Mechernich-Antweiler – Der Ärger um das geplante klimaneutrale Baugebiet am Diethkirchenweg klingt nicht ab: In einem gemeinsamen Antrag haben Grüne, FDP, SPD und Linke im Planungsausschuss eine Verschnaufpause für die Bürger von Antweiler gefordert. Sie wollen, dass das Bauleitverfahren vorläufig ruhend gestellt wird. Der Grund: Die Bezirksregierung aktualisiert derzeit die Einstufung der Hochwassergefahr. Das Ergebnis solle abgewartet werden, so die Antragsteller.
Etwa 50 Bürger aus Antweiler waren gekommen, um die Kritiker des Baugebietes zu unterstützen – einige waren bereits bei der Sitzung des Planungsausschusses am 7. September. Damals hatte eine knappe Mehrheit aus CDU, UWV und AfD beschlossen, das Bauverfahren einzuleiten. Schon vergangenes Jahr sei der Hochwasserschutz im Beschluss des Ausschusses berücksichtigt worden, erläuterte der Ausschussvorsitzende Michael Averbeck. „Wir haben beschlossen, dass der Prozess nur unter dem Vorbehalt weiter verfolgt wird, dass der Investor entsprechende Lösungen finden kann.“ Die müssten bis zur Offenlage präsentiert werden.
Hochwasser betrifft ganzen Ort
Doch der SPD und den anderen Fraktionen reichte das nicht. Bertram Wassong, Fraktionsvorsitzender der SPD, fürchtete nicht nur weitere Konflikte im Planungsverfahren. „Die Leute stehen noch in Gummistiefeln vor den Trümmern ihrer Existenz und werden mit einem neuen Baugebiet konfrontiert“, sagte Wassong: „Das belastet viele Bürger sehr.“
Schon im September schlug die SPD vor, das Verfahren zu verschieben – ein Kompromiss aus Sicht von Wassong. Und mittlerweile habe sich herausgestellt, dass es nicht nur um Hochwasserschutz auf dem Grundstück am Diethkirchenweg gehe, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende. „Dafür lässt sich vielleicht noch eine Lösung finden. Das eigentliche Problem ist: Die Hochwassersituation im gesamten Ort Antweiler ist völlig unbefriedigend.“
80 Prozent der Häuser in Flut beschädigt
Zustimmung für Wassong kam aus den Reihen von Grünen und FDP. Dietmar Bornkessel (FDP) ergänzte, dass die Leute in Antweiler verunsichert seien – auch deshalb, weil geschätzte 80 Prozent der Häuser in dem Ort von der Flut beschädigt worden seien. Es sei nicht ganz einfach, das Verfahren ruhend zu stellen. „Es ist auch gar nicht nötig, weil es ohnehin eine ganze Zeit braucht“, antwortete Stadtplaner Thomas Schiefer.
Als zweites Argument gegen den Antrag führte Schiefer die hohe Nachfrage nach Bauland an. Viele junge Leute ziehe es nach Antweiler. „Und da ziehen nicht nur die Kölner hin. Ein Großteil der Baustellen, die wir planen, machen wir auch für die ortsansässige Bevölkerung.“ Für ihn sei die Entwicklung von Bauland vernünftige Familienpolitik. „Wir wollen auch der nächste Generation in ihrem Heimatort Baumöglichkeiten bieten.“
Hohe Nachfrage nach Grundstücken
Die anwesenden Bürger kommentierten Schiefers Aussage mit „Schwachsinn“- und „Frechheit“-Zwischenrufen. Yana Yo (Grüne) schlug sich auf die Seite der Bürger: „Es klingt für mich so, als wenn das Hochwasserproblem in Antweiler nur dann gelöst wird, wenn das neue Baugebiet kommt. Das kann doch eigentlich nicht sein.“ Auch Daniel Decker (Linke) übte scharfe Kritik.
Er halte es für ein Gerücht, dass Antweiler Bürger am Diethkirchenweg bauen wollten, sagte Decker. Weil er ungefragt antwortete, ermahnte in Ausschussvorsitzender Averbeck wegen Zwischenrufen. Wie verhärtet die Fronten insbesondere zwischen der Linken und den Befürwortern des Baugebietes sind, zeigt die Internetseite der Fraktion: Seit Monaten warnt eine Meldung dort vor einem „Regime aus CDU/UWV und AFD“ vor den „Immobilienhaien der F&S“ und „Häusern für Besserverdienende“.
Auch zwei Bürger äußerten sich zur Hochwassersituation im Ort. Einer klagte über die Kanalisation, die mehrere Jahrzehnte alt sei. Eine andere schlug vor, zuerst die Hochwasserprobleme zu beseitigen und dann zu schauen, wie viel Fläche überhaupt bebaut werden könne. Vollstes Verständnis habe er für die Bürger, sagte Dr. Manfred Rechs (UWV).
„Ich kann verstehen, dass sie etwas machen wollen und ein gutes Konzept sehen möchten.“ Rechs warnte aber auch vor zu hohen Ansprüchen. Ein Rückhaltebecken sei nicht in ein bis zwei Jahren gebaut. Rechs verwies auf Projekte des Erftverbandes, bei denen es nach drei Jahrzehnten noch keine endgültige Lösung gebe. „Für mich ist das Baugebiet eine Chance“, sagte er. Denn es bringe alle Beteiligten dazu, sich schnell mit dem Hochwasserschutz auseinanderzusetzen.
Knappe Mehrheit für Baugebiet
Für den Fraktionsvorsitzenden der CDU, Peter Kronenberg, birgt es eine große Gefahr, das Verfahren ruhend zu stellen. „Wenn wir jetzt die Diskussion und die Planung beenden, können wir nicht mehr in die Konfliktlösung gehen.“ Bei der Bauleitplanung seien Faktoren wie der Hochwasserschutz, der Umweltschutz und der Artenschutz entscheidend, sagte Kronenberg. „Und hinsichtlich Hochwasser gibt es immer eine Abwägung. Wenn wir das Hochwasserproblem in Antweiler nicht beheben können, bedeutet das sowieso das Ende der Diskussion und des Baugebietes.“
Ihre Gegner konnten beide Parteien mit ihren Argumenten nicht überzeugen. Letztlich scheiterten wieder die Gegner des Baugebietes. 14 Ausschussmitglieder stimmten für den Beschlussvorlage der Verwaltung, 9 dagegen. Mit einer knappen Mehrheit setzten sich also die Befürworter durch.