Euenheim/Wißkirchen – Drei Bauzäune zu einem Dreieck zusammengestellt, schwarze Folie und ein längeres Stück Flatterband – fertig ist die etwas andere „Vogelscheuche“. Zwischen Wißkirchen und Euenheim stehen 70 solcher Konstruktionen entlang des Veybachs. Aufgestellt hat sie der Erftverband nach Rücksprache mit der Unteren Naturschutzbehörde des Kreises Euskirchen. Das Ziel der großen schwarzen Dreiecke: Bodenbrüter wie die Feldlerche zu vergrämen, damit im Mai mit dem zweiten Abschnitt der Renaturierung des Veybachs begonnen werden kann.
Damit das 2,4 Millionen Euro teure Projekt pünktlich starten kann, dürfen sich keine Bodenbrüter im Renaturierungsbereich befinden. Dass der Bereich des Veybachs gerne von Feldlerche und Co. angesteuert wird, um den Nachwuchs schlüpfen zu lassen, weiß der Erftverband mindestens seit 2007. Aus diesem Jahr stammt ein entsprechendes Artenschutzgutachten.
Neue Brücke über den Veybach
„Sie dürfen gerne im kommenden Jahr wiederkommen. Wir würden uns sehr freuen, wenn das Veybach-Ufer nach der Renaturierung wieder ein beliebter Ort für zahlreiche Tierarten wird“, sagt Christian Gattke, beim Erftverband Abteilungsleiter für Flussgebietsbewirtschaftung. Im Bereich der Marathonstraße haben die ersten Arbeiten am zweiten Bauabschnitt bereits begonnen – weit weg von irgendwelchen Feldlerchen. Dort wird aktuell eine neue Brücke gebaut, unter der bald der Veybach fließen soll.
Allerdings gibt es nach Angaben eines Mitarbeiters der ausführenden Baufirma schon ein kleineres Problem: Wasser. In der Baugrube hat sich Wasser gesammelt. Das muss nun abgepumpt werden. Entlang der Schule und des Sportplatzes – das Kleinspielfeld des SC Wißkirchen wird der Renaturierung zum Opfer fallen – wird ein Erddamm aufgeschüttet. So soll der Hochwasserschutz verbessert werden.
Blindgänger im Boden
Im Bereich der geplanten Renaturierungsfläche des Veybachs zwischen Wißkirchen und Euenheim ist auch der Kampfmittelräumdienst im Einsatz. Er sondiert und kontrolliert nach Angaben der Baufirma, die für den Brückenbau zuständig ist, gleich mehrere Verdachtspunkte. Wie ein Mitarbeiter berichtete, seien Blindgänger bestätigt worden. Diese lägen aber außerhalb des Baubereichs.
Diese Maßnahmen gehören zu dem Projekt, das der Erftverband bereits Anfang der 1990er-Jahre in Angriff genommen hat. „Wir gingen damals von fünf Jahren Verfahrensdauer aus“, so Gattke. Tatsächlich haben die Arbeiten erst jetzt begonnen. Im Laufe der Zeit „waren einige dagegen“, erklärte Gattke: die Stadt wegen eines geplanten Baugebiets, der Denkmalschutz wegen der Verlegung des Bachbetts in Höhe der alten Tuchfabrik, der Naturschutz, da er meine, durch die geplanten Erdwälle werde das Landschaftsbild beeinträchtigt. „Auch Anlieger haben sich gewehrt, weil sie eine Entwertung ihrer Grundstücke befürchten“, so Gattke. 2013 habe ein Anwohner Klage eingereicht. „Drei Jahre später nahm er sie zurück.“ Die Genehmigung sei schließlich mit 65 Auflagen versehen worden. Der erste Bauantrag wurde 1996 gestellt.
Anlieger vor neuem Hochwasser schützen
Die Planung sieht nach Gattkes Angaben vor, dass der Veybach in der Ortslage Wißkirchen bestehen bleibt, aber gedrosselt wird: „Wir leiten zwei Drittel des Wassers in einen neuen Umfluter ab.“ Er entsteht zwischen dem Dorfrand und der Bahnlinie. Den alten Umfluter, der zum Teil ebenfalls durch den Ort fließt, „werden wir aufgeben und verfüllen“, kündigte Christian Gattke an. Bestehende Hausanschlüsse werden in einen Kanal geleitet.
All diese Maßnahmen sind geplant, um die Anlieger vor den Folgen eines 100-jährlichen Hochwassers zu schützen – vor einem Ereignis also, wie es statistisch einmal in 100 Jahren vorkommt. Die nächsthöhere Kategorie sei ein Extremhochwasser, so Gattke.
Der schadlose Durchfluss des Veybachs innerhalb Wißkirchens, wie Gattke es formuliert, wird auf 20 Kubikmeter erhöht. Vor der Maßnahme waren es laut dem Experten acht Kubikmeter. Zudem werde noch ein Freibord von 50 Zentimetern verbaut. Auch das diene dem Hochwasserschutz. Überhaupt sei die naturnahe und ökologische Gestaltung des künftigen Veybachs nur ein Nebeneffekt. Die Maßnahme selbst diene primär dem Hochwasserschutz. Laut Erftverband sind die Anlieger nach der Renaturierung vor den Folgen eines 100-jährlichen Hochwassers gut geschützt.
In Euenheim wird im Rahmen des Projekts, das bis Oktober abgeschlossen sein woll, noch eine Brücke abgerissen. Im Bereich des Friedhofs können künftig nur noch Radfahrer und Fußgänger den Veybach queren.