Erst nächstes Jahr will Ministerin Feller (CDU) wieder eine Statistik zum Unterrichtsausfall erheben. Die SPD drängt zu mehr Tempo.
„Bildungskatastrophe“Bildungsministerin scharf kritisiert: Millionen Schulstunden fallen in NRW aus
Der Unterrichtsausfall stellt Eltern mitunter täglich vor Probleme und sorgt für erheblichen Unmut. Mögen sich Schülerinnen und Schüler freuen, wenn die Mathe- oder Deutschstunde mit dem Vermerk „Entfall“ versehen wird – in den Familien muss oft Hals über Kopf Betreuung organisiert werden, und diese Aufgabe treibt nach wie vor besonders berufstätige Mütter zur Verzweiflung.
Unterrichtsausfall in NRW: Auskunft der Bildungsministerin sorgt für Unmut
Damit die Schulen, aber auch die Politik auf verlässliche Daten zurückgreifen können, um das Problem in den Griff zu bekommen, wird die Unterrichtsstatistik, kurz „UntSta“, geführt. Während der Corona-Pandemie mit flächendeckenden Schulschließungen erübrigte es sich über Monate hinweg, überhaupt zu zählen.
Doch auch ab dem Zeitpunkt, als wieder Lernen in Präsenz erlaubt war, verzichtete die damalige Bildungsministerin Yvonne Gebauer (FDP) auf die „UntSta“, um die Schulen zu entlasten – diese hatten unter anderem mit der Testpflicht bereits genug zusätzliche Aufgaben zu stemmen.
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Nun sorgt die Auskunft von Gebauers Nachfolgerin Dorothee Feller (CDU) für Ärger, die Statistik nicht sofort, sondern erst mit Beginn des Schuljahres 2023/24 wieder aufzunehmen.
Feller verweist in einer Antwort auf eine Anfrage der SPD auf den Bericht der Landesregierung vom 14. September 2022, nach dem die Statistik ausgesetzt werde. Dazu gebe es keinen neuen Sachstand. Das Thema soll am kommenden Mittwoch Gegenstand der Diskussionen im Schulausschuss sein.
Die schulpolitische Sprecherin der SPD wirft der Bildungsministerin nun ein Agieren im „Blindflug“ und „Behäbigkeit“ vor. „Spätestens seitdem mit der letzten IQB-Studie klar ist, wie groß die Bildungskatastrophe in NRW tatsächlich ist, und wie viele Lehrkräfte an unseren Schulen fehlen, hätte sie sofort umsteuern müssen“, kritisiert Engin.
Fehlende Lehrerstellen in NRW: Bedarf in Mathematik ist groß
In NRW waren im vergangenen Dezember nach Auskunft des Bildungsministeriums 8047 Lehrerstellen unbesetzt - bei 165.070 zur Verfügung stehenden Stellen. Der Bedarf sei vor allem für das Fach Mathematik groß, aber auch für Kunst, Physik, Musik, Informatik und Technik an den allgemeinbildenden Schulen der Sekundarstufe I und II, so das Ministerium.
An den berufsbildenden Schulen werden Lehrerinnen und Lehrer in den Fachrichtungen Elektrotechnik, Maschinenbau, KFZ-Technik, Bautechnik, Chemietechnik, Hauswirtschaft- und Ernährungstechnik oder auch Sozialpädagogik gesucht.
Konkrete Zahlen liegen aus der Zeit vor der Pandemie vor. Im Schuljahr 2018/19 fielen insgesamt 5,3 Prozent der Stunden aus. Ersatzlos gestrichen wurden davon 3,9 Prozent. 1,4 Prozent des Ausfalls konnte mit eigenverantwortlichem Arbeiten (EVA) kompensiert werden. Für das Schuljahr 2019/20 liegen Zahlen nur für das erste Halbjahr vor, dann wurde die Erhebung bis zum heutigen Zeitpunkt ausgesetzt.
Unterrichtsausfall: Im Schuljahr 2018/2019 sind mehr als drei Millionen Stunden ausgefallen
Demnach fielen im ersten Halbjahr 5,1 Prozent der Stunden aus, davon 3,6 Prozent ersatzlos. In absoluten Zahlen gemessen fielen an den Schulen in NRW im ersten Halbjahr 2019/20 gut 1,46 Millionen Stunden aus, während es im gesamten Schuljahr 2018/19 fast 3,3 Millionen Stunden waren. Seit 2018 müssen alle Schulen die ausgefallenen Stunden kontinuierlich digital dokumentieren.
Für den SPD-Bildungspolitiker Jochen Ott belegt die Statistik eine ungleiche Belastung der verschiedenen Schulformen. So seien Schulen in benachteiligten Vierteln vom Unterrichtsausfall stärker betroffen als andere.
Das gelte vor allem für Haupt-, Real- und Gesamtschulen, die auch insgesamt auf Landesebene jedes Jahr einen weitaus höheren Ausfall an Schulstunden zu verkraften hätten als Gymnasien. Stark betroffen sind aber auch die Grundschulen. Die Erhebung sei ein Indiz dafür, dass umgehend ein echter schulscharfer Sozialindex gebraucht werde, so Ott.
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