Euskirchen – Es ist kurz nach sieben am Euskirchener Bahnhof. Die Sonne ist gerade aufgegangen und blitzt durch die dünne Wolkendecke. Dunst liegt in der Luft und es ist noch frisch. Es scheint aber ein schöner Spätsommertag zu werden. Auch für die Pendler aus Euskirchen und Umgebung verspricht dieser Tag gut zu werden, denn die Züge von Euskirchen in Richtung Köln sollen seit über sieben Wochen wieder fahren.
So ganz trauen die Fahrgäste dieser Information jedoch scheinbar noch nicht. Nur wenige Fahrgäste finden an diesem Morgen den Weg zu Gleis zwei und drei, von denen die Züge abfahren. Und auch die Deutsche Bahn (DB) scheint noch nicht ganz auf den wieder aufgenommenen Betrieb vorbereitet. „Aufgrund der Unwetterschäden ist der Zugverkehr komplett eingestellt“, heißt es da noch auf den Anzeigen am Bahnsteig. Dabei stehen auf beiden Gleisen Züge mit Fahrtziel Köln.
Informationspolitik der Bahn sorgt für Unmut
Bei Rudolf Klottenberg sorgt die Informationspolitik der Deutschen Bahn für Unmut. Der Rentner ist auf dem Weg nach Schwerte, fährt seit drei Jahren durch ganz Deutschland und ist bahnerprobt. Neben den fehlerhaften Anzeigetafeln vermisst er an dem Morgen auch Ansprechpartner der DB vor Ort: „Da hat die Deutsche Bahn noch Potenzial nach oben.“ Das sei jedoch ein generelles Problem der DB, sagt er. Dabei freut er sich, dass der Zug wieder nach Köln fährt. Zwar gab es seiner Meinung nach keine wesentlichen Einschränkungen durch den Schienenersatzverkehr (SEV).
Der Bus sei allerdings sehr unzuverlässig gewesen, was die Pünktlichkeit anbetreffe, so Klottenberg. Daran habe aber vielmehr der viele Autoverkehr Schuld. Dann verabschiedet er sich und steigt in den gerade eingefahrenen Zug ein. Kurz darauf steht Klottenberg wieder auf dem Bahnsteig. „Das war doch nicht der richtige Zug, der fährt nur bis Köln-Süd“, erklärt er. Er müsse noch etwa zehn Minuten auf den Zug zum Hauptbahnhof warten.
Nicht funktionierende Anzeigetafeln erschweren die Übersicht
So geht es am Dienstagmorgen einigen Fahrgästen auf dem Bahnhof. Anne und Sophie Marx sind mit Rucksäcken und zwei großen Reisetaschen bepackt, als die beiden Frauen schnellen Schrittes die Treppe zum Gleis hochlaufen. Gerade als sie den Knopf für die Türen drücken wollen, fährt der Zug an. Ein Blick in die App auf ihrem Handy zeigt, dass das gar nicht ihr Zug war.
„Wir wären weniger gestresst, wenn wir gewusst hätten, dass das nicht unser Zug ist“, sagen die Frauen mit Blick auf die nicht funktionierende Anzeigetafel. Sie wollen zurück nach Dresden, haben es gestern schon versucht, aber da kam der Schienenersatzverkehr erst gar nicht in Euskirchen an, berichten sie: „Der sei irgendwo verloren gegangen, wurde uns gesagt.“ Mit dem vielen Gepäck sei Zugfahren aber sowieso etwas komfortabler. Schon auf dem Hinweg mussten sie den Bus nutzen. Das sei mit dem vielen Gepäck „kritisch“ gewesen, schließlich sei der Platz begrenzt, so die Frauen.
„Man gewöhnt sich an alles“
Überwiegend Pendler stehen an den Gleisen. Julia muss zur Arbeit nach Weilerswist und braucht von Rheinbach normalerweise eine halbe Stunde mit dem Zug. Seit der Flut musste sie eine Stunde früher aufstehen, die Fahrtzeit hatte sich durch den SEV verdoppelt. Die junge Frau ist froh, zumindest einen Teil der Strecke nun wieder mit der Bahn zurücklegen zu können, auch wenn sie aus Rheinbach weiterhin zunächst mit dem Ersatzverkehr nach Euskirchen muss: „Das ist eine echte Erleichterung.“
Ähnlich geht es der Schülerin Anna-Lena. Seit halb sechs ist sie unterwegs, muss ebenfalls von Rheinbach bis nach Köln. Normalerweise fährt sie dafür über Bonn, aufgrund der Streikauswirkungen musste sie mit dem Bus erst nach Euskirchen. Mittlerweile ist es kurz nach halb acht, und Anna-Lena ist immer noch nicht am Ziel: „Das wird wohl auch noch etwas dauern. Ich komme zu spät zur Schule.“
Dass die Bahn wieder fährt, „ist eine richtige Entlastung“, sagt Eric Reisenhauer. Für ihn bietet die Zugfahrt einen „echten Mehrwert“, denn im Gegensatz zum SEV seien die Züge geräumiger und böten so mehr Komfort. Dass der Zug erst in Euskirchen startet, stört ihn nicht. Es sei sogar eher ein „Luxus“, da die Bahn so keine Verspätung morgens habe. Doch auch Reisenhauer ist zunächst irritiert, dass der Zug nach Köln gleich von Gleis drei abfährt. „Normal fahren da die Züge nach Bonn, den hätte ich jetzt fast verpasst.“
Es gibt auch Fahrgäste, die den SEV nicht so schlimm fanden: „Ich habe nichts gegen Busfahren“, sagt eine Bahnkundin. Sie habe dadurch mehr Zeit zum Lesen. „Man gewöhnt sich an alles“, fügt sie an.