Der neue „Lockdown light“ gilt ab Montag in ganz Deutschland.
Vor allem trifft er eine Branche, die in diesem Jahr bereits stark gelitten hat: das Gastgewerbe.
Wir haben einige Stimmen aus dem Kreis Euskirchen gesammelt.
Kreis Euskirchen – „In erster Linie sind wir riesig enttäuscht“, sagt Patrick Rothkopf vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) Nordrhein. Die Kollegen hielten sich an alle Vorschriften, hätten zum Teil nicht wenig Geld in Schutzmaßnahmen investiert und jetzt müssten sie doch wieder schließen. Da fühle man sich schon ein bisschen wie ein Bauernopfer. Deshalb müsse es nun Hilfen geben.
„Da muss jetzt was kommen, es muss unkompliziert sein und es muss sicher sein“, sagt Rothkopf. Denn schon vor dem neuen Lockdown habe eine Umfrage der Dehoga ergeben, dass rund 60 Prozent der Betriebe wirtschaftlich bedroht seien.
„Das ist eine traurige Geschichte.“
Wie ein Bauernopfer fühlt sich auch Stefanos Koutis, der in Euskirchen und Bad Münstereifel drei gastronomische Betriebe führt: „Das ist eine traurige Geschichte.“ Und weiter: „Den Grund kann ich nicht so ganz nachvollziehen.“ Wenn seine Branche die meisten Corona-Ansteckungszahlen zu verzeichnen hätte, wäre das etwas anderes. Aber genau das Gegenteil sei doch der Fall: „Wir halten uns an die Hygiene-Konzepte.“ Nun würden die Menschen sich wahrscheinlich zu Hause treffen – ohne Abstand, Maske und Desinfektionsmittel.
Ab kommenden Montag greifen die neuen Corona-Restriktionen: Unter anderem müssen Hotels, Gaststätten und Museen schließen. Was sagen die Touristiker dazu?
„Wenn es nach der noch ausstehenden neuen Corona-Schutzverordnung des Landes NRW wirklich so kommt, ist das für die Hotels und Pensionen hart.“ Patrick Schmidder, stellvertretender Geschäftsführer der Nordeifel Tourismus GmbH in Kall, kann dem anstehenden erneuten Lockdown für die Hotellerie oder Freizeiteinrichtungen wie Kletterparks und Museen nichts Positives abgewinnen. Man habe zwar Erfahrungen aus dem Frühjahrs-Lockdown, das mache die corona-bedingte Schließung eines Hotels allerdings nur bedingt leichter. Schmidder geht davon aus, dass auch jetzt Handwerker oder Dienstreisende übernachten könnten. Doch das dürfte die bereits schlechte Jahresbilanz vieler Betriebe kaum verbessern.
„Unser größtes Problem ist, dass die Ausfallzahlungen für einen Monat in Höhe von 75 Prozent der November-Umsätze 2019 für die Betriebe zu kurzfristig gedacht sind“, betont Schmidder. Das sei nur „ein Tröpfchen auf den heißen Stein“. Er hätte sich als Berechnungsgrundlage einen längeren Zeitraum gewünscht: „Im Frühjahr waren die finanziellen Einbrüche doch viel größer.“
Andere Touristiker sehen weniger schwarz. Denn für viele Hoteliers in der Eifel und im Kreis Euskirchen beginne im November, nach dem Ende der Herbstferien, bereits die Nachsaison. Das dürfte die Umsatzausfälle vermutlich abschwächen. Das meint Gotthard Kirch, Geschäftsführer des Rureifel Tourismus e.V. in Heimbach. Er hoffe, dass ab Montag „möglichst einheitlich vorgegangen wird, also alle Tourist-Informationen schließen, inklusive der Nationalpark-Tore. Doch das müssen die Kommunen vor Ort selbst entscheiden“. Das sei im Interesse der Gäste sicher die sinnvollere Lösung als ein Öffnungs-Flickenteppich. „Wenn eine Tourist-Information nur einen Verkaufstresen mit Shop hat, kann sie auch als Einzelhandelsgeschäft gelten und offen bleiben“, gibt Kirch zu bedenken. Grundsätzlich bedeute die Schließung der Tür, etwa zum Nationalpark-Tor in Rurberg, aber nicht, dass Dienstleistungen wie Telefondienst, Mail-Verkehr und Internetseite nicht mehr bedient oder aktualisiert würden.
Kirch sieht wie sein Kollege Schmidder Vorteile darin, dass man im Frühjahr bereits Erfahrungen sammeln konnte: „Viele Gastronomen hatten ja schon auf den Außer-Haus-Verkauf umgestellt, der erlaubt bleibt.“ Kirch hofft nun, dass wenigstens ein Teil des Weihnachtsgeschäftes noch zu retten ist.
Klaus Schäfer ist Geschäftsführer der Eifel Tourismus GmbH in Prüm, die die gesamte Eifel in NRW und Rheinland-Pfalz vermarktet. Er schätzt die Folgen des erneuten Lockdowns für die Tourismusbetriebe wie folgt ein: „Für die großen Hotels, die Wellness und Schwimmbad haben, ist das ein großes Problem. Für sie ist der November einer der wichtigsten Monate.“ Doch insgesamt ist er mit dem Angebot von Ausgleichszahlungen, verbunden mit der Option, die Belegschaft in Kurzarbeit schicken zu können, zufrieden: „Das ist gut überlegt.“ Als unangemessen empfindet er den Lockdown für Hotels oder Pensionen, die nach einer Studie des Robert-Koch-Instituts bisher keine Pandemietreiber sind, nicht.
Der Dehoga-Bundesverband (Deutscher Hotel- und Gaststättenverband) prognostiziert bis zu 30 Prozent Betriebsschließungen in Deutschland als Ergebnis der Corona-Beschränkungen. Schäfer bewertet das anders: „Der erneute Lockdown beschleunigt den Strukturwandel, in dem die Branche ohnehin steckt. Es wird auch Betriebsschließungen geben.“
Fest steht auch: „Der Nationalpark Eifel bleibt geöffnet“, so Pressesprecher Michael Lammertz. Das hänge auch damit zusammen, dass der November nicht so publikumsstark sei wie die Sommermonate. Wer trotzdem kommt, dem empfiehlt Lammertz, die Hotspots, also den Wilden Kermeter, die Spazierwege rund um die Rurseen und Wollseifen, zu meiden. (sli)
In einem seiner drei Betriebe könne er zwar Außer-Haus-Verkauf anbieten, doch das mache gerade mal 20 Prozent seines Umsatzes aus: „Das bringt nur etwas für die Seele.“ An die angekündigten Entschädigungszahlungen kann er nicht ganz glauben. 10 Milliarden Euro seien doch viel zu wenig, um jedem gastronomischen Betrieb in Deutschland 75 Prozent des November-Umsatzes des vergangenen Jahres zu zahlen. Koutis will erst einmal abwarten, wie viel Geld es wirklich gibt und was davon nachher zurückgezahlt werden muss.
„Im Moment steht mehr auf dem Spiel, als eine Monatseinnahme“
Das Ganze treffe ja nicht nur die Gastronomen. Er habe allein in seinen Betrieben mehr als 40 Mitarbeiter, die meisten hätten Familie. Besonders hart treffe es die Aushilfen, die gesetzlich von der Kurzarbeit ausgenommen seien. Ihnen gehe mindestens ein Monatsgehalt verloren.
Das sehen auch Christiane und Rolf Reinartz so. Die beiden betreiben ein Café in Herhahn-Morsbach. Die Aushilfen hätten sich gerade erst von den Verlusten im Frühjahr erholt – und nun das, sagt Rolf Reinartz. Grundsätzlich sehen die beiden die Situation aber anders als Koutis. „Ich fühle mich nicht von der Politik im Stich gelassen“, sagt Christiane Reinartz. „Im Moment steht, glaube ich, mehr auf dem Spiel, als eine Monatseinnahme“, bekräftigt ihr Mann. Schließlich gehe es um unser aller Gesundheit. Während sich der Gast freiwillig dem Risiko in einem Café oder Restaurant aussetze, könnten sich die Mitarbeiter das nicht aussuchen. „Insofern sind die Maßnahmen auch zu unserem eigenen Schutz“, sagt Rolf Reinartz.
Skepsis gegenüber den finanziellen Hilfen
Skeptisch sind die beiden wie Koutis, was die finanziellen Hilfen angeht. Denn noch sei nicht sicher, wie viel sie von der finanziellen Unterstützung aus dem Frühjahr zurückzahlen müssten. Sollten die angekündigten 75 Prozent gezahlt werden, wäre das sehr gut, sagt Christiane Reinartz. Denn es sei fraglich, ob sie während der Pandemie in diesem November diesen Umsatz gemacht hätten.
Sie und ihr Mann hoffen nun, dass die Schließung eine Signalwirkung für die Gesellschaft hat. Sie appelliere an alle Menschen, sich auch Zuhause an die Hygiene-Regeln zu halten, wie im Café oder Restaurant, sagt Christiane Reinartz: „Sonst ist das Opfer, das wir bringen – jetzt ganz pathetisch gesagt – umsonst.“