Düsseldorf – In gereizter Stimmung verlief die Aktuelle Stunde im Düsseldorfer Landtag, die von der SPD-Fraktion zur Aufhebung der Maskenpflicht in den Schulen beantragt worden war. Zwar wunderte sich der Antragsteller Jochen Ott, bildungspolitischer Sprecher der NRW-Sozialdemokraten, darüber, dass die Aussprache überhaupt notwendig sei – habe doch der neue Ministerpräsident des Landes, Hendrik Wüst (CDU), jüngst selbst festgestellt, dass die Pandemie noch nicht vorüber und deswegen „konzentrierte Wachsamkeit“ vonnöten sei.
Polemik und Ordnungsrufe
Doch hatte sich bei den Rednern aller Parteien offenbar genug Unmut angesichts der Situation an den Schulen angestaut, dass die Debatte zu harscher Polemik und Ordnungsrufen führte, insbesondere, als der AfD-Abgeordnete Helmut Seifen SPD und Grünen als Vertreter eines Sozialismus bezeichnete, der die Gesellschaft manipulativ bevormunde, eben auch durch die Maskenpflicht. Dies wies Ott als Hetze zurück und zog Parallelen zwischen Seifens politischem Vokabular und den 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Den Ton, den die AfD anschlug, rügte die Vizepräsidentin des Landtags, Carina Gödecke, als schlechtes Benehmen.
In seinem Eingangsstatement nannte Ott den Begriff, um den sich die Debatte auch weiterhin drehte – den der Verantwortung. „Die Kinder in Nordrhein-Westfalen übernehmen mehr Verantwortung als die gesamte Landesregierung“, sagte er, denn die Schülerinnen und Schüler nutzten trotz Aufhebung der Maskenpflicht den Mund- und Nasenschutz mehrheitlich weiter. Demgegenüber verteidigte Bildungsministerin Yvonne Gebauer (FDP) die „verantwortbare Rückkehr zur Normalität“. Kinder und Jugendliche hätte in den vergangenen Monaten der Pandemie genug Verzicht geübt; das Infektionsgeschehen an den Schulen sei „stabil und unter Kontrolle“, so Gebauer, ja, durch intensive Schutzmaßnahmen wie regelmäßiges Testen leisteten die Schulen vielleicht sogar den „wichtigsten Beitrag zur Bekämpfung der Pandemie“. Denn Corona, so die Ministerin, sei die „Pandemie der ungeimpften Erwachsenen“.
Zentraler Begriff "Verantwortung"
Auch die bildungspolitische Sprecherin der Grünen, Sigrid Beer, bemühte die Verantwortung der Politik – dieser Pflicht komme sie nicht nach, wenn sie die Maskenpflicht abschaffe, damit werde „Freiheit auf Kosten der Schwachen“ propagiert: Vor den Ferien hätten sich 11 000 Schüler und Schülerinnen in Quarantäne begeben müssen; nun liege die Zahl bereits bei 21 000. Dies sorge für eine Verschärfung von Bildungsungerechtigkeit. Kommunen wie Krefeld, die weiterhin auf die Maskenpflicht setzen wollten, würden von der Landesregierung nicht ernstgenommen und zurechtgewiesen.
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Die Befürworter der Abschaffung der Maskenpflicht wie die stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Petra Vogt verwiesen hingegen auf die negativen Folgen des Mund- und Nasenschutzes für die psychische Gesundheit der Kinder, die in der Wahrnehmung der Mimik ihres Gegenübers stark eingeschränkt seien. Die FDP-Abgeordnete Franziska Müller-Rech kritisierte die SPD scharf, weil sie in NRW die Abschaffung der Maskenpflicht allein deshalb angreife, weil sie sich in Opposition befinde – in Bundesländern, in denen sie die Regierung stelle, habe sie die Aufhebung der Pflicht selbst beschlossen. Kinder seien keine Pandemietreiber, sie erkrankten nicht schwer an einer Infektion, und sie hätten die Rückkehr zur Normalität verdient, so Müller-Rech. Dass diese Rückkehr zu früh komme, betonte Jochen Ott von der SPD in einem zweiten Redebeitrag und verwies auf das Beispiel Bayern. Dort war die Maskenpflicht bereits vor den Herbstferien aufgehoben worden – nun steht die Abschaffung selbst wieder vor der Revision.