- Die Internationale Schule Düsseldorf hat wohl zu Unrecht Millionen zu viel erhalten.
- Schulministerium und Bezirksregierung halten sich bedeckt. Warum fiel die Doppelfinanzierung niemandem auf?
Düsseldorf – Die Internationale Schule in Düsseldorf (ISD) hat über Jahre, wenn nicht Jahrzehnte, vermutlich zu Unrecht staatliche Zuschüsse in Millionenhöhe erhalten. Die Eliteschule gilt seit 27 Jahren als sogenannte Ersatzschule und erhielt so einen Landeszuschuss von zuletzt vier Millionen Euro pro Jahr. Nun fiel auf, dass die Schule gar keinen Anspruch auf öffentliches Geld gehabt hätte, da sie zusätzlich üppige Elternbeiträge kassierte. Am Mittwoch ist der Fall Thema im Schulausschuss des Landtags.
Bei der Internationalen Schule, die 1968 gegründet wurde und in der zu drei Viertel die Kinder ausländischer Topverdiener unterrichtet werden, müssen die Eltern einem kostspieligen Förderverein beitreten. Während die regelkonformen Ersatzschulen mit bescheidenen Gebühren sicherstellen müssen, dass Kinder aus allen Schichten eine Chance haben, sind die Mitgliedsbeiträge an der ISD im Stadtteil Kaiserswerth nur für die obersten Gehaltsklassen tragbar. Je nach Alter der Kinder beträgt der Beitrag 15 000 bis 20 000 Euro pro Jahr und Kind.
Auch Firmen zahlen
Bezahlt wird das Geld in manchen Fällen auch von den Firmen, bei denen die Eltern beschäftigt sind. Hochgerechnet auf rund 1000 Schüler kommen so pro Jahr etwa 20 Millionen Euro zusammen. Bei einer Verrechnung, wie sie das Gesetz vorschreibt, hätten bei solch hohen privaten Einnahmen alle Landeszuschüsse gestrichen werden müssen. Doch die ISD kassierte obendrein auch die Steuergelder. Warum fiel die Doppelfinanzierung niemandem auf?
Das Schulministerium verweist auf Nachfrage an die Bezirksregierung. Aber auch die gibt sich äußerst bedeckt. Die Sprecherin gibt nur zu, dass es „grundsätzlich Fragen zur öffentlichen und privaten Finanzierung der Internationalen Schule Düsseldorf gibt“. Hinsichtlich der Klärung seien Schule und Bezirksregierung im Gespräch. Details könne man mit Rücksicht auf die Eltern nicht nennen. „Wir gehen aber davon aus, alsbald eine für alle Seiten gute Lösung zu finden“, so Sprecherin Dagmar Groß.
Nur Bezirksregierung wusste von nichts
Die ISD erhielt seit Anfang der 1990er Jahre staatliche Zuwendungen. Die privaten Einnahmen wurden als Beitrag zum „Förderverein DIS“ (Förderverein Deutscher Internationaler Schulen) getarnt. Der Kunstgriff hätte auffallen können. Schließlich gibt es exakte „Preislisten“ für die einzelnen Jahrgangsstufen. Dass die Schule horrende Elternbeiträge verlangte, war jahrelang bekannt. Nur angeblich der Bezirksregierung nicht.
Der Stadt Düsseldorf liegt die ISD jedenfalls als Imageträger sehr am Herzen. Als Prestigeobjekt der Landeshauptstadt wurde sie immer wieder großzügig bedacht. 2014 spendierte die Stadt dem Sportverein rund eine Million Euro für den Ausbau der Sportanlage. In einer Stellungnahme spricht die ISD selbst davon, „ein wichtiger Faktor für die hiesige Wirtschaft und die im Rheinland tätigen nationalen und internationalen Unternehmen“ zu sein. Aber auch politisch galt die Schule als gewollt. Sie war ein Projekt des früheren Ministerpräsidenten Johannes Rau.
Wie geht es jetzt weiter? Die Eltern der Schule sind über die anscheinend rechtswidrige Lage bereits informiert. In einem Brief des Schulbeirats, der dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegt, werden die Eltern auf „Anpassung bei den Schulfinanzen“ vorbereitet. Ein Schreiben, das bei den Eltern die Sorge schürt, sie müssten nun mit vielen tausend Euro Nachzahlung rechnen, um die Schule vor dem Bankrott zu retten.
Sigrid Beer, schulpolitische Sprecherin der Grünen, stellt schon die Legitimation der Ersatzschule in Frage. „Es darf nicht sein, dass der elterliche Geldbeutel über den Bildungsweg eines Kindes entscheidet. Genau das scheint aber an der International School Düsseldorf der Fall zu sein“, vermutet Beer. Sie fordert NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) auf zu erklären, welche Maßnahmen die Bezirksregierung zum Schutz des „Sonderungsverbot“ unternehme. Dieses besagt, dass Ersatzschulen, die Landeszuschüsse erhalten, keine Schülergruppen ausschließen dürfen – auch nicht diejenigen, deren Eltern nicht viel Geld haben.
Damit soll sichergestellt werden, dass die Landesmittel auch und vor allem sozial Benachteiligten zu Gute kommen, die schlechtere Bildungschancen haben. Das Gesetz soll verhindern, dass Landeszuschüsse verwendet werden, um einer privilegierten Schicht den Weg zur Hochschulreife noch angenehmer zu machen. Das ist bei der ISD offenbar gelebte Praxis.
Die Schule betont zwar, dass sie „jede Anstrengung auf sich nimmt, um gegen Diskriminierung“ vorzugehen, die Erklärung, wie das mit Elternbeiträgen im fünfstelligen Bereich zusammenpasst, bleibt sie aber schuldig. Zulassungsdirektorin Beatrice Caston gibt auf Nachfrage indirekt zu, dass die Bezirksregierung die Zuweisungen der vergangenen Jahre auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft. „Aktuell sind wir in guten und konstruktiven Gesprächen zur regelmäßigen Rechnungsprüfung der letzten Schuljahre. Wir sind guter Hoffnung, gemeinsam mit der Bezirksregierung Düsseldorf bald die Ergebnisse dieser Prüfung bekanntgeben zu können.“
Ein Ergebnis das für die Schule wenig erfreulich sein dürfte. Jochen Ott, schulpolitischer Sprecher der SPD im Landtag, verlangt, dass gezahltes Steuergeld erstattet werden muss: „Wir erwarten einen Bericht der Landesregierung, ob hier gegen das Gesetz gehandelt wurde. Sollte dem so sein, wird es Rückzahlungen geben müssen“, bekräftigte der Politiker aus Köln.
Müsste die Schule nur die Zuschüsse der vergangenen drei Jahre zurückbezahlen, wären das insgesamt um die zwölf Millionen Euro.