AboAbonnieren

Kanzlerin trifft KlimaaktivistinnenThunberg fordert Merkels Führerschaft

Lesezeit 3 Minuten
Klimaaktivistinnen_Berlin

Luisa Neubauer Greta Thunberg, Anuna de Wever und Adelaide Charlier (v.l.) nach dem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Donnerstag vor dem Kanzleramt 

Berlin – Die Klimaaktivistin Greta Thunberg hat nach ihrem Treffen mit Kanzlerin Angela Merkel mehr Mut und Weitsicht von Politikern und Führungsfiguren verlangt. „Wir wollen, dass Menschen aktiv werden, es wagen, ihre Komfortzonen zu verlassen, die Zukunft wichtiger zu nehmen als die Gegenwart“, sagte die 17-jährige Schwedin am Donnerstag in Berlin.

„Wir wollen, dass Anführer aktiv werden und die Klimakrise wie eine Krise behandeln.“ Über Merkel sagte sie: „Sie hat eine riesige Verantwortung, aber auch eine riesige Chance, so eine Anführerin zu werden.“ Die Kanzlerin sei „nett“ und „sehr freundlich“ gewesen.

Thunberg war mit drei Mitstreiterinnen der Bewegung Fridays for Future genau zwei Jahre nach ihrem ersten „Schulstreik“ für mehr Klimaschutz im Kanzleramt zu Gast.

Alles zum Thema Angela Merkel

„Wir waren dankbar für die Gelegenheit und für die Zeit, das war sicherlich eine ziemlich lange Unterhaltung“, sagte die deutsche Aktivistin Luisa Neubauer nach dem Treffen. „Es wurde sehr deutlich, dass wir von verschiedenen Perspektiven auf die Situation schauen. Und wir haben deutlich gemacht, dass wir nicht mehr und nicht weniger verlangen als dass das Pariser Klimaabkommen in Politik übersetzt wird.“

Das könnte Sie auch interessieren:

Es sei um deutsche, europäische und internationale Politik gegangen und insbesondere auch um Handelsverträge und CO2-Preise, die den Ausstoß von Treibhausgasen verteuern sollen.

Die Belgierin Adélaïde Charlier verriet aus dem Treffen, die vier hätten Merkel gesagt, sie brauchten Anführer, die mutig genug seien, die notwendigen Schritte zu tun - auch wenn es harte Entscheidungen seien. „Sie hat uns gesagt, dass sie es in Erwägung ziehen wird, zu versuchen, mutiger zu sein.“

Merkel selbst bezeichnete nach ihrem Treffen mit der schwedischen Klimaaktivistin Greta Thunberg über ihren Sprecher Steffen Seibert die Bekämpfung der Erderwärmung als globale Herausforderung. Beide Seiten seien sich in diesem Zusammenhang einig gewesen, dass den Industriestaaten bei der Bewältigung dieser Aufgabe eine besondere Verantwortung zukomme, teilte Regierungssprecher Steffen Seibert mit. Basis dafür sei die konsequente Umsetzung des Pariser Klimaabkommens.

Seibert postete auf Twitter auch ein kurzes Video des Treffens.

Zentrales Thema des Gesprächs von Merkel mit Thunberg sowie der deutschen Aktivistin Luisa Neubauer und den Belgierinnen Anuna de Wever van der Heyden und Adélaïde Charlier seien die klimapolitischen Schwerpunkte in der laufenden EU-Ratspräsidentschaft Deutschlands gewesen, schrieb Seibert weiter. Als Einzelpunkte nannte er die angestrebte EU-Klimaneutralität bis 2050 sowie die Konkretisierung eines verschärften Zwischenziels für die Treibhausgas-Emissionen bis 2030.

Die Kanzlerin und die Vertreterinnen von Fridays for Future hätten auch über die Bedeutung der CO2-Bepreisung sowie über nationale Maßnahmen der Klimapolitik wie den Ausstieg aus der Kohleverstromung diskutiert.

Neubauer vor dem Treffen skeptisch

Vor dem Treffen hatten Neubauer den Zeitungen des Redaktionsnetzwerkes Deutschland (RND) gesagt: „Wir haben nur noch sehr wenig Zeit, bevor das 1,5-Grad-Ziel aus unseren Händen gleitet.“. Merkel müsse dafür sorgen, dass die Vorgaben des Pariser Klimaschutzabkommens umgesetzt würden, drängte Neubauer weiter. „Das wollen wir besprechen.“

Zur aktuellen Rolle der Kanzlerin beim Klimaschutz äußerte sie sich eher skeptisch: „Der aktuellen Klimapolitik zufolge ist unklar, wie viel Frau Merkel an Paris liegt – auch nach zwei Jahren Klimastreiks.“ Die Weltlage sei „mit Blick auf den Klimaschutz desaströs“, deshalb gibt es viel zu besprechen, sagte Neubauer zudem den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Es sind krasse Zeiten, überall auf der Welt drischt die Klimakrise auf die Menschen ein.“ Nötig seien „unbequeme Taten“ und „ungewöhnliche Wege“, befand Neubauer. (afp, dpa)