- Die NRW-SPD erwägt offenbar die Möglichkeit einer Doppelspitze – dies könnte sich beim Parteitag im November bewahrheiten.
- Neben dem Vositzenden Sebastian Hartmann, könnte auch SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty über eine Kandidatur nachdenken.
- Unterdessen feiern die Grünen ihr Ergebnis der Stichwahl als historischen Erfolg.
Düsseldorf – Die NRW-SPD kommt trotz der Erfolge bei den Stichwahlen in Dortmund und Hamm nicht zur Ruhe. Wie SPD-Chef Sebastian Hartmann am Montag in Düsseldorf bestätigte, wollen sich die Sozialdemokraten beim Parteitag im November durch eine Satzungsänderung für eine Doppelspitze öffnen. In der Bundes-SPD hätten die Parteichefs Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans zusammen mit Kanzlerkandidat Olaf Scholz „ein Signal der Stärke und Einheit gesetzt“. Hartmann steht nach eigenem Bekunden für eine weitere Amtszeit zur Verfügung.
Die Stichwahlen in NRW hätten nach den Worten Hartmanns „ein durchmischtes Bild“ für seine Partei ergeben. Die SPD habe zwar wichtige Städte wie Dortmund und Gelsenkirchen halten können und Städte wie Hamm und Mönchengladbach aus dem Stand gewonnen. Allerdings habe die SPD auch Niederlagen erlitten, Mandate abgeben müssen und die Oberbürgermeister-Posten in der Landeshauptstadt Düsseldorf sowie Wuppertal verloren. „Wir wollen aus Fehlern lernen und den Wahlsiegern zuhören“, sagte Hartmann vor Journalisten in der Landeshauptstadt. Der NRW-SPD-Chef appellierte auch an die Geschlossenheit der Partei im mitgliederstärksten Landesverband der Sozialdemokraten. „Wir schulden den Wahlkämpfern die Einheit der Partei.“
Auch Kutschaty erwägt Kandidatur
Unterdessen verdichten sich Hinweise, dass auch SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty eine Kandidatur für den Parteivorsitz erwägt. „Wenn er eine Spitzenkandidatur bei der Landtagswahl 2022 anstrebt, muss er jetzt springen“, sagte ein Mitglied des Landesvorstands unserer Zeitung. Im Hintergrund bemühe man sich derzeit, eine einvernehmliche Teamlösung auszuloten und Hartmann „ins Boot zu holen“, hieß es aus gut informierten Kreisen. Eine Option sei, den Bundestagsabgeordneten aus Bornheim im Falle eines freiwilligen Verzichts zugunsten von Kutschaty mit einem guten Listenplatz bei der nächsten Bundestagswahl zu belohnen.
Allerdings gibt es in der SPD-Landesgruppe im Bundestag offenbar Vorbehalte gegen Hartmann und Kutschaty. Dort ist zu vernehmen, keiner von beiden sei für eine Spitzenkandidatur in NRW geeignet. In Berlin favorisieren viele einen „dritten Weg“. Dieser könnte darin bestehen, die bisherige Bundesumweltministerin Svenja Schulze nach NRW zurück zu locken. Die Politikerin aus Münster müsste sich dann allerdings schon vor Ablauf ihrer Amtszeit im nächsten Jahr um einen Landtagswahlkreis in NRW bewerben – ein Schritt, der der SPD im Bundestagswahlkampf nicht gerade helfen würde.
Hartmann bleibt „gelassen“
Wie zu erfahren war, wurde bei der Sitzung des SPD-Landesvorstands am Montagabend das ursprüngliche geplante Votum für Hartmann als NRW- Parteichef von der Tagesordnung genommen. Es gelte zunächst, das Wahlergebnis zu analysieren, hieß es. Hartmann betonte, er bleibe angesichts der Diskussionen in der SPD um seine Person „gelassen“. Wenn ein anderer Eindruck entstehe, hänge das vielleicht damit zusammen, dass seine einjährige Tochter derzeit Zähne bekomme und die Nächte für ihn als Vater deshalb kürzer seien als sonst.
Die Grünen feierten die Ergebnisse der Stichwahl als historischen Erfolg. Daran konnte auch der Wermutstropfen nichts ändern, dass der schwarz-grüne Pakt in Dortmund gegen die SPD überraschend scheiterte. Die Grünen führen jetzt 13 Städte und Gemeinden an, darunter Aachen, Bonn und Wuppertal. Grüne seien nicht mehr „das Anhängsel einer anderen Partei“, sagte Co-Landeschef Felix Banaszak. „Es gibt keine Rot-Grünen oder Schwarz-Grünen, sondern es gibt Grüne, die dafür antreten, grüne Politik umzusetzen.“ Bei der Bundestagswahl im kommenden Jahr und der NRW-Landtagswahl 2022 will die Partei jetzt versuchen, „so stark wie möglich zu werden“.
Kopfzerbrechen bei der FDP
Der Höhenflug der Grünen wurde offenbar dadurch ermöglicht, dass die Themen Klimaschutz und Verkehrswende auch von der Corona-Pandemie nicht überlagert wurden. Der Zuwachs der Grünen sollte vor allem der FDP Kopfzerbrechen bereiten. Die Liberalen hätten ihren Platz im Parteiensystem „durch allerlei Fehler in Vergangenheit und Gegenwart“ an die Grünen abgegeben und zudem ein Problem mit ihrer Parteistruktur, urteilt der Kölner Politikwissenschaftler Thomas Jäger. „Während bei den Grünen über 40 Prozent Frauen engagiert sind, sind es bei der FDP gerade mal 22 Prozent. Und ihr Führungspersonal trägt nicht dazu bei, dies zu ändern“, sagte er. Die Grünen hätten „den Zeitgeist im Rücken“ und böten sich unterschiedlichen Parteien als Partner an: „Das beschreibt im deutschen Parteiensystem gerade die Mitte“, so der Wissenschaftler. In Köln hatten die Liberalen versäumt, einen eigenen Spitzenkandidaten aufzustellen.
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NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) zeigte sich unterdessen zufrieden mit den Wahlergebnissen der Stichwahl. Er setzt darauf, dass der Wahlsieg des Kölner Stadtdirektors Stephan Keller in Düsseldorf seine Kandidatur für den Bundesvorsitz beflügelt. Der Erfolg in der Landeshauptstadt habe gezeigt, dass die CDU „großstadtfähig“ sei. Politik-Professor Jäger wies darauf hin, die Verkehrspolitik habe wohl eine ausschlaggebende Rolle für den Erfolg von Keller gespielt. „Schon die letzte rot-grüne Landesregierung musste erfahren, dass sich der Ärger über lange Staus auf den Autobahnen als Unzufriedenheit mit der Landesregierung am Wahltag Luft verschaffte“, sagte er. Dies habe auch Laschet ins Amt des Ministerpräsidenten gebracht. Ob die Ideen von Keller hinsichtlich des Verkehrsmanagements wirklich besser seien, müsse die Zukunft zeigen.