Mit der Grundsteuer C sollen Grundstücksbesitzer zur Kasse gebeten werden, die nicht bauen wollen. Ob sie kommt, entscheiden die Räte.
Ab 2025 möglichBisher sieht nur eine Kommune im Kreis Euskirchen die „Baulücken-Steuer“ vor
Ab dem 1. Januar 2025 soll sie möglich sein: die Erhebung einer weiteren Grundsteuer. Neben den Grundsteuern A (landwirtschaftliche Flächen) und B (Wohngrundstücke) können die Kommunen dann noch eine Grundsteuer C erheben. Die Städte und Gemeinden können selbst bestimmen, ob sie das tun – und, wenn ja, in welcher Höhe. In Politik und Verwaltung in den Städten und Gemeinden im Kreis Euskirchen wird das Thema nun diskutiert.
Wer müsste die Grundsteuer C zahlen? Die Besitzer von Grundstücken, die zwar erschlossen (baureif), aber dennoch unbebaut sind. Durch die Grundsteuer C soll die Spekulation mit Baugrund bekämpft werden. Sie soll finanzielle Anreize schaffen, auf baureifen Grundstücken so schnell wie möglich zu bauen.
Weilerswist hat wenig Baulücken, Schleiden hingegen jede Menge
Warum ist das wichtig? Unbebaute Grundstücke sind für die Kommunen ein Ärgernis. Zum einen wegen der allgemeinen Wohnungsnot, zum anderen aus finanziellen Erwägungen: Die jährlichen Zuweisungen des Landes richten sich unter anderem nach den Einwohnerzahlen. Ein weiterer Punkt: Je mehr Bürger die Fixkosten der Versorgung (Müllabfuhr, Abwasser) bezahlen, umso geringer wird der Teil für jeden Einzelnen.
Löst die Möglichkeit also Freude in den Rathäusern aus? Nicht wirklich. Die Redaktion hat bei allen elf Kommunen im Kreis Euskirchen angefragt. Einzig die Stadt Bad Münstereifel hat bisher die Einführung vorgesehen — und zwar ab 2027. In den anderen zehn Kommunen wird das Thema zurzeit für Beratungen und Beschlüsse in den Räten vorbereitet. „Die Frage nach der Grundsteuer C tauchte auch im Stadtrat auf“, sagt etwa der Euskirchener Kämmerer Klaus Schmitz: „Wir stellen die Dinge zurzeit zusammen.“ Die politischen Beratungen sind in der Kreisstadt für den Herbst geplant.
Eine weit verbreitete Skepsis ist in den Rathäusern aber nicht zu überhören. Die Mobilisierung von privaten Baugrundstücken sei natürlich auch in der Gemeinde Dahlem eine Aufgabe, sagt Bürgermeister Jan Lembach: „Allerdings sind im Rahmen des Baubooms der letzte Jahre auch relativ viele private Grundstücke verkauft worden.“ Ob die Gemeinde in dieses Eigentum „eingreifen“ sollte? Es gebe Argumente dafür und dagegen, so Lembach.
Warum bezweifeln viele den Sinn? Viele Kämmerer glauben nicht daran, dass die Grundsteuer C spürbar Lücken schließen kann – weder die im Straßenbild noch die in den Haushalten.
Könnten die Kommunen das Geld nicht gut gebrauchen? Geld ist ein knappes Gut in den Rathäusern, in der Tat. Doch wird bezweifelt, ob eine Grundsteuer C wirklich die Haushalte entlastet. „Das ist ein Heidenaufwand“, sagt der Mechernicher Kämmerer Ralf Claßen: „Ich muss eine Allgemeinverfügung erlassen, alles in einer Karte einzeichnen bei 800 bis 1000 Grundstücken.“
Auch die Auswertung dürfte nicht einfach sein, so der Kaller Bürgermeister Hermann-Josef Esser: „Die Grundstücke müssen nach Lage, Zuschnitt und öffentlich-rechtlicher Vorschrift sofort bebaubar sein“, zählt Esser die Voraussetzungen dafür auf, überhaupt eine Steuer erheben zu können. In der Folge drohten Ein- und Widersprüche, die die Kräfte in der Verwaltung forderten und teuer werden könnten.
Claßens Weilerswister Kollege Alexander Eskes stimmt zu: „Wir haben gar nicht so viele Anwendungsfälle, damit sich dieser zusätzliche Aufwand lohnt, den man damit hat. Wir haben ja auch keine Baugebiete, in denen man ein Grundstück kauft und auf die Wertentwicklung setzt.“
Allzu viel Hoffnung machen sich die Kämmerer im Kreis Euskirchen nicht
Weilerswist erlebte in den vergangenen Jahrzehnten einen Bauboom und folgerichtig eine Steigerung der Bodenpreise – aufgrund der drei Prinzipien, die die Immobilienfachleute immer wieder hochhalten: Lage, Lage, Lage. Mit der Nähe zum lebhaften Köln und einem vergleichsweise günstigen Häuschen im Grünen suchen immer noch viele Menschen das Beste aus beiden Welten – und finden es in Weilerswist.
Das sieht im südlichen Bereich des Kreises aber ganz anders aus: In Schleiden etwa zählt die Verwaltung aktuell mehr als rund 500 Baulücken. Mit einem „aktiven Ansiedlungsmanagement“ versuchte die Stadt dagegen vorzugehen – mit überschaubarem Erfolg. 124 Grundstücke hatte die Kommune immerhin gekauft, um sie an Bauwillige weiterzuveräußern.
Kein Wunder, dass in der Schlossstadt zumindest über die Einführung der Grundsteuer C nachgedacht wird. Auch wenn Schleidens Kämmerer Marcel Wolter bewusst ist, dass damit die Haltung der Eigentümer nur wenig beeinflusst werden könnte.
Hellenthal ermittelt aktuell Grundstücke
Auch für die Hellenthaler Kämmerin Ramona Hörnchen ist nach eigenem Bekunden schwer einzuschätzen, „ob die Einführung einer Grundsteuer C den erhofften Erfolg bringt“.
Es gebe aber auch noch viel Klärungsbedarf, so Ramona Hörnchen: „Momentan sind wir dabei, im gesamten Gemeindegebiet die Grundstücke zu ermitteln. Die Anzahl ist momentan recht hoch. Ob diese allerdings alle für die Erhebung einer Grundsteuer C infrage kommen, muss im Detail noch geklärt werden.“
Könnte eine Steuer denn nicht zum Bauen anregen? Der Glaube daran hält sich in Grenzen. Auch, dass eine Steuer die Besitzer zum Verkauf an die Kommune veranlassen könnte, damit die das Areal an Bauwillige weiter veräußern kann, ist nach Ansicht vieler Verantwortlicher eher unwahrscheinlich.
Die Blankenheimer Bürgermeisterin Jennifer Meuren etwa begrüßt grundsätzlich die Möglichkeit einer Grundsteuer-C-Erhebung, wenn sie auch nach dem jetzigen Stand der Dinge nicht von der Wirkung dieser Steuer, „die ja auch in der Höhe angemessen bleiben müsste“, überzeugt ist: „Ich bin da eher skeptisch.“
Nettersheim setzt auf Grundstückstausch
Warum bezweifeln viele die Wirkung der Steuer? Ralf Claßen untermauert seine Zurückhaltung mit einer Beispielrechnung: „Wenn jemand ein Grundstück hat, und muss vielleicht 500 Euro Grundsteuer C im Jahr zahlen, wartet er doch lieber die Wertsteigerung ab“, sagt Claßen. Er präzisiert das Rechenbeispiel: Bei einem 3000 Quadratmeter großen Gelände und einer Wertsteigerung von 15 Euro pro Quadratmeter in fünf Jahren bringe das einen Gewinn von 45 000 Euro. Eine Steuer von 2500 Euro würde da doch nur ein müdes Lächeln erzeugen.
Diese Bedenken sind weit verbreitet in den Rathäusern. „Wer bisher sein Grundstück nicht verkaufen möchte“, so der Dahlemer Bürgermeister Jan Lembach, „den wird auch diese zusätzliche Belastung kaum dazu bringen.“
Eine Grundsteuer müsste also richtig wehtun, um die gewünschte Wirkung zu erzielen. „Dann besteht aber das Klagerisiko, wenn man einen Steuersatz nimmt, der zu hoch ist“, sagt der Weilerswister Kämmerer Alexander Eskes.
Die Gemeinde Nettersheim setzt auf das Prinzip Grundstückstausch, so Bürgermeister Norbert Crump. Das funktioniert so: Wenn jemand im Ortsteil X Bauland hat, aber in absehbarer Zeit nicht bauen will, bietet ihm die Gemeinde im Ortsteil Y ein Areal zum Tausch an. „Unser Ziel ist es dabei auch, dass einheimische junge Leute eine Perspektive bekommen“, so Crump.
Würde Grundsteuer C für mehr Gerechtigkeit sorgen?
Sorgt die Grundsteuer C für mehr Gerechtigkeit? Sollten Bauland-Spekulanten nicht etwas mehr zum Allgemeinwohl beitragen? Selbst wenn eine Grundsteuer C keinen Bauboom auslösen sollte. „Aus Gründen der Steuergerechtigkeit wäre es durchaus sinnvoll, Baulücken im Rahmen der Regelungen zur Grundsteuer C zu besteuern“, lässt Pressesprecher Torsten Beulen die Öffentlichkeit an den Gedanken im Zülpicher Rathaus teilhaben.
Das sei aber derzeit in Zülpich kein Thema, weil der Haushalt 2024 ausgeglichen sei und auch die mittelfristigen Planungen seriös und vorsichtig erstellt worden seien.
„Allerdings können Unsicherheiten, insbesondere gesamtwirtschaftliche Schwankungen mit Auswirkungen auf die kommunalen Haushalte, nicht sicher vorhergesagt werden. Daher könnte das Thema mit notwendigen Erträgen zum Ausgleich der kommunalen Haushalte zunehmend an Wichtigkeit gewinnen.“ Für die Stadt Zülpich liege jedoch bislang kein dahingehender politischer Beschluss vor, stellt Beulen klar.
Im Zülpicher Rathaus erkennt man auch Vorteile der Baulücken
Aus sozialpolitischer Sicht stellt sich für viele Verantwortliche in den Rathäusern aber noch eine ganz andere Frage: Viele Grundstücke sind deshalb unbebaut, weil Eltern oder Großeltern sie für ihre Kinder beziehungsweise Enkelkinder aufbewahren, damit diese sie mal für ihre Familien nutzen können. Sollte dieses familienfreundliche Vorgehen tatsächlich mit einer Steuer „bestraft“ werden? Die Antwort heißt vielerorts: Nein.
Andere, so Kalls Bürgermeister Esser, halten ein Grundstück vor als Vorsorge: „Die Leute sagen: Wenn es so weit ist, verkaufe ich es und habe einen Grundstock für die Pflege.“ Er sei zwar ein „Freund von Lenkungsfunktionen“, so Esser: „Aber man läuft auch die Gefahr, dass man die Falschen trifft.“
Sind Baulücken eigentlich nur schlecht? Auch darüber wird in Zülpich nachgedacht. Gerade in den Ortschaften seien Baulücken aufgrund des dort vorhandenen Grünbestandes wie Gärten, Bäume oder Hecken auf den unbebauten Flächen von hoher ökologischer Bedeutung, sodass hier zumindest ein Zielkonflikt zwischen Ökologie und Innenentwicklung bestehe. „Eine Forcierung der Baulückenschließung ist deshalb nicht in jedem Fall sinnvoll“, sagt Pressesprecher Beulen.
Bad Münstereifel sieht die Einführung der neuen Steuer für 2027 vor
Warum will Bad Münstereifel die neue Steuer einführen? Die Stadt steckt in einer sehr schwierigen Haushaltslage. Daher, so der für Presseanfragen zuständige Johannes Mager, sei die Grundsteuer C ab dem Jahr 2027 vorgesehen. Nach Ansicht der Stadtverwaltung seien einige der derzeitigen rechtlichen Bestimmungen allerdings noch zu undifferenziert.
„Hier besteht Klärungsbedarf“, so Mager: „Die Verwaltung hofft, dass die ausstehenden Fragen durch einen Erlass, den das Finanzministerium angekündigt hat, beantworten werden können.“
Im Stadtgebiet gebe es Baulücken, deren Schließungen in Teilen wünschenswert seien, heißt es in der Antwort: „Es wird ein Flächenmonitoring geführt, das zeigt, wo und in welchem Umfang Baulücken vorhanden sind. Dies stellt sich je nach Ortschaft unterschiedlich dar.“ Diese Bestandsaufnahme sei ein fortlaufender Prozess, der gemäß der Inanspruchnahme von Flächen stetig angepasst werde.
Wunderdinge verspricht man sich in der Kurstadt von der Grundsteuer C auch nicht. Wie wirkungsvoll die Einführung einer Grundsteuer C hinsichtlich der Entwicklung von Baugrundstücken tatsächlich ist, lasse sich momentan nur schwer absehen.
„Sollte ein Eigentümer sein baureifes Grundstück verkaufen wollen, muss dies im Übrigen natürlich nicht an die Stadt erfolgen, sondern kann an jeden Interessenten geschehen“, so Mager in der Antwort der Stadt.