Düsseldorf – Der Minister gerät ins Schwärmen, wenn er von seiner Gesetzvorlage zur Neufassung des nordrhein-westfälischen Integrations- und Teilhabegesetzes spricht. Gleich zwei „Meilensteine“ seien dies, ein „einzigartiger Standard“ und eine „Blaupause“ für andere Bundesländer und „in vielen Fällen auch für den Bund selbst“.
Es sind drei Bausteine, auf die sich der nordrhein-westfälische Flüchtlings- und Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) bei seiner Reform stützen will. Erstens soll die Arbeit mit Geflüchteten vor Ort planbarer und zielgerichteter werden. Protagonisten der Integration wie die Ausländerämter, Jobcenter oder auch ehrenamtliche Gruppierungen würden dafür durch eine neue Infrastruktur stärker vernetzt und beteiligt. Um die Zusammenarbeit zu stützen, so Stamp, werde mit 130 Millionen Euro eine „Integrationsstruktur“ etabliert. Dies bedeute langfristige Planungssicherheit für viele kommunale Gruppen.
130 Millionen für eine „Integrationsstruktur“
Zweitens möchte Stamp die Zahl der geduldeten Flüchtlinge durch „ein verbessertes Rückführmanagement“ deutlich reduzieren. In NRW gab es Ende März rund 75.700 ausreisepflichtige Personen, davon waren fast 66 600 Personen geduldet. Hauptherkunftsländer sind Irak, Serbien, Afghanistan und Albanien. „Mein Wunsch wäre, die Zahl zu halbieren“, sagte der Minister. Dazu gehöre aber auch, gut integrierten Geduldeten ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht zu ermöglichen.
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Und drittens will der Minister die Kommunen bei den Kosten für ausreisepflichtige und geduldete Flüchtlinge mit Hunderten Millionen Euro entlasten. Dafür stellte Stamp am Dienstag ein neues Pauschalen-System vor, das Grundlage der vom Kabinett beschlossenen Reform des Flüchtlingsaufnahmegesetzes sein soll.
Höhere Pauschalen für die Kommunen
Statt der bislang für alle Kommunen einheitlichen Pauschale von 866 Euro monatlich pro Person erhalten kreisangehörige Gemeinden künftig 875 Euro und kreisfreie Städte 1125 Euro. Die differenzierte Pauschale werde rückwirkend zum 1. Januar 2021 eingeführt.
Daneben erhalten die Städte und Gemeinden für jede Person, die nach dem 31. Dezember 2020 ausreisepflichtig geworden ist oder wird, eine einmalige Pauschale in Höhe von 12.000 Euro. Derzeit seien es nach geltender Rechtslage maximal knapp 2600 Euro, so Stamp. Zudem beteiligt sich das Land mit Einmalzahlungen an den Ausgaben der Kommunen für die Personen, die bis zum Stichtag 31. Dezember 2020 eine Duldung bekommen haben. Hierfür sind in den Jahren 2021/22 jeweils 175 Millionen Euro und 2023/24 jeweils 100 Millionen Euro vorgesehen.
Stamp fordert Abkommen mit Herkunftsländern
Die nordrhein-westfälischen Städte und Gemeinden hatten in den vergangenen Jahren immer wieder geklagt, sie würden mit den Kosten für abgelehnte Asylbewerber, die aber etwa aus humanitären Gründen geduldet werden, alleingelassen. Die großen Summen für die sogenannten Bestandsgeduldeten seien auch dem geschuldet, dass viele Herkunftsländer Rückführungen oft auch verweigerten und Charterflüge ablehnten, sagte Stamp.
Der FDP-Politiker forderte erneut eine aktivere Politik des Bundes. „Wir brauchen wirkliche Migrationsabkommen mit den Hauptherkunftsländern.“ Gegebenenfalls müsse man auch mal den „Visa-Hebel“ gegenüber den Regierungen in Kraft setzen. „Manch einer, der zum Wochenend-Shoppen nicht mehr auf die Kö darf, ist an anderer Stelle möglicherweise bereit, sich etwas stärker an Verabredungen zu halten.“