Köln/Freiburg – Viele junge Menschen nutzen ihre freie Zeit nach dem Schulabschluss oder während der Semesterferien für soziales Engagement. Elefanten pflegen in Thailand, Regenwald schützen in Costa Rica, Englisch unterrichten in Äthiopien. Viele Einrichtungen wie Tierheime, Suppenküchen und Flüchtlingscamps sind auf die ehrenamtliche Hilfe angewiesen. Die Nachfrage ist groß.
Kurze Auslandsaufenthalte liegen im Trend
Doch viele junge Menschen sind nicht mehr bereit, sich für einen Freiwilligendienst ein halbes oder ganzes Jahr frei zunehmen - aus Angst, es könne dem Lebenslauf schaden. Auslandserfahrung mit sozialem Engagement wird aber gern gesehen. Daher liegen kurze Auslandsaufenthalte von zwei Wochen bis drei Monaten im Trend. Das heißt Voluntourismus, die Verbindung von Freiwilligenarbeit und Tourismus. Reiseveranstalter bieten Karma-Ferien im Paket an: Arbeit, Party, Ausflüge.
Denn wenn die Ehrenamtler tausende Euro für ihr Engagement zahlen, möchten sie auch etwas zurückbekommen – statt Mitarbeiter sind sie Kunden.
„Je kürzer der Einsatz ist, desto mehr steht der Tourismus im Vordergrund und somit die Jugendlichen selbst und nicht die Projekte," erklärt Benjamin Haas, der an der Universität Köln zum Freiwilligendienst im Ausland forscht. Von 8.00 bis 13.00 Uhr wird gearbeitet, der Nachmittag ist frei. Da können die Helfer sonnenbaden, Städte erkunden, surfen.
Projekte mit Kindern besonders beliebt
Besonders beliebt ist die Arbeit mit Kindern, etwa in Waisenhäusern. Davor warnt Dorothea Czarnecki, stellvertretende Geschäftsführerin bei ECPAT Deutschland, der Arbeitsgemeinschaft zum Schutz der Kinder vor sexueller Ausbeutung. „Meist haben die Kinder in vielen Ländern noch Angehörige und werden mit dem Versprechen auf Bildung und ein besseres Leben aus ihren Familien gelockt", berichtet sie. „Voluntourismus kann somit unbeabsichtigt Korruption und Kinderhandel fördern." Die Nachfrage ist so groß, dass in Ländern wie Ghana und Kambodscha Pseudo-Waisenhäuser entstanden sind.
„Kinder sind überall ein heikles Thema. Bei uns darf auch nicht jeder einfach eine Klasse übernehmen oder eine Kita-Gruppe betreuen", sagt Nina Sahdeva vom Arbeitskreis Tourismus und Entwicklung. „Woanders geht das einfach und ohne Kontrollen, das ist fragwürdig." Die Organisation fordert Kontrollen der Regierung. „Beim dauernden Wechsel der Bezugspersonen erleben die Kinder immer wieder Verluste und entwickeln ein ungesundes Bindungsverhalten. Daher sollen auch qualifizierte Freiwillige nicht unter sechs Monaten in Projekte mit Kindern vermittelt werden", sagt Sahdeva.
Längere Aufenthalte bringen mehr
Aber auch bei anderen Projekten wie im Umweltschutz oder der Tierpflege ist ein längerer Aufenthalt ratsam. „So kann man die Sprache lernen, Land und Leute ausreichend kennenlernen und dadurch viel mehr mitnehmen", sagt Haas. Das bringt allein Seiten mehr: „Es ist ein vollkommen anderes Land mit einer anderen Kultur. Die Jugendlichen sind da erst einmal mit sich selbst beschäftigt und können am Anfang noch gar nicht so viel geben."
Und wie nachhaltig ist die Hilfe der Voluntouristen? In zwei Wochen kann man nicht viel bewirken, deswegen sind für kurze Einsätze besonders Projekte geeignet, bei denen die Freiwilligen ohne spezielle Vorerfahrungen direkt mitarbeiten können. Denn auf einen Voluntourismus-Einsatz werden sie in der Regel nicht vorbereitet. Diese Projekte wären zum Beispiel Wale beobachten, Vogelpopulationen zählen oder bei einer Ernte mithelfen.
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„Das macht vor allem dann Sinn, wenn man ohnehin vor Ort ist oder einen längeren Aufenthalt plant. Extra den Jet für einen Voluntourismus-Einsatz zu nehmen, wäre hingegen wenig nachhaltig", sagt Sahdeva. „Einen Langstreckenflug zu unternehmen, um dann im Regenwald ein Umweltprojekt zu unterstützen, ist absurd." (dpa/tmn)