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Erste Rufe nach Ersatz-KandidatenLaute Zweifel an Joe Biden nach TV-Duell – Rettet Michelle Obama die Demokraten?

Lesezeit 5 Minuten
Michelle Obama wird von einigen Unterstützern der Demokraten als Heilsbringerin gesehen. (Archivbild)

Michelle Obama wird von einigen Unterstützern der Demokraten als Heilsbringerin gesehen. (Archivbild)

Die Kritiken zu Joe Bidens TV-Auftritt gegen Donald Trump sind vernichtend. Einige Demokraten scheinen sich nicht mehr sicher, ob er der Richtige ist.

Mit Spannung war das erste TV-Duell 2024 zwischen dem amtierenden US-Präsidenten Joe Biden und dem ehemaligen Amtsinhaber Donald Trump erwartet worden. Dass im Anschluss bereits über möglichen Ersatz für einen der beiden Kandidaten diskutiert wird, hatte aber wohl niemand erwartet.

TV-Duell gegen Donald Trump: Joe Biden massiv in der Kritik

Genau das aber geschieht in den USA, nachdem der Auftritt des demokratischen Kandidaten selbst von eigentlich Biden-freundlichen Medien zerrissen wurde. Denn nach dem TV-Duell begannen die Debatten über eben jenes, die Rede war unter anderem von einer „unterirdischen“ Performance Bidens.

Derart harsche Kritik äußerten die Analysten von CNN und MSNBC. Auf beiden Sendern wurde auch von immer lauter werdenden Rufen nach einem neuen Kandidaten oder einer Kandidatin aufseiten der Demokraten berichtet.

Analysten diskutieren bereits über Ersatz für Joe Biden: Name Michelle Obama fällt mehrfach

„Niemand ist in Panik“, betonte Moderator MSNBC-Moderator Joe Scarborough – nur um anschließend offen einen Rückzug des Präsidenten zu thematisieren: „Das Fenster schließt sich sehr schnell.“ Sollte Joe Biden seine Kampagne nicht fortsetzen können, müsse „das dann schnell gelöst werden“.

Laut CNN sahen 67 Prozent aller Befragten Donald Trump als Sieger der Debatte – obwohl dieser laut CNN-Faktencheck bei diversen Aussagen falsche Behauptungen wiedergegeben hatte.

Schwindet der Rückhalt von Joe Biden in der eigenen Partei?

Eine gute halbe Stunde vor Schluss der Debatte vermeldete die „Times“-Korrespondentin Annie Karni, dass „eine Gruppe demokratischer Politiker im Repräsentantenhaus“ die Debatte als „Desaster“ bezeichnet habe. „Sie diskutierten die Notwendigkeit eines neuen Präsidentschaftskandidaten“, so Karni. Die Politik-Expertin von „MSNBC“, Nicolle Wallace, äußerte die Vermutung, dass bereits einen Tag nach der Debatte Gespräche über die Nachfolge Bidens stattfinden würden.

Donald Trump (l.) und Joe Biden griffen sich in der Debatte teils persönlich an. Analysten waren von Bidens Auftritt alles andere als begeistert.

Donald Trump (l.) und Joe Biden griffen sich in der Debatte teils persönlich an. Analysten waren von Bidens Auftritt alles andere als begeistert.

Aaron Kell, Experte für Präsidentschaftsdebatten an der Universität von Michigan, bezeichnete die erste Viertelstunde als „die wahrscheinlich schlechteste Leistung eines Kandidaten, ganz sicher eines kandidierenden Amtsinhabers aller Zeiten“.

Ein Spendensammler der Partei sagte laut „Tagesschau“, er gehe davon aus, dass der Geldstrom in Richtung Bidens Wahlkampfkasse nach dessen Auftritt versiegen werde. „Geld folgt der Begeisterung. Wie kann jetzt auch nur irgendwer ernsthaft sagen: ‚Spendet für Joes Wahl‘?“

„Am Ende des ersten Präsidentschaftswahlkampfs 2024 war eines klar: Die Demokraten waren nach Bidens schwacher Leistung in der Debatte in Panik. Ihre Bestürzung erstreckte sich auf die Kongressgebäude, die reichen Küstenstädte der Spender, die Parteihochburgen im ganzen Land und die Bars und Wohnzimmer, in denen sich die Anhänger der Demokraten versammelten, um ihren Mann anzufeuern“, bilanzierte die „Washington Post“.

Kandidatur der Demokraten: Michelle Obama statt Joe Biden? Ist das überhaupt möglich?

Michelle Obama in letzter Sekunde für Joe Biden einwechseln? Ist das realistisch? Obama, die Ehefrau von Präsident Barack Obama, wurde von einigen Demokraten immer wieder als Wunderwaffe für das Weiße Haus bezeichnet, in der Bevölkerung genießt sie durchaus Beliebtheit. Sie ist Stilikone und erfolgreiche Karrierefrau, lebt von ihrer positiven Ausstrahlung und ihrer authentischen Art. Michelle Obama repräsentiert das genaue Gegenmodell zum unpopulären Joe Biden.

Michelle Obama als Präsidentin? Aktuell ist das nicht mehr als eine blühende Fantasie einiger Anhänger der Demokraten.

Michelle Obama als Präsidentin? Aktuell ist das nicht mehr als eine blühende Fantasie einiger Anhänger der Demokraten. (Archivbild)

Diesen hat sie im Gegensatz zu ihrem Mann im Wahlkampf nicht öffentlich unterstützt, laut US-Medien könnte ihr privater Ärger über den Umgang der Familie Biden mit ihrer engen Freundin Kathleen Buhle – der Ex-Frau von Hunter Biden – maßgeblicher Grund dafür sein.

Warum Michelle Obama als Kandidatin der Demokraten Utopie ist

Das Problem: Die 60-Jährige hat abgesehen von ihrer Rolle als First Lady nicht viel Erfahrung in der Politik. Fürsprecher hat sie dennoch. Während sich Demokraten einen Tag nach der Debatte mit öffentlichen Aussagen zu Biden zurückhalten, fordern bekannte Unterstützer der Demokratischen Partei eine schnelle Reaktion.

ESPN-Legende Stephen A. Smith, dem in den sozialen Medien mehrere Millionen Menschen folgen, bat Obama inständig, zu kandidieren. „Also, wollt ihr jetzt endlich aufhören, mit mir über Biden zu streiten??? Haben sich eure Befürchtungen jetzt bestätigt? @MichelleObama“, so Smith. „Bitte helft mir!“

Rapper Tyrese Gibson, dessen Beiträge ebenfalls einem Millionenpublikum angezeigt werden, äußerte sich auf X noch eindeutiger. Er teilte ein Bild der ehemaligen First Lady und schrieb: „Wir wissen genau, was zu tun ist......... jemand muss die First Lady Michelle Obama auf Leitung eins erreichen... wir wissen genau, was zu tun ist....“

Gewählter Joe Biden entscheidet wohl allein, ob an seiner Kandidatur zu rütteln ist

Gegen den Traum all jener Anhänger der Demokraten, Michelle Obama könne Joe Biden auf den letzten Metern im Präsidentschaftswahlkampf ersetzen, spricht die bisherige Haltung der vermeintlichen Heilsbringern. Diese nämlich hat offenkundig keine Ambitionen bezüglich einer Kandidatur.

In einer Erklärung gegenüber „NBC News“ stellte das Büro der ehemaligen First Lady bereits im März klar, dass ihre Pläne für 2024 keine Kandidatur vorsehen. „Wie die ehemalige First Lady Michelle Obama im Laufe der Jahre mehrfach zum Ausdruck gebracht hat, wird sie nicht für das Präsidentenamt kandidieren“, sagte Crystal Carson, Kommunikationsdirektorin ihres Büros.

Michelle Obama äußerte sich in der Vergangenheit mehrfach abwertend über aktiven Politik-Betrieb

„Politik ist hart“, sagte Obama zudem in einem Interview von Oprah Winfrey. „Und die Leute, die sich darauf einlassen ... man muss es wollen. Es muss in deiner Seele sein, weil es so wichtig ist. Es ist nicht in meiner Seele“, so Michelle Obama, die in der Vergangenheit den eigenen Gang in die aktive Politik wiederholt ausgeschlossen hatte.

Hoffnung könnten Anhänger von Michelle Obama aus einem im Januar veröffentlichten Podcast-Interview ziehen. Die Präsidentschaftswahlen im November verursachten bei ihr Ängste, die sie nachts wachhalten würden, gab die ehemalige First Lady dort an. Vielleicht könnte sie die Angst vor einer Trump-Regierung am Ende antreiben. Zunächst aber müssen sich die Demokraten einig werden, ob Joe Biden weiterhin ihr geeignetster Kandidat ist.

Eine Kandidatur von Obama ist – Stand jetzt – extrem unwahrscheinlich. Das liegt auch daran, dass mit Kamala Harris, dem kalifornischen Gouverneur Gavin Newsom, dem Verkehrsminister Pete Buttigieg oder der Gouverneurin von Michigan, Gretchen Whitmer, andere Kandidatinnen und Kandidaten bereitstünden. Dass es überhaupt einen oder eine Kandidat/in geben könnte, setzt einen möglichen Rückzug Joe Biden voraus. Den schloss der amtierende Präsident am Donnerstag nach dem TV-Duell noch kategorisch aus.