Düsseldorf – Trotz der ersten Schließung einer Grundschule in Nordrhein-Westfalen wegen einer Corona-Infektion hält Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) an der Rückkehr zum Regelbetrieb fest. „Die Kinder haben ein Recht auf Bildung”, sagte sie am Mittwoch im Schulausschuss des Landtags. Seit Montag werden die rund 640 000 Grundschulkinder in NRW wieder täglich und in voller Klassenstärke unterrichtet.
Nach den Sommerferien sollten möglichst alle Schüler sämtlicher Schulformen wieder in den Regelbetrieb zurückkehren, bekräftigte Gebauer. In diesem Punkt seien sich auch die Kultusminister aller Länder einig. Bis zu der angestrebten Rückkehr in den Normalbetrieb seien es in NRW noch acht Wochen. Ob der Schritt dann möglich sei, hänge von der weiteren Entwicklung des Corona-Infektionsgeschehens ab.
Bund und Länder einigten sich am Mittwoch darauf, dass bundesweit die Schulen nach den Sommerferien bei einem positiven Verlauf der Infektionszahlen in den Regelbetrieb zurückkehren sollen. Wie der volle Schulbetrieb dann organisiert werden soll, darüber werden an diesem Donnerstag die Kultusminister der Länder in einer Schaltkonferenz beraten. „Alle sind sich einig, wir brauchen wieder einen regulären Schulbetrieb”, sagte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) am Mittwoch vor dem Treffen der Länderchefs mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU).
In NRW gibt es über alle Schulformen hinweg nach Angaben aus dem Schulministerium derzeit 42 bestätigte Infektionsfälle bei Lehrkräften und Schülern. Eine Grundschule in Wuppertal war von den örtlichen Gesundheitsbehörden geschlossen worden. An drei weiteren Grundschulen seien Teilgruppen geschlossen worden. In NRW gibt es fast 2800 Grundschulen mit rund 640 000 Schülerinnen und Schülern.
Unterdessen schloss der Kreis Gütersloh nach einem erneuten Corona-Ausbruch beim Schlachtereibetrieb Tönnies alle Schulen und Kitas bis zu den Sommerferien. Durch diesen Schritt solle eine Ausbreitung des Virus in der Bevölkerung vermieden werden, sagte eine Sprecherin des Kreises.
Der Ausbruch zeige, dass es absolut notwendig sei verschiedene Pläne zu entwickeln und das Lernen auf Distanz durch ausreichend Endgeräte und entsprechende Software zu ermöglichen, teilte der Lehrerverband VBE mit. „Es ist nicht auszuschließen, dass uns ähnliche Szenarien im kommenden Schuljahr erwarten und darauf müssen alle Schulen jetzt vorbereitet werden.”
Bei SPD und Grünen stieß die Rückkehr der Grundschulen zum Regelbetrieb nur zwei Wochen vor den Sommerferien auf massive Kritik. Der SPD-Schulpolitiker Jochen Ott sagte, dass die Kinder etwa in Wuppertal nun in Quarantäne müssten und Urlaubspläne der Familien so durchkreuzt würden. Die Grünen-Abgeordnete Sigrid Beer warf Gebauer vor, für den Grundschulbetrieb in festen Lerngruppen unter Corona-Bedingungen weder genügend Räume noch das notwendige Zusatzpersonal bereitgestellt zu haben. Dass im Offenen Ganztag (OGS) die Gruppen dann gemischt würden, führe das System der Lerngruppen wieder „ad absurdum”.
Der VBE berichtete davon, dass viele Lehrkräfte das Gefühl hätten, ihre Arbeit für das Lernen auf Distanz, Einhaltung der Hygienepläne und vieles mehr nicht mehr gesehen werde. Die Lehrer fühlten sich „missachtet”, sagte auch der SPD-Abgeordnete Ott. Er warf dem Schulministerium vor, schon vor Ostern gewusst zu haben, dass wegen der Abiturprüfungen die restlichen Schüler bis Ende des Schuljahres höchstens noch zwei bis drei Tage die Schulen besuchen könnten. Dies habe das Ministerium aber den Eltern damals verschwiegen.
Die Pandemie-Lage in NRW habe sich in den vergangenen Wochen deutlich entspannt, sagte Gebauer. Die Folgen des eingeschränkten Schulbetriebs seien für Kinder und Erwachsene enorm. Kinder brauchten Strukturen im Alltag und Kontakt zu anderen Kindern.
Die AfD unterstützte Gebauers Kurs. „Das Normale ist die Normalität und nicht, dass man die Schulen schließt”, sagte der AfD-Politiker Helmut Seifen. Auch die weiterführenden Schulen hätten vor den Sommerferien nach Ansicht der AfD zum Regelbetrieb zurückkehren sollen.
Gebauer bekräftigte, dass trotz Corona-Krise Abschlussfeiern mit Zeugnisübergaben an Grund- und weiterführenden Schulen rechtlich abgesichert seien. Es erschließe sich ihr nicht, warum einige Schulleitungen etwa in Köln Abschlussfeiern abgesagt hätten. Sie räumte aber ein, dass es aufgrund der Corona-Schutzverordnungen „mitunter schwierige Situationen” bei der Organisation geben könne. Abschlussfeiern seien in den Schulen oder auch außerhalb möglich. Auch Eltern dürften an den feierlichen Zeugnisausgaben teilnehmen.
Abibälle seien wegen ihres privaten Charakters aber verboten seien. Der „Wermutstropfen” sei, dass es wegen des Infektionsschutzes keine Veranstaltungen „mit überwiegend geselligem Charakter„ geben dürfe. „Das ist der schmerzliche Preis, der zu zahlen ist.” (dpa/lnw)