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Bürgermeister im KrisenmodusBesondere Zeiten für Bürger und Verwaltungen

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Die Tür des Hellenthaler Rathauses bleibt zwar geschlossen, der Service für Bürger aber erhalten.

Eifelland – Es ist Krise. Die Handys der Bürgermeister in den elf Städten und Gemeinden stehen kaum still. Eine Sitzung jagt die nächste. Entscheidungen müssen in hoher Schlagzahl getroffen werden, denn die Lage ändert sich fast stündlich. Haben die Verwaltungschefs am Donnerstag noch die Checkliste für Veranstaltungen beschlossen, ist diese wenig später Geschichte gewesen. „Wir schauen gar nicht mehr nicht auf die Uhr, wir schauen auf die Aufgaben“, sagt Blankenheims Verwaltungschef Rolf Hartmann.

Für alle Rathäuser gilt: Der Betrieb wird heruntergefahren. Aber vollständig geht das nicht: Müllabfuhr, Wasser und Abwasser müssen funktionieren, die Feuerwehren sowieso. Die Bürger werden aber gebeten, nur ins Rathaus zu kommen, wenn es auch wirklich nicht anders geht. Ansonsten sollte der Kontakt telefonisch oder per E-Mail laufen.

Coronavirus: Menschen im Eifelland sind vernünftig

Besonderer Appelle bedürfe es aber nicht mehr, stellt Euskirchens Bürgermeister Dr. Uwe Friedl erfreut fest: „Die Menschen sind sehr vernünftig.“ Das ist allgemeiner Tenor unter den Bürgermeistern, mit denen die Redaktion am Sonntag gesprochen hat. „Die Bürger kommen nicht wegen jedem Pillepalle“, sagt etwa Hartmann.

In Hellenthal ist die Lage eine besondere: 65 Patienten einer Einrichtung im Gesundheitsbereich befinden sich in der rund 8200-Einwohner-Gemeinde in Quarantäne, nachdem der Leiter der Einrichtung positiv getestet wurde. Bei Bürgermeister Rudolf Westerburg gehen nun die Fragen der Bürger in kurzen Abständen ein. „Ich bin, glaube ich, ein guter Verwaltungsmann, aber kein Arzt“, bittet Westerburg um Verständnis. Bei den meisten Fragen bleibe ihm nur, auf die Hausärzte zu verweisen.

Krisenstäbe treffen am Montag zusammen

Für das Rathaus hat sich Westerburg etwas Besonderes einfallen lassen: „Die Tür bleibt geschlossen, doch der Service erhalten.“ Und das funktioniert so: Auf einem Schild vor dem Rathaus steht eine Telefonnummer, mit der der Besucher mit dem Handy Kontakt nach innen herstellen kann. „So wissen wir, wohin der Bürger möchte und können ihn direkt dorthin führen“, erläutert Westerburg. Das vermeide Suchverkehr, Kontakte – und am Ende womöglich weitere Ansteckungen.

An diesem Montag werden vielerorts die Krisenstäbe in den Rathäusern zusammentreffen. Von der Betreuung der Kita-Kinder, deren Eltern etwa im Gesundheitswesen gebraucht werden, über den Umgang mit Verwaltungsmitarbeitern, die aus dem Urlaub zurückehren, bis hin zu der Frage, wie die Glaubensgemeinschaften Beerdigungen, an denen üblicherweise viele Menschen teilnehmen, organisieren sollen – zahlreiche, teils überraschende Fragen ploppen derzeit auf.

Eine Stadt muss regiert werden, irgendwie

Wie etwa läuft der Öffentliche Personennahverkehr? Beim Stadtverkehr Euskirchen (SVE) vorerst wie gewohnt. Es könne aber sein, so Friedl, dass schon bald der Samstags-Fahrplan für die gesamte Woche gelte. Zurzeit dürfen die Fahrgäste – wie auch bei der RVK – ausschließlich die Türen im hinteren Bereich nutzen, um die Fahrer zu schützen.

Auch wenn das öffentliche Leben zurückgefahren wird: Eine Stadt oder Gemeinde muss regiert werden, irgendwie. So stehen in den nächsten Tagen vielerorts die Verabschiedungen der Haushalte an. Ist das jetzt notwendig? Ja, ist es. Denn ohne beschlossenen Haushalt können monatelang keine freiwilligen Ausgaben getätigt werden. Vereine oder Hilfsorganisationen müssten in die Röhre schauen, geplante Baumaßnahmen etwa auf Sportplätzen lägen brach.

„Der Staat muss ja weiter funktionieren“

In Euskirchen soll zudem Brandschutzbedarfsplan verabschiedet werden. Da ist Fantasie gefragt. Die Ratssitzung am 31. März findet nicht im engeren Ratssaal statt, sondern im großen City-Forum. „Mir schwebt vor, dass die Fraktionen dann nur jedes zweite Mitglied schicken“, sagt Friedl. So hocke man nicht so eng beieinander, der Rat wäre beschlussfähig und die demokratischen Mehrheitsverhältnisse gewahrt. Friedl lobt in diesem Zusammenhang alle Fraktionsspitzen, die Zusammenarbeit sei in diesen Zeiten sehr gut.

„Der Staat muss ja weiter funktionieren“, stellt auch das Zülpicher Stadtoberhaupt Ulf Hürtgen fest. An diesem Montag wird das Rathaus der Römerstadt geöffnet sein – „Stand jetzt“, so Hürtgen am Sonntagmittag. Wie lange derartige Aussagen Gültigkeit haben, könne er aber auch nicht sagen. Zunächst werde an diesem Montag der „Stab für außergewöhnliche Ereignisse“, wie der Krisenstab in der Römerstadt heißt, tagen. Dann wird auch beraten, wie die politische Entscheidungswege laufen sollen.

Kein Thema ist dringender als Corona

Die Gremien, so hieß es am Freitag, sollen derzeit nicht mehr in der Martinskirche, sondern im Forum tagen – „gut gelüftet, mit Desinfektionsmitteln und dem vollen Programm“, so Hürtgen. Er rechne damit, dass in Kürze auch Hinweise vom Land und vom Kreis kommen werden, wie in der Politik zu verfahren ist.

In Schleiden hat man im Vergleich zu einigen anderen Kommunen ein Problem weniger. „Wir haben den Haushalt für 2020 schon im November verabschiedet“, sagt Bürgermeister Ingo Pfennigs. Am Sonntagmittag hat er sich mit den Fraktionsspitzen beraten – und die nächste Staffel der Ausschuss- und Ratssitzungen abgesagt. Die Tagesordnungspunkte sollten in der nächsten Sitzungsperiode behandelt werden. „Derzeit haben wir kein Thema, das dringend beraten werden müsste“, sagt Pfennigs.

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Das Bürgerbüro bleibt vorerst offen, auch hier habe Schleiden gute Voraussetzungen: „Wir haben da noch Theken, da bleibt der Abstand automatisch gewahrt.“ Wer aber etwas erledigen möchte, solle vorher mailen oder anrufen. Dann werde entschieden, ob tatsächlich ein Besuch nötig sei.

Auch Blankenheim und Hellenthal haben beschlossene Haushalt. Das erleichtert die Situation. Am Samstag hat Bürgermeister Hartmann bereits das Bürgerbüro für diesen Tag geschlossen. Würden aber die Bürozeiten zu stark eingegrenzt, könnten sich Schlangen bilden und das wiederum die Ansteckungsgefahr erhöhen, gibt Hartmann zu bedenken. Es muss viel abgewogen werden in diesen Tagen.