verstorben. Und Christiane Pionteks Name. 2013 kam die Diagnose Brustkrebs, 2014 der Rückfall, Piontek durchlief Chemotherapien und Operationen und überlebte. Alle Personen, dessen Namen auf dem Banner stehen, eint eines: Ihre Krebsmedikamente wurden in der Bottroper Alten Apotheke von Peter S. zusammengemischt. 2016 wurde Peter S. verhaftet und im folgenden Prozess zu 12 Jahren Haft verurteilt. Er hatte gepanschte Medikamente verkauft und damit Millionen verdient.

Ministerium bezieht sich auf Gerichtsurteil gegen Peter S.

Im Dezember 2021 beschloss die Landesregierung, freiwillige Billigkeitsleistungen an Peter S. Opfer zu zahlen – auch, weil die Apothekenaufsicht im Fall der Alten Apotheke versagte. 430 mutmaßliche Opfer stellten bisher einen Antrag auf Entschädigung vom Land. Rund 53 Prozent wurden bewilligt. Von den bereitgestellten 10 Millionen Euro wurden bisher rund 1,2 Millionen ausgezahlt.

„Was in der Apotheke passierte, ist eines der gemeinsten Verbrechen, das je geschah“, sagt Gesundheitsminister Laumann. Das Ministerium hatte die Demonstrierenden kurz zuvor von der Straße zu einem Gespräch ins Gebäude eingeladen. Das Problem sei: Man könne nicht beweisen, wer tatsächlich unterdosierte Krebsmedikamente erhielt. Manchmal verkaufte Peter S. die korrekte Dosis, dann wieder ein stark gestrecktes Medikament, in vielen Fällen sogar nur Kochsalz.

„Bei der Auszahlung von Geldern braucht das Ministerium eine Rechtsgrundlage, dass die Menschen geschädigt sind“, sagt Laumann. Derzeit haben nur diejenigen Anspruch auf eine Billigungszahlung von 5.000 Euro, für deren gepanschte Krebsmedikamente Peter S. rechtskräftig verurteilt wurde. Rund 2000 Personen können dadurch eine Billigungszahlung dadurch beantragen – weitere rund 1.700 Personen, die seit 2012 Krebsmedikamente aus der alten Apotheke bezogen haben, nicht.

„Wir bitten Sie, diese Abgrenzung zu überdenken“

Eine Frau in der ersten Reihe argumentiert dagegen: Das Gericht habe sich auf wenige Medikamente beschränkt, „der Prozess wäre ansonsten aus allen Nähten geplatzt“. Zudem habe eine Studie gezeigt, dass auch bei Brustkrebspatientinnen, die Medikamente aus der Alten Apotheke bezogen, die Rückfallgefahr höher ist. Auch von ihren Medikamenten sei in der Alten Apotheke mehr verkauft als eingekauft worden. „Wir bitten Sie, diese Abgrenzung nochmal zu überdenken.“

Das Urteil, sagt Laumann, sei das konkreteste Kriterium, das sie haben. „Dieses Kriterium müssen wir auch durchziehen.“ Bis Ende des Jahres können Betroffene einen Antrag auf Billigungsleistungen stellen. Da die Informierung von Betroffenen über diese Billigungsleistung jedoch eher schwierig ist, werde dieser Stichtag vermutlich verschoben.

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Trotzdem geht Laumann auf die Forderung der Demonstrierenden ein: „Wir denken in den nächsten vier Wochen darüber nach. Dann sagen wir, was wir gedacht haben.“

Nach diesen vier Wochen, sagt Christiane Piontek, wünsche sie sich einen Lösungsvorschlag. „Oder zumindest einen Ansatz, den wir zusammen erarbeiten können.“