Karneval, die feucht-fröhliche fünfte Jahreszeit. Das geht kaum ohne Dreck: Nicht nur die Straßen sind an den jecken Tagen mit Müll (oder Alkoholleichen) übersäht, auch die Klamotten der Karnevalisten werden in Mitleidenschaft gezogen.
Wir haben ein Paar besucht, das sich seit 30 Jahren darum kümmert, die Kostüme der Karnevalsgesellschaften nach dem Fest wieder herzurichten. In einem kleinen Labor zur Beseitigung von Flecken aus Körperflüssigkeiten, Bier und Lippenstift.
Leverkusen – „Karneval ist die stressigste Zeit im Jahr“. Zumindest für Georgia Diamantidou. Sie betreibt zusammen mit ihrem Mann Eleftherios Katirtzidis eine Wäscherei auf der Lützenkirchener Straße. „Wenn wir Anzüge, Röcke oder andere Kostüme bekommen, müssen die oft bis zum nächsten Tag fertig sein“, erklärt die 53-Jährige.
In eine Waschmaschine können die Verkleidungen nicht einfach gesteckt werden. Bei all den Knöpfen, Ausschmückungen und fein genähten Mustern bedarf es einer besonders sensiblen Behandlung. Und die hat einen Namen: Tetrachlorethen (auch Perchlorethylen genannt). „Wir nennen es einfach Per“, erklärt Katirtzidis. Na dann: Per ist eine Chemikalie, die Flecken aus Wachs, Öl und Fett schonend entfernt. In eine Trockenmaschine, die größentechnisch etwa vier Waschmaschinen entsprechen dürfte, wird Per vorsichtig hineinbegeben. Dort werden die Kostüme kurz nass und direkt anschließend wieder getrocknet.
Ein kleines Labor für alle Fälle
Seit 30 Jahren arbeitet das Paar in der Wäscherei, seit einigen Jahren als Inhaber. Die Trockenmaschine steht seit 25 Jahren in ihrem Laden. Katirtzidis hat die Reinigung mittlerweile perfektioniert: „Ich habe eigene Chemikalien für jede Art von Flecken“, erklärt der 59-Jährige. Und zeigt uns seinen Labortisch mit Speziallösungen für Kaffee, Lippenstift und Bier: „Bis jetzt haben wir alles rausbekommen.“
Um die Maschine bedienen zu dürfen, muss die Wäscherei spezielle Vorgaben erfüllen, unter anderem braucht es aus Sicherheitsgründen drei Tapeten. Damit die Chemikalien sich durch die Wände nicht ihren Weg in benachbarten Wohnungen suchen. Wie viele Anzüge, Röcke und Ganzkörpereinhornkostüme die beiden pro Session waschen, sei „schwer zu sagen. Vielleicht 50 Anzüge, insgesamt bestimmt über 100 Kostüme.“
Manchmal müssen die Anzüge sogar mehrfach pro Session gewaschen werden, wenn Tanzmariechen, Wupperveilchen oder die Karnevalisten vom SSV Lützenkirchen mehrere Auftritte hintereinander haben. Aber meistens nicht mehr als zwei, drei Mal, wie Diamantidou erzählt: „Das müssen die alles aus eigener Tasche zahlen, deswegen wollen sie lieber nicht noch öfter kommen.“ Preislich liegen die meisten Reinigungen deutlich unter zehn Euro, kleinere Teile können schon für drei Euro entfleckt werden.
Reiner Calmund und Rudi Völler als Kunden
Es braucht Erfahrung, um einschätzen zu können, welche Gewänder den Spezialwaschgang vertragen. „Wenn ich sehe, dass die Knöpfe abgehen würden, spreche ich mit den Kunden und wir finden eine andere Lösung. Oder wir kleben ein Stück Klett um jeden Knopf, das funktioniert auch meistens“, erklärt Katirtzidis.
Er habe „versucht, die Kunden zu erziehen, damit sie ihre Kostüme direkt nach Karneval vorbeibringen“. Denn nach einem Jahr seien die Flecken oft so eingezogen, dass mehrere gründliche Reinigungen notwendig sind. Das kostet den Kunden zwar nicht mehr Geld, macht der Wäscherei die Arbeit aber erheblich schwerer.
Diamantidou und Katirtzidis haben sich einen Namen gemacht – und so kamen in den letzten Jahren nicht nur die üblichen Verdächtigen, also Karnevalsvereine und -gesellschaften, sondern auch die hohe Leverkusener Prominenz für frische Verkleidungen nach Lützenkirchen. „Reiner Calmund und Rudi Völler waren schon hier, um ihre Kostüme reinigen zu lassen“, erzählt Katirtzidis beglückt. „Auch den Anzug von Uwe Richrath haben wir schon sauber gemacht.“
Während die meisten Leverkusener die jecken Tage genießen, läuft die Lützenkirchener Wäscherei auf Hochtouren. An Freizeit ist während der Karnevalstage kaum zu denken. Aber: „Es macht schon Spaß, wenn man die ganzen Flecken aus den Kostümen bekommt. Manchmal treffe ich einen Kunden an Karneval auf der Straße und zeige ihm: Guck mal, da war letztes Jahr ein Fleck auf deinem Kostüm. Meine Frau weiß hier von jedem hier, welche Verkleidung er hat.“