Die Botschaften aus Moskau zeigen, dass der Krieg „nicht aufhören“ soll. Während Putin die Front verschieben will, beleidigt Medwedew Tokio.
Moskau beschimpft nun auch Japan„Russland ist auferstanden“ – Putin will neue Eroberungen und langen Krieg
Der russische Diktator Wladimir Putin will weitere Gebiete der Ukraine erobern. Die „entmilitarisierte Zone“ in dem von Russland völkerrechtswidrig überfallenen Nachbarland müsse so weit ausgedehnt werden, dass „friedliche russische Städte“ von ukrainischen Angriffen geschützt seien, erklärte der Kremlchef der staatlichen Nachrichtenagentur Ria zufolge am Mittwoch bei einer Wahlkampfveranstaltung.
Die Frontline müsse so weit verschoben werden, dass „Langstrecken-Kanonen ausländischer Herstellung“ von der Ukraine nicht mehr gegen russische Städte eingesetzt werden können, forderte Putin. Die ukrainischen Streitkräfte hatten zuletzt erfolgreich Ziele in der russischen Grenzregion Belgorod beschossen.
Wladimir Putin: „Das historische Russland ist auferstanden“
Bei der Wahlkampfveranstaltung erklärte Putin zudem, „das historische Russland“ sei im Krieg gegen die Ukraine „auferstanden“. Die Ankündigung neuer Eroberungen folgte auf bedrohliche Äußerungen gegenüber den Staaten im Baltikum. Zuletzt hatte der Kremlchef den von Moskau erfundenen Vorwurf, in der Ukraine sei ein „Nazi-Regime“ an der Macht, auch auf das Baltikum ausgedehnt und den Umgang mit der russischsprachigen Bevölkerung in den ehemaligen Sowjetländern mit drohenden Worten kritisiert.
Sowohl das Narrativ von „Nazis“, die von Russland bekämpft werden müssten, als auch der angeblich notwendige Schutz der russischsprachigen Bevölkerung dienten Moskau stets als Begründungen für seinen Angriff auf die Ukraine. Immer wieder bekräftigte der Kreml derartige Vorwürfe und rechtfertige so weitere Eskalationen.
Klare Botschaft aus Moskau: „Krieg wird nach der Ukraine nicht aufhören“
Nicht nur die Worte von Kremlchef Putin deuten unterdessen darauf hin, dass man sich in Moskau für einen lange andauernden Krieg rüstet. Auch der Chef des russischen Sicherheitsrats, der alle Moskauer Geheimdienste kontrolliert, forderte zuletzt dazu auf, sich für einen langen Krieg „mit dem Westen“ zu rüsten.
„Die Angelsachsen führen einen Stellvertreterkrieg gegen Russland, und der Krieg wird auch nach dem Ende der heißen Phase des Konflikts in der Ukraine nicht aufhören“, erklärte Nikolai Patruschew zu Wochenbeginn bei einem Besuch einer St. Petersburger Hochschule. „Der Feind ist wiederholt mit Feuer und Schwert in unser Land gekommen“, führte Patruschew der italienischen „La Stampa“ zufolge aus – und warf den USA, der Nato und „ihren Satelliten“ vor, einen Krieg gegen das „russische Volk“ zu führen.
Blanke Wut auf Tokio: „Gefühle der Japaner sind uns völlig egal“
Aggressive Worte kamen am Dienstag unterdessen auch von Patruschews Stellvertreter, dem ehemaligen russischen Präsidenten Dmitri Medwedew, der sich wie so oft seit Kriegsbeginn mit einem weiteren verbalen Tiefschlag zu Wort meldete – und dabei Japan beschimpfte. Tokio hatte zuvor angekündigt, die Sanktionen gegen Russland aufrechterhalten zu wollen, aber auch Interesse an einer Einigung über den Status der Kurilen zu haben.
Die Zugehörigkeit der Inselgruppe, die zwischen der russischen Halbinsel Kamtschatka und der japanischen Insel Hokkaido liegt, ist umstritten. Sie wird von Russland beansprucht, ein formales Abkommen darüber besteht zwischen Japan und Russland allerdings seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs nicht. Tokio fordert bereits lange die Rückgabe einiger der Inseln.
Die „Territorialfrage ist ein für alle Mal gelöst“, polterte Medwedew nun im sozialen Netzwerk X (vormals Twitter). „Die Gefühle der Japaner sind uns völlig egal“, fügte Medwedew an, verstieg sich zu noch vulgäreren Worten und behauptete schließlich, Japan würde „Amerikaner küssen, nachdem sie Hiroshima und Nagasaki völlig vergessen haben“.
China sichert Russland Unterstützung in „Ukraine-Frage“ zu
Während Moskau in Richtung Tokio aggressive Töne spuckte, bekam Putin Zuspruch aus Peking. China werde Russland in der „Ukraine-Frage“ trotz westlichen Drucks weiterhin unterstützen, versicherte Verteidigungsminister Dong Jun bei einer Videokonferenz mit seinem russischen Gegenüber, Sergei Schoigu, laut Ria. „Als die beiden wichtigsten Mächte der Welt sollten wir entschlossen auf globale Herausforderungen reagieren“, fügte Dong Jun an. Schoigu erklärte laut der „South China Morning Post“ derweil, die beiden Länder strebten eine „umfassende militärische Zusammenarbeit an“.
Die eindeutigen Botschaften aus Russland folgen auf Warnungen aus mehreren Nato-Staaten. So hatten zuletzt sowohl der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius, als auch der norwegische Oberbefehlshaber sowie ein Nato-General vor einem drohenden russischen Angriff auf ein Nato-Land in den kommenden Jahren gewarnt.
Sacharow-Preisträgerin Marwijtschuk: „Putin braucht den Frieden nicht“
Experten für internationale Politik wie der Kölner Professor Thomas Jäger sehen in Putins Ausdehnung der „Nazi-Vorwürfe“ und den Drohungen gegenüber dem Baltikum ein „bekanntes Drehbuch“. Russlands Kriegspläne gingen über die Ukraine hinaus, erklärte Jäger kürzlich im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.
Am Mittwoch warnte auch die ukrainische Menschenrechtsaktivistin und Friedensnobelpreisträgerin Oleksandra Matwijtschuk: „Putin braucht den Frieden nicht.“ Solange es besetzte Gebiete gebe, könne es keinen Frieden mit Russland geben. „Putin will das russische Reich wiederherstellen, das bedeutet, wir haben keine andere Möglichkeit, um ihn zu stoppen, als Stärke zu zeigen“, sagte Matwijtschuk dem ZDF.