Unter dem Namen Bürgewald soll das Dorf zu einem „Ort der Zukunft“ werden. Die Zahl der Rückkehrwilligen ist jedoch äußerst gering.
56 Millionen Euro für Alt-MorschenichEin Braunkohledorf feiert Auferstehung – und kaum jemand feiert mit
Der Wiederbelebung des alten Braunkohledorfes Morschenich-Alt im Tagebau Hambach steht nichts mehr im Weg. Die Landesregierung hat der Gemeinde Merzenich eine Fördersumme von knapp 56 Millionen Euro ausbezahlt.
51,3 Millionen kommen vom Bund, 4,3 Millionen vom Land. Die Gemeinde muss 2,5 Prozent der Fördersumme aufbringen, das sind 1,4 Millionen Euro. Mit dem Geld soll der Strukturwandel der Ortschaft unter dem neuen Namen Bürgewald vorangetrieben werden. Morschenich-Alt ist eines von insgesamt sechs Braunkohledörfern im Rheinischen Revier, die im Rahmen des vorgezogenen Kohleausstiegs 2030 zu neuem Leben erweckt werden sollen. Die anderen fünf liegen im Tagebau Garzweiler.
Zerstörte Kirche soll zum Ort der Begegnung werden
„Wir werden Geschichte schreiben“, sagte Merzenichs Bürgermeister Georg Gelhausen (CDU) bei der Übergabe des Förderbescheids durch NRW-Kommunalministerin Ina Scharrenbach (CDU). Den größten Teil der Summe, rund 40,3 Millionen Euro, verschlingt der Rückkauf des alten Dorfs, das Eigentum des Energiekonzerns RWE Power war. Das Land fördert darüber hinaus den gesamten Planungsprozess, um aus Morschenich-Alt einen „Ort der Zukunft“ zu machen. Die geplante Entwicklung soll in einer klimaschützenden, flächensparenden und ressourcenschonenden Bauweise erfolgen.
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Die Ortsmitte wird ebenfalls erneuert. Die alte Sankt-Lambertus-Kirche, die im April 2023 bei einem Feuer fast vollständig zerstört wurde, soll wiederaufgebaut und zu einem Ort der Begegnung werden. Nach dem Ende des Tagebaus im Jahr 2029 wird sich das Dorf in den kommenden 20 Jahren in Richtung des geplanten Hambacher Sees öffnen.
Mit der Entscheidung zum Erwerb des Dorfes habe die Gemeinde Merzenich „großen Mut bewiesen“, sagte Ministerin Scharrenbach. „Es wird zum ersten Zukunftsdorf des Strukturwandels im Rheinischen Revier werden.“
Die meisten der 129 Häuser müssen grundsaniert werden
Der aktuelle Zustand von Morschenich-Alt lässt erahnen, wie groß diese Herausforderung ist. Von den 129 Häusern stehen die meisten leer, viele sind in einem sanierungsbedürftigen Zustand. Das Feuerwehrgerätehaus ist verwaist, Sportanlagen und Spielplätze unbenutzbar. Supermärkte und andere Geschäfte, die der Nahversorgung dienen, gibt es nicht mehr. Die gesamte Infrastruktur muss erneuert werden.
Die erste Begeisterung über den Erhalt des Dorfes ist verflogen, die Zahl der Rückkehrwilligen äußerst gering. Auf die Vorkaufsoption, die für ehemalige Eigentümerfamilien und deren Kinder gilt, haben sich „vier oder fünf Familien zurückgemeldet“, sagt der Bürgermeister. Das bedeute aber nicht, dass ehemalige Dorfbewohner, die längst nach Morschenich-Neu umgesiedelt seien, kein Interesse daran hätten, sich an der Entwicklung des alten Dorfs zu beteiligen. „Wir werden jetzt die Häuser so vorbereiten, damit sich alle, die ihr Interesse bekundet haben, die Objekte anschauen können“, sagt Gelhausen.
Gemeinderat will Spekulationen mit Grundstücken vorbeugen
Der Merzenicher Gemeinderat hatte entschieden, bei der Entwicklung von Bürgewald keine Grundstücke mehr zu verkaufen, sondern sie auf Erbpachtbasis zu vergeben. „Wir wollen damit Spekulationsgeschäften vorbeugen“, so Gelhausen.
Die grüne Landtagsabgeordnete Antje Grothus schlägt vor, Rückkehrwilligen, „die ihr Engagement und ihre vielfältigen Ideen einbringen wollen“, mit einem Sanierungsfonds zu unterstützen, „der sie bei der energetischen Modernisierung und dem ressourcenschonenden Umbau der lange unbewohnten Gebäude unterstützt“. Das Rückkauf-Verfahren des Kommunalministeriums hätten viele „als abschreckend und überkomplex wahrgenommen“.
Morschenich-Alt ist eine Art Blaupause für den Neuanfang auch in den anderen fünf Dörfern im Tagebau Garzweiler. Um die Zukunftsentwicklung voranzutreiben, stehen insgesamt bis zu 300 Millionen Euro aus den Mitteln des Investitionsgesetzes Kohleregionen bereit. Davon entfallen rund 90 Millionen Euro auf die Gemeinde Merzenich.