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„Kreml im Herzen Europas“Häme und Freude aus Russland und Ungarn nach Wahlen in Deutschland

Lesezeit 3 Minuten
Kremlchef Wladimir Putin (r.), begrüßt Viktor Orbán, Ministerpräsident von Ungarn, während eines Treffens in Moskau. Aus Russland und Ungarn kommen hämische Kommentare zu den Wahlergebnissen in Deutschland. (Archivbild)

Kremlchef Wladimir Putin (r.) begrüßt Viktor Orbán, Ministerpräsident von Ungarn, während eines Treffens in Moskau. Aus Russland und Ungarn kommen hämische Kommentare zu den Wahlergebnissen in Deutschland. (Archivbild)

Während Moskau und Budapest zufrieden mit den Wahlergebnissen in Deutschland scheinen, ist die Sorge in anderen Ländern groß.

Die Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen führen nicht nur in Deutschland zu deutlichen Reaktionen. Auch im Ausland beschäftigen die Wahlergebnisse aus Deutschland, wo erstmals seit der Nazi-Zeit wieder eine rechtsextreme Partei eine Landtagswahl gewinnen konnte, sowohl die Gazetten als auch die Politik.

In Russland stießen die guten Ergebnisse für die als russlandfreundlich geltende AfD und das Bündnis Sahra Wagenknecht auf reges Interesse. Die Meldung zu den Landtagswahlen in Deutschland rangierte am Montagmorgen in der Liste der meistgeklickten Inhalte auf der Webseite der russischen staatlichen Nachrichtenagentur Ria.

Freude über AfD und BSW und Häme für Olaf Scholz aus Russland

Der Sprecher der Staatsduma, Wjatscheslaw Wolodin, kommentierte zudem die Wahlergebnisse in seinem Telegram-Kanal – und verspottete dabei vor allem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Es sei angesichts der Entwicklungen in Sachsen und Thüringen nur schwer vorstellbar, dass Scholz und die Ampel-Regierung das Land noch ein weiteres Jahr führen könnten, so Wolodin.

„Die Wahlergebnisse haben gezeigt: Die Bürger der BRD wollen ihr Land nicht verlieren“, behauptete der russische Politiker und betonte die Erfolge von AfD und BSW. „Scholz hat sein Land in den Krieg in der Ukraine hineingezogen. Heute ist die BRD der wichtigste Waffenlieferant für das Kiewer Naziregime“, machte der Duma-Sprecher Deutschlands Unterstützung der Ukraine mitverantwortlich für die Wahlergebnisse im Osten.

Moskau erzählt erneut das Märchen vom „Nazi-Regime“ in Kiew

„All dies geschieht nicht nur vor dem Hintergrund wirtschaftlicher Stagnation, sondern auch einer ineffektiven Migrationspolitik“, behauptete Wolodin weiter. Der Verlust „billiger russischer Energieressourcen“ habe Deutschland „wettbewerbsunfähig“ gemacht.

Der Duma-Sprecher schlägt damit in die ohnehin bekannten Kerben, die aus Russland immer wieder bedient werden. Bereits in der Vergangenheit betonte Moskau stets, dass Deutschland einen erheblichen wirtschaftlichen Schaden durch seinen pro-ukrainischen Kurs erleiden würde. Auch die von Moskau frei erfundene Behauptung, in Kiew sei ein „Nazi-Regime“ an der Macht, kommt seit Kriegsbeginn immer wieder aus Moskau. Mit der Realität hat diese Behauptung nichts zu tun.

Ungarn spottet: „Keine Migration, kein Gender, kein Krieg“

Ähnliche Worte kamen am Montag unterdessen auch aus Ungarn. Das Land gilt als treuster Unterstützer Wladimir Putins innerhalb der EU – und befindet sich im Dauerstreit mit anderen europäischen Staaten über den Umgang mit Russlands Vernichtungskrieg gegen die Ukraine. Dementsprechend fallen die Kommentare aus Budapest aus.

„Die deutschen Bundesländer haben eine klare Botschaft an Brüssel und Berlin gesendet: keine Migration, kein Gender, kein Krieg“, schrieb der ungarische Regierungsberater Balasz Orban am Sonntagabend auf der Plattform X.

Wahlen in Thüringen und Sachsen: „Alle anderen stimmten für den Wandel“

„Die Kräfte, die Deutschland in einer Koalition für Krieg, Migration und Geschlechterfragen regieren, erhielten insgesamt 15 Prozent der Stimmen. Alle anderen stimmten für den Wandel“, führte Orban aus. Es gebe keine Trennung mehr zwischen Rechts und Links, sondern nur noch zwischen „denen, die für nationale Interessen kämpfen und denen, die ausländischen Interessen dienen“, behauptete der Ungar.

Abseits von Ungarn und Russland herrschte im Ausland angesichts der Wahlergebnisse in Deutschland derweil eher Besorgnis. Die Etablierung der AfD werfe „ernste und beunruhigende Fragen über die politische Identität Deutschlands auf“, befand der britische „Guardian“.

Besorgnis im Ausland: „Kreml hat jetzt Wortführer im Herzen Europas“

Mit den Erfolgen von AfD und BSW im Osten sehe „Wladimir Putin seine fünfte Kolonne im Osten Deutschlands gestärkt“, erklärte unterdessen die italienische Zeitung „Stampa“. Auch die Tageszeitung „La Repubblica“ nahm die Russlandnähe der großen Wahlgewinner in Deutschland ins Visier. „Der Keim des Putinismus wächst sogar in strukturierten Ländern mit einer soliden demokratischen Tradition“, hieß es in einem Kommentar. „Der Kreml hat jetzt seine Wortführer im Herzen Europas.“

Die amerikanische „New York Times“ verschickte derweil am Sonntagabend eine Eilmeldung zu den Landtagswahlen in Deutschland. „Die extreme Rechte ist auf dem besten Weg, zum ersten Mal seit der Nazizeit eine Landtagswahl in Deutschland zu gewinnen“, lautete die deutlich formulierte Mitteilung der US-Zeitung.