EurowingsWeniger Handgepäck an Bord soll Verspätungen reduzieren – bringt das was?
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Köln – Häufige Verspätungen, unzufriedene Kunden, zahlreiche Beschwerden: 2018 war für Eurowings eher kein gutes Jahr. Um es 2019 besser zu machen, hat die Fluggesellschaft verschiedene Maßnahmen eingeleitet. Zwei davon wirken sich direkt auf Passagiere aus – zumindest am Flughafen Köln/Bonn, wo sie seit dem 6. März getestet werden. Fluggäste werden dort aktiv dazu aufgefordert, Bordkoffer vor dem Flug aufzugeben. Außerdem werden sie künftig in zwei Boarding-Gruppen eingeteilt.
Handgepäck in der Kabine führt zu Verspätungen
Die Gründe für die vielen Verspätungen in der Vergangenheit sind vielschichtig. Personalmangel bei den europäischen Flugsicherungen und Kapazitätsprobleme auf Flughäfen gehören mit Sicherheit zu den größten Herausforderungen. Aber auch das Handgepäck soll eine nicht unerhebliche Rolle bei den Flugverspätungen spielen, wie Eurowings festgestellt hat. Verzögerungen entstünden vor allem dann, wenn viele Passagiere große Handgepäckstücke wie Trolleys mit an Bord nehmen wollen. Das ist gerade bei Kurzstreckenflügen der Fall, auf denen die meisten Fluggäste nur mit Handgepäck unterwegs sind. Bis das Handgepäck verstaut und der Sitzplatz eingenommen wird, könne sich das Boarding um bis zu zehn Minuten länger hinauszögern als geplant.
Dazu kommt: In den Ablagefächern an Bord ist begrenzt Platz für Handgepäck. Nur 60 Trolleys passten an Bord einer Maschine, erklärt Michael Klee, Senior Vice President Commercial von Eurowings, bei 180 Passagieren könnte also nur ein Drittel ihren Koffer mit in die Kabine nehmen. Überzähliges Handgepäck werde eingesammelt, gelabelt und direkt am Gate verladen. Auch Gepäckstücke, die nicht den Regeln entsprechen oder in dem vom Passagier gebuchten Tarif nicht enthalten sind, würden nun am Gate abgenommen.
Passagiere werden per SMS aufgefordert, ihre Koffer kostenlos aufzugeben
Hier setzt eine der neuen Maßnahmen an: Seit März werden Passagiere im Vorfeld per SMS oder E-Mail darauf hingewiesen, auf großes Handgepäck in der Kabine möglichst zu verzichten. Stattdessen sollen die Trolleys kostenlos im Vorfeld am Check-In-Schalter abgegeben werden. Das soll Zeit sparen und man will die Passagiere so „für die Einhaltung der Handgepäckregeln sensibilisieren“, wie die Eurowings-Sprecherin mitteilt.
Harry Jäger von der Unabhängigen Flugbegleiter Organisation – kurz UFO – hält die von Eurowings ergriffenen Maßnahmen für potentiell zielführend. Gegenüber unserer Zeitung sagt er: „Es ist tatsächlich so, dass das Vorgehen geeignet sein könnte, um das Boarding zu beschleunigen. Dass viel Handgepäck ein Grund für Verspätungen ist, ist bekannt. Daher sind die Maßnahmen, die darauf abzielen, das Handgepäck möglichst gering zu halten, geeignet.“
Wer sicher einen Koffer mit an Bord nehmen will, muss mehr bezahlen
Eine weitere Neuerung finden die Passagiere direkt auf ihrem Boarding-Pass. Dort werden Passagiere seit März in Gruppe 1 und Gruppe 2 eingeteilt. Laura Karsten erklärt dazu: „Zu Gruppe 1 zählen unsere Statuskunden und Passagiere, die ein Ticket der 'Bizclass' oder den ‚Smart-Tarif‘ gebucht haben“. Alle anderen Passagiere, also die, die ein Ticket im günstigsten Basic-Tarif gebucht haben, sind in Gruppe 2 und boarden danach. Karsten erklärt, was Eurowings mit dieser Maßnahme erreichen möchte: „Mit dem Boarding in zwei Gruppen beschleunigen wir den Einsteigevorgang.“
Das bestätigt auch Luftfahrtexperte Heinrich Großbongardt: „Ja, das entzerrt den Einsteigevorgang. Wenn man die Anzahl der Passagiere reduziert und aufteilt, wird das Boarding insgesamt beschleunigt. Je mehr Personen stehen und sich im Gang aufhalten, desto größer ist das Chaos.“
Das bedeutet aber auch: Wer zuerst das Flugzeug betritt, kann sein Handgepäck eher mitnehmen als die, die erst später einsteigen. Denn, wenn der Flieger voll ist, wird jedes Handgepäck am Gate abgenommen und muss im Frachtraum mitfliegen. „Wir priorisieren entsprechend unserer Tarifstruktur“, erklärt Karsten. Wer sichergehen möchte, dass das Handgepäck in der Kabine mitreist – etwa weil man am Zielflughafen schnell weiter und nicht am Gepäckband warten möchte – muss jetzt einen teureren Tarif buchen. (sar)