- Die Lehrerkonferenz der katholischen Grundschule hat beschlossen, dass es im Kinderzug Kommern im Karneval 2020 keine Kamelle geben soll.
- Das soll ein Beitrag zum Umweltschutz sein.
- Doch die Entscheidung hat heftige Reaktionen im Ort hervorgerufen.
Mechernich-Kommern – Vier Ks beherrschen den Mechernicher Ortsteil: Kommern, Kinderzug, Kamelle, Knatsch! Der Zoch soll nämlich 2020 ohne Kamelle stattfinden. Was die einen als Beitrag zum Umweltschutz sehen, ist für die anderen ein Anschlag auf eine alte Tradition. Was soll denn noch alles verboten werden?
Mehrheitlich hat die Lehrerkonferenz der Katholischen Grundschule beschlossen: Der von ihr alljährlich veranstaltete jecke Lindwurm mit mehreren Hundert Kindern soll 2020 komplett auf Wurfmaterial verzichten. Das entsprechende Motto steht auch schon: „Me könne och schunkele on laache, ohne Kamelle ze schmieße on Möll ze maache“. Klingt gut, kommt aber nicht überall an. In den Sozialen Netzwerken geht’s rund. Von „Humbug“, „Bescheuert“ und „armen Kindern“, denen die Freude am Karneval genommen werde, ist da die Rede.
Als Schule ein Zeichen setzen
Warum aber diese Entscheidung des Kollegiums? Schulleiterin Maria Cloot-Schmich erläutert: „Auch wir als Schule wollen zum Wohl der Kinder etwas für den Klima- und Umweltschutz tun. Es geht dabei nicht um Fridays for Future oder Greta.“ Als der Vorschlag aus dem Kollegium gekommen sei, habe man darüber diskutiert und abgestimmt – weil man als Schule ein Zeichen setzen wolle.
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„Beim Abschiedszug für meinen Vorgänger Willy Gemünd hatten wir auch kein Wurfmaterial. Trotzdem hat es allen Spaß gemacht“, so die Rektorin: „Man kann ja auch Silvester feiern, ohne Böller abzuschießen.“ Enttäuscht zeigt sich Cloot-Schmich über manche Reaktionen, insbesondere in den Sozialen Netzwerken. „Die Leute kommen doch nicht wegen des Wurfmaterials, sondern wegen des Gemeinschaftsgefühls. Es geht doch um die Zukunft der Kinder. Es muss auch ein Umdenken im Kleinen möglich sein“, so die Schulleiterin.
Für einen Affront hält sie daher die Aussage, man könne den Kinderzug dann ja ganz abschaffen: „Lehrer und Kinder stecken sehr viel Arbeit und Herzblut in die Vorbereitung, zum Beispiel dem Auswählen und Anfertigen der Kostüme.“
Verweis auf den Rosenmontagszug
Die Schule gestalte den Zug und stelle deshalb auch die Regeln auf. Schließlich gebe es noch den Rosenmontagszug der Karnevalsgesellschaft, in dem Kamelle und andere Sachen geworfen würden. „Wir sind mit dem Dorf sehr gut verbunden, ob beim Erntedank oder dem Schmücken des Weihnachtsbaums. Am 29. Februar haben wir unseren Umwelttag, wo die Schüler helfen, Kommern aufzuräumen“, erklärt die Rektorin. Da vertrage es sich nicht, gut eine Woche vorher selber Müll zu produzieren.
Gespräch mit der Mechernicher Stadtspitze
2002 hatte der damalige Schulleiter Willy Gemünd den Kinderzug ins Leben gerufen. Was sagt er zu dem Knatsch? „Da halte ich mich raus. Es ist mein Kind gewesen und ich habe es gerne gemacht. Ob das jetzige Vorhaben der Schule glücklich ist, weiß ich nicht. Aber den Beschluss der Lehrerkonferenz muss man akzeptieren. Außerdem ist der Zug eine Veranstaltung der Schule“, so Gemünd.
Kamelle-Diskussion
Verhältnismäßigkeiten beachten
Nicht nur in Kommern gibt es einen großen Kinderzug – auch in Euskirchen. Auf Kamelle will der Festausschuss Euskirchener Karneval (Feuka) nicht verzichten. Die Entscheidung der Schulleitung in Kommern, keine Kamelle zu werfen, will der Feuka nicht kommentieren. „Wir wissen nichts darüber, welche Mengen beim Kinderzug in den letzten Jahren geworfen und wie viele Kamelle auf der Straße liegen geblieben sind, dass man sich zu einem solchen Schritt genötigt sieht“, erklärt Feuka-Mitglied Stefan Guhlke.
Euskirchen macht es anders
Für den Kinderzug in Euskirchen werde man sich an dieser Entscheidung zum aktuellen Zeitpunkt nicht orientieren. „Grundsätzlich sollte der Klimaschutz allerorts Beachtung finden, allerdings muss die Verhältnismäßigkeit gegeben sein“, so Guhlke: „Ein Großteil der Kinder – egal, ob als Zugteilnehmer oder als Zuschauer – wird den Zusammenhang noch nicht verstehen. Und im Endeffekt werden dann beide Seiten enttäuscht sein.“
Kamelle sind bestellt
Gerade beim Kinderzug könne man immer wieder sehen, dass die teilnehmenden Kinder ihr Wurfmaterial nicht einfach in die Menge schmeißen, sondern den am Wegesrand stehenden Kindern direkt in die Hand oder in die Tüte geben. Zudem sei bei vielen Zugteilnehmern die Vorbereitung bereits abgeschlossen und die Kamelle seien bestellt, sodass in diesem Jahr eine solche Entscheidung erhebliche Diskussionen nach sich ziehen würde.
Klasse statt Masse
„Bei Bedarf werden wir jedoch gerne im Rahmen der nächsten Zugversammlung über Maßnahmen und Regelungen für 2021 sprechen“, sagt das Feuka-Mitglied. Gleiches gelte auch für den Rosenmontagszug. „Unser Appell ist, lieber weniger und dafür hochwertigere Süßigkeiten zu werfen, die aufgehoben werden, anstatt nur Masse zu werfen, die liegen bleibt“, so Guhlke. (tom)
„Mir geht es um das Wohl der Kinder“, erklärt Ortsvorsteher Rolf Jaeck. Niemandem sei gedient, wenn durch den Hickhack „uns der Kinderzug fliegen geht“. Deshalb führt er mit der Mechernicher Stadtspitze am Donnerstag ein Gespräch. Nach den Ferien soll es dann ein Gespräch mit der Schule geben.