Zu Wochenbeginn überschlagen sich in Kiew die Ereignisse. Ist Saluschnyjs Entlassung nur verschoben? Ein Top-Spion könnte folgen.
Spekulationen in Kiew, Häme aus MoskauMachtkampf in der Ukraine – feuert Selenskyj seinen Armeechef?
Vor dem Hintergrund der Spekulationen über eine angeblich bevorstehende Entlassung des ukrainischen Armeechefs Walerij Saluschnyj hat Moskau mit Häme reagiert. „Eine Sache ist offensichtlich: Das Regime in Kiew hat viele Probleme, es läuft nicht gut dort“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Mittwoch in Moskau. Angesichts des „Scheiterns“ der ukrainischen Gegenoffensive und den Problemen an der Front gebe es zunehmende Widersprüche zwischen den zivilen und militärischen Repräsentanten in Kiew.
Zwischen dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und seinem Oberbefehlshaber Saluschnyj gibt es seit Wochen Spannungen. Zuletzt gab es am Montagabend eine ganze Reihe von Online-Veröffentlichungen und dann auch Veröffentlichungen in den ukrainischen Medien über eine Entlassung des Generals. In Russland läuft seitdem die Propaganda-Maschine heiß. Die großen Medien beschäftigen sich ausführlich mit den Gerüchten aus Kiew.
Spannungen zwischen Wolodymyr Selenskyj und Walerij Saluschnyj
Nach manchen Spekulationen sollte Saluschnyj, der 2021 einige Monate vor dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine zum Oberbefehlshaber der ukrainischen Armee ernannt worden war, durch den Chef des Militärgeheimdienstes, Kyrylo Budanow, oder Heereskommandeur Oleksandr Syrsky ersetzt werden. Beide sollen zu Präsident Selenskyj ein besseres Verhältnis haben als Saluschnyj.
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Insbesondere Budanow ist zudem auch in der Bevölkerung populär. Sein Geheimdienst HUR war an einigen wichtigen ukrainischen Militäroperation beteiligt, wie zum Beispiel der Zerstörung des Hauptquartiers der russischen Schwarzmeerflotte in Sewastopol. Noch am Dienstag gab der Geheimdienst derweil bekannt, die Server des russischen Verteidigungsministeriums lahmgelegt zu haben.
Kiew weist Berichte über Entlassung von Saluschnyj zurück
Das ukrainische Präsidialamt hatte die zahlreichen Berichte über eine Entlassung von Saluschnyj am Montag schließlich zurückgewiesen. Der Armeechef genießt in der Ukraine Umfragen zufolge eine Zustimmung von 92 Prozent, Präsident Selenskyj erreichte zuletzt Zustimmungswerte von 77 Prozent. Mehr als zwei Drittel würden den Umfragen aus dem Dezember zufolge ein Entlassung Saluschnyjs ablehnen.
Mehrere ukrainische Medien hatten berichtet, Selenskyj habe am Montag Saluschnyj empfangen und ihm seinen Entschluss mitgeteilt, ihn zu entlassen. Der Präsident habe ihm einen Posten als Botschafter oder Berater angeboten, was der Armeechef aber abgelehnt habe. Nach Angaben hochrangiger ukrainischer Kreise wirft Selenskyj seinem Oberbefehlshaber der Armee seit Monaten vor, dass es für die Ukraine an der Front gegen Russland nicht wirklich vorwärtsgeht.
Machtkampf in Kiew: Selenskyj widerspricht seinem Armeechef
Im November hatte Selenskyj seinem Oberbefehlshaber öffentlich widersprochen. Bei einer Pressekonferenz zusammen mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in Kiew wies er die Aussage Saluschnyjs zurück, es gebe an der Front eine „Pattsituation“.
Saluschnyj hatte zuvor gesagt, es gebe entlang der Frontlinie einen Abnutzungs- und Stellungskrieg. „Wie im Ersten Weltkrieg haben wir ein technologisches Niveau erreicht, das uns in eine Pattsituation bringt“, sagte der General. Es werde „sehr wahrscheinlich“ keinen „tiefen“ Durchbruch geben, so der General, der allerdings auch darauf hinwies, dass weitere westliche Waffenlieferungen die Lage ändern könnten.
Entlassung Saluschnyjs wohl nur noch eine Frage der Zeit
Nach Ansicht des Politik-Analysten Wolodymyr Fesenko ist es nur eine Frage der Zeit, bis Saluschnyj doch noch entlassen wird. Auch bei der „Financial Times“ geht man davon aus, dass die Entlassung von Saluschnyj lediglich verschoben worden sei und beruft sich dabei auf Quellen in Kiew.
Nach Angaben des ukrainischen Dienstes des Senders „BBC“ könnte Selenskyj die Entlassung seines Armeechefs jedoch aufgrund des Widerstands westlicher Verbündeter und aus Sorge über die Reaktion der Öffentlichkeit zunächst verschieben.
„Saluschnyj erfreut sich sowohl beim Militär als auch bei der Bevölkerung der Ukraine großer Beliebtheit und Vertrauen“, kommentierte der ehemalige ukrainische Wirtschaftsminister Tymofij Mylowanow die Posse im sozialen Netzwerk X (vormals Twitter). Eine Entlassung Saluschnyjs könnte sich „in einem kritischen Moment des Krieges negativ auf die Moral der Armee auswirken“ und „westliche Partner“ verunsichern. „Allerdings habe ich persönlich sehr gemischte Meinungen darüber gehört, wie weit verbreitet diese Unterstützung ist“, fügte Mylowanow an. (mit afp)