Köln/Berlin – Für vollständig Geimpfte und Genesene sollen die Corona-Regeln ab dem Wochenende gelockert werden. Eine entsprechende Verordnung der Bundesregierung soll am Freitag den Bundestag und den Bundesrat passieren. In Nordrhein-Westfalen sind Geimpfte und Genesene bereits seit Montag negativ auf Sars-CoV-2 Getesteten gleichgestellt. Ein Überblick über die Beschlüsse und den Stand der Impfungen in NRW:
Was gilt in NRW?
Die NRW-Regierung hat seit dem 3. Mai die Testpflicht für vollständig geimpfte und von Covid-19-genesene Personen aufgehoben. Als Faustregel bedeutet das, dass Geimpfte und Genesene überall dort, wo der Zutritt zuvor nur mit einem negativen Schnelltest erlaubt war, auch ohne Test eingelassen werden können. Das sind zum Beispiel Geschäfte oder körpernahe Dienstleistungen wie Friseure.
Was will der Bund beschließen?
Auch auf Bundesebene ist die Gleichstellung von Geimpften und Genesenen mit negativ-Getesteten vorgesehen. Zusätzlich sollen Geimpfte und Genesene von Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen befreit werden. Sie können sich dann wieder ohne Beschränkungen treffen „weil von ihnen für das Infektionsgeschehen keine Gefahr mehr ausgeht“, sagte NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) am Mittwoch. „Bei Besuchen zum Beispiel in der Familie werden Geimpfte und Genesene nicht mehr mitgezählt.“
Das sei vor allem für Großeltern und Urgroßeltern „sehr schön. Diese Gruppe ist ja sehr stark geimpft“. Von der Maskenpflicht und der Einhaltung der Abstandsregeln sind auch Genesene und Geimpfte nicht befreit.
Wer gilt als „vollständig geimpft“?
In der Corona-Schutzverordnung des Landes NRW werden drei Kriterien genannt, die bestimmen, ob jemand als vollständig geimpft gilt.
Erstens muss die Person bereits beide Impfdosen erhalten haben. Zweitens muss der zweite Impftermin mindestens zwei Wochen zurückliegen. Und drittens muss die Person mit einem in der Europäischen Union zugelassenen Covid-Vakzin geimpft worden sein. Dazu zählen nach aktuellem Stand die Vakzine von Biontech/Pfizer, Moderna, Astrazeneca und Johnson&Johnson.
Wer gilt als „genesen“?
Als genesen gelten Personen, die einen positiven PCR-Test vorweisen können, der mindestens 28 Tage und höchstens sechs Monate alt ist.
Noch ist umstritten, wie lange und wie stark Genesene vor einer erneuten Ansteckung mit Sars-CoV-2 geschützt sind. Das Robert-Koch-Institut (RKI) geht derzeit von einem geringeren Schutz als bei Covid-19-Geimpften aus. Dennoch liegen Studien vor, die genesenen Personen einen gewissen Schutz bescheinigen. „Die derzeit verfügbaren klinischen und immunologischen Daten belegen eine Schutzwirkung für mindestens sechs Monate nach überstandener Sars-CoV-2-Infektion“, heißt es dazu auf Anfrage des Kölner Stadt-Anzeiger aus dem NRW-Gesundheitsministerium.
Was ist mit Personen, deren Infektion länger als sechs Monate zurückliegt?
Wer beispielsweise vor sieben Monaten mit Corona infiziert war, gilt nicht mehr genesen und ist nicht von der Aufhebung der Beschränkungen betroffen. Eine Ausnahme gilt für Personen, die vor mehr als sechs Monaten an Covid-19 erkrankt waren, aber bereits das erste Mal geimpft worden sind. Sie gelten als immun, obwohl sie die zweite Impfdosis noch nicht erhalten haben.
Wie will NRW das alles kontrollieren?
Bei Geimpften sei der gelbe Impfausweis sei das „beste Mittel“, sagt Laumann. „Die Menschen sollten zusehen, dass sie ihren Ausweis dabei haben und die Impfungen auch eingetragen sind.“ Präziser wird Laumann nicht.
Inwiefern künftig Impfausweise kontrolliert werden, ist allerdings unklar. „Wir gehen davon aus, dass das Gesundheitsministerium, wenn es solche Dinge erlässt, auch darüber nachdenkt, wie diese Sachen dann zukünftig zu kontrollieren sind“, teilte ein Sprecher des NRW-Innenministeriums auf Anfrage mit. Zudem gelte es, die Überprüfung des Impfstatus „erst einmal im Rahmen der kommunalen Ordnungsbehörden“ zu klären.
Allerdings hat sich offenbar auch die Stadt Köln noch keinerlei Gedanken gemacht, ob etwa das Ordnungsamt mehr Personal einsetzt, wie und wo Kontrollen stattfinden sollen oder wie Verstöße geahndet werden könnten. „Mit dieser Thematik wird sich der Krisenstab der Stadt Köln am Freitag befassen“, teilt die Verwaltung lapidar mit. Im Anschluss werde Krisenstabsleiterin Andrea Blome Auskunft geben.
Was ist, wenn ich Corona hatte, aber keinen Nachweis (mehr) darüber habe?
Wenn die Bescheinigung über einen positiven PCR-Test nicht mehr vorliegt, müsse man sich an seinen Arzt oder das ausstellende Labor wenden, um sich die Bescheinigung erneut ausstellen zu lassen, sagt eine Sprecherin des NRW-Gesundheitsministeriums. „Der Impf- und der Genesungsnachweis dienen derzeit lediglich als Alternative zu einem Testnachweis. Nach wie vor können natürlich alle Personen auch einfach einen Schnelltest machen." Wer also seine Dokumente nicht finde, könne jederzeit auch auf diese Option ausweichen.
Wie geht es mit den Impfungen weiter?
Am heutigen Donnerstag werden die Termine in den Impfzentren für weitere Berufsgruppen in der Priorisierungsgruppe 3 freigeschaltet. Das sind Beschäftigte im Lebensmitteleinzelhandel und Drogeriemärkten, im Strafvollzug mit Gefangenenkontakten, Gerichtsvollzieher, Angestellte im Servicebereich und im Sozialdienst der Justiz, Lehrpersonal an weiterführenden Schulen, Kontaktpersonen von Pflegebedürftigen und Schwangeren sowie für Eltern schwer erkrankter Minderjähriger.
Das könnte Sie auch interessieren:
Gebucht werden kann ab acht Uhr über die Portale der Kassenärztlichen Vereinigungen in einem Impfzentrum. Ab der zweiten Maihälfte könnten zusätzlich Beschäftigte der Polizei sowie der Berufs- und freiwilligen Feuerwehr sowie des Katastrophenschutzes Termine im Impfzentrum vereinbaren, so Laumann an.
Über 60-Jährige können sich im Mai ausschließlich in den Hausarztpraxen mit Astrazeneca impfen lassen. Der Mai sei der „Monat der Zweitimpfungen“.
Wie kann ich einen Termin im Impfzentrum buchen?
Online unter www.116117.de sowie telefonisch über die Rufnummer 116 117 oder die regionalen Rufnummern 0800 116 117 02 für Westfalen-Lippe und 0800 116 117 01 für das Rheinland.
Werden die Sonderimpfungen in sozialen Brennpunkten fortgesetzt?
Ja. Das Land stellt im Mai 100 000 Impfdosen zur Verfügung, 70 000 davon von Johnson&Johnson. Dieses Präparat muss nur einmal verimpft werden.
Was ist mit den Flüchtlingen, die in Sammelunterkünften leben?
Sie sollen bis Ende Mai ein Impfangebot mit dem Präparat von Johnson&Johnson erhalten. Man habe damit nicht wie geplant im März anfangen können, „weil einfach nicht genügend Impfstoff zur Verfügung stand“, so Gesundheitsminister Laumann.
Wird die NRW-Landesregierung Lockerungen beim Tourismus vornehmen?
„Wenn ich die Zahlen in den Krankenhäusern anschaue, ist mir der Kopf noch nicht nach Öffnungen“, sagte der NRW-Gesundheitsminister. Er halte Lockerungen „zur Zeit nicht für richtig“. Es gebe noch andere Baustellen zu lösen. So seien in vielen Kommunen die Schulen noch geschlossen. Man müsse abwarten wie sich die Infektionszahlen entwickeln.
Die Landesverordnung gilt bis zum 15.Mai. Danach müsse das Land einheitlich regeln, wie man mit Kommunen verfahre, deren Inzidenz stabil unter 100 liege. Unter anderem Niedersachsen und Bayern hatten für Pfingsten Ende Mai vorsichtige Öffnungen im Tourismus angekündigt.
Wie ist die langfristige Perspektive?
Laumann geht davon aus, allen NRW-Bürger über 16 Jahre bis Ende Juli ein Impfangebot machen zu können. Im Juni soll die Priorisierung bundesweit aufgehoben werden.