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FaktencheckInitiative will Ratsbürgerentscheid gegen Zülpicher „Seeterassen“

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So könnte das Baugebiet „Seeterrassen“ aussehen: Bis zu 1500 Neubürger könnten auf dem Areal leben.

  1. Geht es nach dem Projektentwickler, sollen die Zülpicher „Seeterassen“ Platz für 1500 Menschen bieten und damit so groß wie der Stadtteil Schwerfen werden.
  2. Eine Bürgerinitiative ist allerdings stark gegen das Projekt und informiert mit zahlreichen Aktionen für ihr Vorhaben.
  3. Unser Autor Tom Steinicke hat den Faktencheck gemacht.

Zülpich – In Zülpich könnte ein großes Baugebiet entstehen. Geht es nach dem Projektentwickler „F&S concept“, leben und arbeiten bis zu 1500 Menschen in den „Seeterrassen“. Gegen das Baugebiet am Seepark hat sich eine Bürgerinitiative formiert, die mit einem Flyer und zahlreichen Argumenten für ihr Vorhaben, die „Seeterrassen“ zu verhindern, wirbt. Tom Steinicke hat den Faktencheck gemacht.

Die Bürgerinitiave schreibt in ihrem Flyer, dass das geplante Baugebiet mit 1500 neuen Bürgern größer als jede Ortschaft im Zülpicher Stadtgebiet ist.

Das ist nicht 100-prozentig korrekt. In Schwerfen lebten nach Angaben der Stadtverwaltung am 31. Dezember 2019 genau 1576 Menschen. Damit ist Schwerfen aber tatsächlich der einzige der insgesamt 23 Zülpicher Ortschaften, der mehr Einwohner hat als die „Seeterrassen“ haben sollen. Das verdeutlicht die Dimension des geplanten Baugebiets. Nach Angaben der Verwaltung ist Sinzenich mit 1254 Einwohnern die zweitgrößte Ortschaft. Die Kernstadt hat 6146 Einwohner.

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Die Bürgerinitiative befürchtet zu den Stoßzeiten im Berufsverkehr zusätzliche Staus im Stadtgebiet.

Tatsächlich staut sich der Berufsverkehr am Kreisel Bonner Straße/Frankengraben schon jetzt. Grund ist vor allem die Bushaltestelle „Frankengraben“. Dieses Problem ist bekannt. Geprüft wird nach Angabe der Verwaltung, ob die Haltestelle auf lange Sicht nicht verlegt werden kann. Aktuelle Gutachten gehen davon aus, dass es keine zusätzlichen Verkehrsbehinderungen in Zülpich geben wird und die Kreisel groß genug sind.

Die Bürgerinitiative bemängelt mit Blick auf einen Bevölkerungszuwachs, dass „schon jetzt teilweise mehr als 30 Kinder in einem Klassenraum eingepfercht“ seien. Zudem fehle es an Kita-Plätzen.

Wolfgang Andres, Pressesprecher des Kreises, widerspricht: „Tatsächlich ist es uns bisher in Zülpich – so auch im laufenden Kita-Jahr – gelungen, die Eltern, die ganz dringend einen Betreuungsplatz benötigten, mit einem Platz in Kita oder Tagespflege zu versorgen. Im nächsten Kita-Jahr (Beginn 1. August 2020) werde die neue dreigruppige Kita „Weltenbummler“ eröffnen, so Andres: „Zur Schaffung weiterer Plätze stehen wir in engem Austausch mit der Stadt Zülpich.“

Kanalarbeiten am See

Seit wenigen Tagen führt ein großer Bagger Erdarbeiten im Bereich Seepark/Bundesstraße 56 durch. Wie die Verwaltung auf Nachfrage mitteilt, sind das keine Bauarbeiten, die mit dem geplanten Baugebiet „Seeterrassen“ in Verbindung stehen.

Vielmehr seien das vorbereitende Arbeiten für eine Maßnahme des Erftverbands. Der führt dort Erschließungsarbeiten für das Neubaugebiet „Römergärten“ durch. Der Erftverband baut als Betreiber der Zülpicher Kanalisation in den kommenden elf Monaten eine Hauptsammelleitung. Zudem wird ein offenes Regenrückhaltebecken in Erdbauweise entstehen. Kosten laut Erftverband: sechs Millionen Euro.

Näheres soll am kommenden Donnerstag um 12.30 Uhr auf einer Pressekonferenz bekanntgegeben werden. (tom)

Im Baugebiet „Seeterrassen“ sind in der Planung des Projektentwicklers zwei Kitas vorgesehen, um den Bedarf an Plätzen zu decken. Nach Angaben der Verwaltung wird in keiner Grundschule des Stadtgebiets die Größe von 30 Schülern in einer Klasse überschritten. Das gebe das Schulgesetz so vor. In den weiterführenden Schulen gibt bei der Karl-von-Lutzenberger-Realschule Klassen, die die Grenze von 30 Schülern überschreiten. „Es gibt eine Klasse, die genau auf 30 Schüler kommt“, erklärt Joachim P. Beilharz, Schulleiter des Franken-Gymnasiums. Auch an der Hauptschule gibt es eine Klasse, die 10b, in der 30 Jugendliche unterrichtet werden, aber keine mit mehr als 30 Schülern. Im Bereich des Schulcampus ist ein neues Schulgebäude geplant.

Die Bürgerinitiave sieht den Wassersportsee als Naherholungsgebiet in Gefahr. „Die Seeterrassen reichen bis zu 50 Meter an den Seepark heran. Hier sind Beschwerden und Klagen, beispielsweise wegen Lärmbelästigung, programmiert und würden langfristig das Aus für den Seepark in seiner aktuellen Form bedeuten.“

Nach Angaben des Projektentwicklers beträgt die kürzeste Strecke zwischen Seeufer und geplanten Baugebiet 120 Meter. Wie die Stadtverwaltung mitteilte, kann die Distanz variieren, beträgt aber nie weniger als 100 Meter. „F&S concept“ will nach eigenen Angaben in den Kaufverträgen fixieren, wie hoch die Schallgrenzen sind und wie viele Veranstaltungen es im Seepark gibt. Die Kritiker befürchten, dass die Verträge allerdings vor Gericht keinen Bestand haben werden. Ob das wirklich so sein wird, ist aktuell nicht zu beurteilen.

Bedingung für die Realisierung des Baugebiets sei, dass der Seepark bei seinen Veranstaltungen nicht eingeschränkt wird, sagt Zülpichs Stadtplaner Christoph M. Hartmann. So sei entlang der Seefront in der ersten und zweiten Bebauungsreihe ein Kreativ-Viertel geplant, das die dahinter liegende Wohnbebauung weitgehend von den Immissionen des Seeparks abschotten soll. Zudem sei ein urbanes Gebiet geplant. „Das urbane Gebiet weist den Störgrad eines Mischgebietes auf. Hierüber wurden bereits erste Abstimmungsgespräche mit einem Immissionsgutachter geführt“, so Hartmann. Bis zur Offenlage erfolge nun die Erarbeitung eines ausführlichen Immissionsgutachtens.

Bedingung für die Realisierung des Baugebietes ist Hartmann zufolge der eindeutige Nachweis, dass durch die festgesetzten Maßnahmen sowohl im neuen Wohngebiet als auch auch in den angrenzenden Wohngebieten alle gesetzlichen Immissionsgrenzwerte eingehalten werden.

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Im Bereich Seepark/B 56 haben die Kanalarbeiten bereits begonnen.

Auswirkungen auf die Veranstaltungen im Seepark soll das Baugebiet nicht haben. „Wir werden das zarte Pflänzchen Seepark, das wir mühevoll aufgebaut haben, doch nicht selbst kaputt machen“, sagt Bürgermeister Ulf Hürtgen (CDU): „Wir machen das Projekt nicht, um die Kosten und Zuschüsse für den Seepark einzusparen.“

Die Bürgerinitiative strebt ein Bürgerbegehren an, heißt es in dem Flyer.

„Das ist vom Tisch. Für ein Bürgerbegehren waren wir zu spät dran“, sagt Gerd Marcy. Er hat die Bürgerinitiative gegründet. Ziel sei es nun, einen Ratsbürgerentscheid herbeizuführen. „Wir haben Unterschriftenlisten in Vorbereitung. Ich hoffe auf 1000 Unterschriften. Mal sehen, ob die Stadt dann einknickt“, so Marcy: „Das wären 1000 Stimmen weniger für die SPD und CDU.“

Die Bürgerinitiative schreibt in ihrem Flyer, dass zusätzliche „Betonwüsten und öde Steingärten“ entstehen werden.

Geht es nach Georg Schmiedel, Geschäftsführer des Projektentwicklers „F&S concept“ und seiner Ingenieurin Julia Hüllbrück, soll das etwa 260 000 Quadratmeter große Baugebiet zum Paradebeispiel für ökologisches Bauen werden. Die Projektentwickler wollen unter anderem Steinvorgärten den Kampf ansagen. „Wir werden in den Kaufverträgen festhalten, dass Vorgärten mit Bäumen und Sträuchern gestaltet werden müssen“, betont Schmiedel. Zudem müssten die Grundstücke mit Hecken eingefriedet und Flachdächer begrünt werden – auch diese Vorgaben sollen der Umwelt zuliebe in jedem Kaufvertrag fixiert werden. In den Seeterrassen sind neben den 700 Bäumen – jeder Eigentümer soll vom Projektentwickler einen Baum geschenkt bekommen – weitere öffentliche Grünflächen vorgesehen.

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Die Bürgerinitiative spricht sich für die Schließung der Baulücken in den Dörfern und der Kernstadt aus – und alternativ für ein Baugebiet in Richtung Krefelder Straße.

Die Entwicklung des Bereichs zwischen Seegärten und Bahnhof in Richtung Krefelder Straße war im Flächennutzungsplan 2004 bereits enthalten, wurde jedoch durch die Bezirksregierung nicht genehmigt – wegen des damaligen Feldhamster-Vorkommens. „Das Gebiet ist für eine Bebauung grundsätzlich gut geeignet. Die Haupterschließungsstraße des Baugebietes ,Seegärten' wurde deshalb bereits so dimensioniert, dass darüber die verkehrliche Erschließung der weiteren Wohngebiete möglich ist“, sagt Hartmann. Eine Realisierung sei aber erst mittel- bis langfristig realistisch. Es fehle vor allem eine städtebauliche Planung . „Die Planungen benötigen einen langen Vorlauf und können nicht den kurzfristig vorhandenen Bedarf an Wohnbau-Grundstücken decken“, so Hartmann. Es gebe kein Entwässerungskonzept und die Grundstücke seien nicht verfügbar. Gleiches gelte für die Innenstadt.

Die Bürgerinitiative bemängelt, dass wichtige Ackerflächen in der Größenordnung von 36 Fußballfeldern wegfallen, die zahlreichen Tierarten als Lebensraum dienen.

Das stimmt. Einige Vögel dürften zwar in den geplanten Hecken und Gärten eine neue Heimat finden, der Jagdraum für Greifvögel fällt aber weg. Für die Feldlerchen, die auf dem aktuell als Ackerland genutzten Areal heimisch sind, soll laut Schmiedel eine vier Hektar große Kompensationsfläche geschaffen werden. Ob die Vögel diese aber einfach so annehmen, bleibt abzuwarten.Nach Angaben der Stadtverwaltung ist Ende 2017 der letzte Zülpicher Feldhamster gefangen und in die NRW-Nachzuchtstation nach Metelen gebracht worden. Seitdem seien zwischen Seepark und Stadt keine Feldhamster mehr kartiert worden, so Hürtgen.