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Eine Karte für 840.000 EuroSo viel sind die teuersten Sammelkarten dieser Langenfelder wert

Lesezeit 6 Minuten
In Langenfeld betreiben die Zwillinge Ivan (links im Bild) und Kiki Beslic einen Sammelkarten-Store.

In Langenfeld betreiben die Zwillinge Ivan (l.) und Kiki Beslic einen Sammelkarten-Store.

Christoph Kramer und Eko Fresh kommen für Pokémon-Karten nach Langenfeld – in den Store dieser beiden Zwillinge.

Die allererste Stan-Lee-Unterschrift der Welt, ein von Beyoncé Knowles unterschriebener Tennisball und ein Zidane-Trikot vom WM-Finale 1998: Auf 150 Quadratmetern findet man im B-Brothers Store in Langenfeld „alles, was wir als Kinder cool fanden“, wie die beiden Betreiber sagen. Doch: 70 Prozent der ausgestellten Ware kann man laut ihnen gar nicht kaufen.

Die „B-Brothers“ sind die Zwillinge Kristijan, nur kurz „Kiki“ genannt, und Ivan Beslic (beide 39). Kiki macht in Karten, Ivan in Kunst. Ivan verkauft seine Kunst an berühmte US-Rapper, Kiki besitzt einige der wertvollsten Sammelkarten und die laut eigener Aussage bekannteste Kobe-Bryant-Sammlung der Welt. Er war sogar auf Bryants Beerdigung. Beide sammeln sie seit Kindheitstagen Tauschkarten und machen seit November 2021 ihr Hobby zum Beruf – an der Hauptstraße 116 in Langenfeld.

Christoph Kramer und Eko Fresh fahren für Pokémon-Karten nach Langenfeld

Die Brüder mit kroatischen Wurzeln haben sich die Lage ihres Stores sehr bewusst ausgeschaut: Ihre Eltern führten hinter dem heutigen Laden ein Restaurant. Wenige Meter vom Laden weg kauften die beiden am Kiosk ihre ersten Sammelkarten. Kiki wohnt nur wenige Meter entfernt, Ivan wohnt direkt über dem Laden.

Alles zum Thema Corona

In Langenfeld betreiben die Zwillinge Ivan und Kiki Beslic einen Sammelkarten-Store. Der B-Brothers Store befindet sich an der Hauptstraße inmitten einer Einkaufspassage und ist auf diesem Bild von außen fotografiert worden. Neben der Eingangstür steht eine Pappfigur von Cristiano Ronaldo.

Der B-Brothers Store befindet sich an der Hauptstraße inmitten einer Einkaufspassage.

Die etwa 150 Quadratmeter große Ladenfläche verteilt sich im vorderen Bereich auf Sammelkarten – Kikis Metier – und im hinteren Bereich auf Ivans Kunstatelier. Zu regelmäßigen Besuchern zählen etwa der Fußballprofi Christoph Kramer (sammelt Pokémon-Karten), der Youtuber Aaron Troschke (sammelt Verschiedenes) und Rapper Eko Fresh, dessen Sohn Pokémon-Karten sammelt. Für letzteren malte Ivan das Cover für Freshs neues Album.

„Wenn du von Queens nach Manhattan fährst, brauchst du zwei Stunden, bist aber immer noch in New York. Warum sollte man nicht in kürzerer Zeit von Köln oder Düsseldorf nach Langenfeld fahren?“, fragt Ivan und begründet damit, warum die Zwillinge die Heimatstadt für den eigenen Laden der Großstadt vorzogen.

B-Brothers Store in Langenfeld: Diese Highlights gibt es in den Vitrinen

Kiki wirft mit Zahlen um sich – was soll er auch anderes tun, wir fragen kontinuierlich neugierig, wie viel man für all die Sammelobjekte verlangen kann. Kurze Zeit später kramt er eine – Laien würden es einen Schuhkarton nennen – kleine Box heraus. Darin befinden sich seine wertvollsten Karten, selbstredend mit mehreren Schutzfolien in Hartplastikhüllen gepackt.

Hintereinander gleiten Karten, die für sechsstellige Preise gehandelt werden, durch unsere Hände. Nahezu alle dieser Karten sind signiert und von professioneller Stelle bewertet, in wieder andere ist ein Stück eines Trikots eingearbeitet. Die teuersten Karten (s. Infografik oben) gibt es nur wenige Male auf der Welt und zeigen den 2020 bei einem Hubschrauberabsturz verstorbenen Kobe Bryant.

Kikis Outfit bei der Beerdigung des ehemaligen Basketballprofis führte zu fast einer Million Likes auf Instagram. Einmal hätten er und sein Bruder während eines LA-Lakers-Spiel versucht, Bryant eine Pizza anzudrehen. Dieser habe aber nur angewidert zu ihnen herübergeschaut.

Beslic-Brüder eröffnen Store inmitten der Corona-Pandemie

„Da wäre ich den ganzen Tag einsam im Keller und würde Pakete verpacken“, ist Kiki Beslics Antwort darauf, warum es keinen Online-Shop der B-Brothers gibt. Allgemein war der Eröffnungszeitpunkt des Ladens gewagt: „Als wir Europas größte Sammelkartenmesse in Langenfeld starten wollten, kam Corona und machte uns einen Strich durch die Rechnung“. Dann eröffneten Kiki und Ivan den B-Brothers Store, inmitten der Pandemie im November 2021.

In Langenfeld betreiben die Zwillinge Ivan und Kiki Beslic einen Sammelkarten-Store. Der B-Brothers Store befindet sich an der Hauptstraße inmitten einer Einkaufspassage und ist auf diesem Bild von außen fotografiert worden.

Der B-Brothers Store in einer Einkaufspassage in Langenfeld. Hier sollen bei der Eröffnung im November 2021 hunderte Menschen vor der Tür gestanden haben.

„Es standen 500 Leute vor der Tür, wir durften aber immer nur 20 zeitgleich im Laden haben“, erinnert sich Kiki. Damals hätten sie Türsteher vom Kölner Club Bootshaus engagiert, um dem Andrang Herr werden zu können. Laut Kiki kommen tagtäglich Menschen mit Karten in den Laden, um den Wert dieser in Erfahrung zu bringen. Bei Kaufinteresse an wertvollen Karten wird es hin und wieder sogar absurd: „Manch einer kommt mit einer Taschenlampe und versucht, die Karten durch die Vitrinen und Hartplastikhüllen auf mögliche Fehler zu untersuchen“.

Unser Hobby baut auf Drogen auf
Kristijan „Kiki“ Beslic, Miteigentümer des B-Brothers Store in Langenfeld

„Von 1860 bis 1940 konnte man Karten nur als Zusatz von Zigarettenschachteln kaufen“, holt Kiki Beslic aus. Dann sollen sich Kartenhersteller aufgrund des großen Interesses ab 1940 auch an dem Vertrieb durch Kaugummipackungen gewidmet haben: „Unser Hobby baut auf Drogen auf“, bringt Kiki schmunzelnd hervor.

Doch mit Drogen hat das Hobby nichts mehr zu tun, der Laden soll aus Sicht der Beslics ein Ort der Begegnung und ein „Safe Space“ sein. Allein bei unserem Besuch kurz vor Ladenschluss mischen sich Kinder unter ältere Erwachsene, diskutieren über Fußball, Karten und Videospiele. Ein besonderer Service der Beslic-Brüder: Kinder können vor Vollzug eines Kartentauschgeschäfts mit Älteren an die Theke gehen und fragen, ob der Tausch fair ist.

So wird der Wert einer Sammelkarte bestimmt

„Wir waren schon immer diese Nerds“, lässt uns Ivan wissen. „Andere gingen mit 19 Jahren feiern, wir haben Karten gesammelt“. Um ihr Geschäft ans Laufen zu bringen, verkauften sie „die ersten Karten in den 90ern als Kinder für rund 50 Euro, unter anderem an Zughaltestellen“, wie sich Ivan erinnert. Sie wussten nicht, wo sie Interessenten, die nicht aus Langenfeld kamen, treffen sollten, also mussten die Haltestellen als Übergabeort herhalten. Heute ist es eine Mischung aus Hobby und Geschäft: „Wir können mit jemandem fünf Stunden lang über Karten reden, ohne was verkaufen zu wollen“, meint Ivan.

Beim Tausch oder Handel einer Karte ginge es nicht nur darum, möglichst viel Kapital herauszuschlagen, es ist auch oft eine emotionale Angelegenheit. „Es geht um die Reise hin zur Karte“, beschreibt Kiki, warum für manchen auch eine scheinbar wertlose Karte einen hohen emotionalen Wert haben kann.

Der monetäre Wert wird sehr von ihrem Zustand bewertet. Beim sogenannten „Grading“ werden vier Attribute einer Karte bestimmt: Zustand der Ecken, Kanten, der Oberfläche und der Druck der Karte, also beispielsweise, ob das Bild auch zentriert ist. Wer den Wert seiner Tauschkarten bestimmen lassen möchte, kann diese bei Grading-Firmen einschicken und bewerten lassen. Dies kostet je nach Anbieter etwa 20 Euro pro Karte – man muss bei solchen Preisen also schon ein gutes Gefühl bei einer Karte haben, dass sich das Grading auch rechnet.

Der Langenfelder Künstler und Store-Betreiber Ivan Beslic steht vor dem von ihm gezeichneten Gemälde des Rappers Sido in seiner früheren Erscheinung mit Maske. Beslic zeigt mit zwei Fingern das Peace-Zeichen, hinter ihm sind Ausstellungsstücke hinter einer Vitrine zu sehen.

Im hinteren Bereich des Ladens stellt Ivan Beslic seine Kunstwerke aus. Hier auf dem Gemälde der Rapper Sido, der auch zu Beslics Kunden zählt, in seiner früheren Erscheinung mit Eisenmaske.

Weitere Faktoren, die den Wert einer Karte mitbestimmen, sind die Seltenheit dieser, aber auch sogenannte „physische Zusätze“ wie Originalunterschriften von abgebildeten Personen oder den Künstlern, die eine Karte gezeichnet haben. Hätte man sich etwa seine wertvollste Karte signieren lassen, als der berühmte Pokémon-Artist Mitsuhiro Arita aus Japan für eine Autogrammstunde in den Langenfelder Laden kam, wäre der Wert dieser gleich mitgestiegen.

Seltene Fehldrucke, historische oder spezielle Promo-Karten, die etwa nur auf Turnieren oder Messen erhältlich sind, können auch einen hohen Wert für Sammler darstellen.

Ob man in dem B-Brothers Store auf der Langenfelder Hauptstraße nun einen Pilgerort für Sammelkarten-Fans, eine Kunstgalerie im Hip-Hop-Style oder ein Museum für signierte Sport-Accessoires sieht, man läuft nicht zwingend Gefahr, zu viel Geld auszugeben. Das Meiste ist gar nicht verkäuflich, staunen muss man trotzdem.