In Vogelsang lobte Silvia Löhrmann die Ausstellung von Schülern über emigrierte und ermordete Juden in der Nazizeit, die jetzt digitalisiert werden soll.
Lob für Ausstellung von SchülernAntisemitismusbeauftragte Silvia Löhrmann besuchte Vogelsang

Über das Schicksal von jüdischen Mitbürgern während der Nazi-Zeit berichteten Schüler und Schülerinnen der Johannes-Sturmius-Gymnasiums. Hier erzählt Christian Baran Silvia Löhrmann aus dem Leben von Richard Kaufmann.
Copyright: Wolfgang Kirfel
Silvia Löhrmann war beeindruckt. Die Arbeiten von Schülern des Johannes-Sturmius-Gymnasiums (JSG) aus Schleiden, die sich mit Menschen aus der Region befasst haben, die in der Zeit des Nationalsozialismus emigrierten oder ermordet wurden, stießen bei der neuen NRW-Beauftragten gegen Antisemitismus und früheren Bildungsministerin auf großes Interesse. Löhrmann ließ sich außerdem bei einem Besuch in Vogelsang von Geschäftsführer Thomas Kreyes das Gelände zeigen und sich über den Stand der Projekte zur historisch-politischen Bildung informieren.
„Ich bin heute zum dritten Mal in Vogelsang“, erklärte Löhrmann. Einmal sei sie kurz nach der Gründung des Nationalparks mit der Fraktion der Grünen da gewesen: „Da war hier noch alles in den Anfängen.“ Später habe sie den Ort dann als Bildungsministerin mit einer Schulklasse besucht.

Seine Zeichnungen über das Leben der Familie Kaufmann aus Gemünd präsentierte Hlynur Jakob Limbeck.
Copyright: Wolfgang Kirfel
Kreyes begrüßte die Gäste und ging auf das gemeinsame Projekt mit dem Schleidener Gymnasium ein. Der Projektkurs „Stolpern – erinnern – nach vorne schauen“ der Schule hatte einen Preis beim Service-Lern-Programm „sozialgenial“ gewonnen. Daraus war dann die Idee entstanden, im Rahmen des Projekts „#WeRememberEifel“ Informationstafeln mit Biografien von Menschen aus der Region zu erstellen, die unter dem Holocaust gelitten haben. Anstoß für die Arbeiten der Schüler waren die Stolpersteine, die in zahlreichen Orten an Menschen erinnern, die in der Zeit des Nationalsozialismus deportiert und ermordet wurden.
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Vogelsang wird zu einem digitalen Ort der Erinnerungskultur
Der Geschäftsführer berichtete, dass der Landschaftsverband Rheinland jetzt entschieden habe, in Vogelsang einen digitalen Ort zur Erinnerungskultur mit Stelen und Bildschirmen zu fördern. „Die Arbeiten dafür haben bereits begonnen“, freute sich Kreyes. Er könne alle in der Region, die Arbeiten zur Erinnerungskultur haben, ermutigen, sich an diesem Ort einzubringen. „Insofern waren die Arbeiten der Schüler ein Impuls für eine tolle Entwicklung“, so der Geschäftsführer.
„Ich finde das Projekt ganz toll und bin sehr neugierig auf die Arbeiten“, sagte die Antisemitismusbeauftragte. Ihr ganzes Leben lang trete sie dafür ein, dass man aus der Vergangenheit für jetzt und die Zukunft lernen solle: „Es ist wichtig, dass Jugendliche nicht nur in der Schule etwas über die Nazi-Zeit und über Diktaturen lernen.“
Sechs Millionen Juden seien beim Holocaust ermordet worden: „Wir haben keine Schuld, aber wir tragen Verantwortung. Die Jugendlichen haben die Geschichte von Familien erforscht, die ganz normal in der Region gelebt haben und nur wegen ihres Glaubens verfolgt und ermordet wurden.“ Für die Schüler sei es schon ein großes Kompliment, dass aus ihren Arbeiten eine Ausstellung entstanden sei. „Wenn die Ausstellung nun digitalisiert wird, ist sie für alle Zeiten gesichert.“
Projekte mit Flüchtlingen oder Menschen aus der Ukraine
„Wir sind sehr dankbar für die Zusammenarbeit mit Vogelsang“, erklärte Lehrerin Heike Schumacher, die mit ihrer Kollegin Angelika Schmitz das Projekt leitet. „Die Arbeit ist noch nicht abgeschlossen. Es gibt noch weitere Biografien zu erforschen“, betonte Schumacher.
2012 habe die Zusammenarbeit mit „sozialgenial“ begonnen. Seitdem habe es zahlreiche Projekte mit Flüchtlingen, Menschen aus der Ukraine oder zum Ersten Weltkrieg gegeben. „Wir sind ein kleiner Haufen, der aber viel bewegt“, sagte Schumacher. „Momentan liegt der Schwerpunkt auf der Stolpersteinarbeit“, ergänzte Schmitz. Erst kürzlich hatten sich Schüler dafür eingesetzt, dass bei der Flut in Gemünd beschädigte oder weggerissene Steine ersetzt wurden.
Zeichnungen zeigen das Leben der Familie Kaufmann
Die Ergebnisse ihrer Arbeiten, die am Eingang zum Besucherzentrum im Raum der Stille zu sehen sind, stellten Jungen und Mädchen der siebten und zehnten Klassen sowie Teilnehmer des letztjährigen Projektkurses Q1 der Schule vor.
Hlynur Jakob Limbeck präsentierte Löhrmann seine Zeichnungen, in denen er das Schicksal der Brüder Kaufmann aus Gemünd festgehalten hat. Wie er denn auf die Motive gekommen sei, wollte die Politikerin wissen. „Die sind entstanden, während ich mich mit dem Schicksal der Familie beschäftigt habe“, antwortete Limbeck.
Anschließend erzählten Schüler und Schülerinnen Schicksale von jüdischen Mitbürgern, die in Gemünd, Kall und Hellenthal gelebt hatten. Dabei ging es beispielsweise um die Familie Kaufmann, die in Gemünd ein kleines Kaufhaus hatte. Von den drei Söhnen Erich, Richard und Oskar überlebten nur zwei den Holocaust. „Mutter Helene folgte ihren Söhnen nach Brasilien und hat nach dem Krieg Briefe an eine Freundin in Gemünd geschrieben, die später dem Geschichtsforum Schleiden übergeben wurden“, sagte Schumacher. Helene Kaufmann habe Gemünd auch mehrere Male besucht.
„Im Bundestag hat es auch eine Ausstellung gegeben, in der es um Kindertransporte ging“, erzählte Löhrmann. Eltern hätten ihre Kinder abgeben müssen, ohne zu wissen, ob sie sie jemals wiedersehen. „Und die meisten Eltern wurden umgebracht.“