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Haushaltssicherung800 Millionen Euro Ersparnis reichen nicht aus für Leverkusen

Lesezeit 5 Minuten
Die Finanzlage der Stadt Leverkusen bleibt dramatisch.

Die Finanzlage der Stadt Leverkusen bleibt dramatisch.

Oberbürgermeister Uwe Richrath und Kämmerer Michael Molitor haben den Haushaltsentwurf für 2025 und das Haushaltssicherungskonzept vorgelegt.

800 Millionen Euro spart die Stadt Leverkusen in den kommenden zehn Jahren und es reicht noch immer nicht. Oberbürgermeister Uwe Richrath und Kämmerer Michael Molitor haben dem Stadtrat am Montag den Haushaltsentwurf für 2025 sowie das Haushaltssicherungskonzept (HSK) für die kommenden zehn Jahre vorgelegt. Und es bleibt dabei: Die Finanzlage der Stadt ist dramatisch.

Im Spätsommer 2024 hatte der Kämmerer eine Haushaltssperre auferlegt, die Gewerbesteuereinnahmen waren dramatisch eingebrochen. Die kalkulierten 380 Millionen Euro, auf die die Stadt für das Jahr 2024 gehofft hatte, werden bei Weitem nicht erreicht. Diese Nachricht hat in der Leverkusener Politik mehr oder weniger alles verändert. Zuletzt hatte Molitor im Finanzausschuss von 133 Millionen Euro berichtet, die voraussichtlich in die Stadtkasse fließen werden.

Klar war und ist, dass die Stadt sparen muss. Nach einer Erhöhung der Einnahmen durch Steuern sieht es nach wie vor nicht aus. 15 Prozent soll jedes Dezernat in den kommenden fünf Jahren gestaffelt sparen, in den Folgejahren soll die Vorgabe weiter gelten. Diesen Beschluss hatte der Rat im Dezember gefasst und gehofft, so das gigantische Loch in der Kasse schließen zu können.

Leverkusen: Stadt hat auf bestimmte Dinge keinen Einfluss

Jetzt ist klar: Es funktioniert nicht. 1,65 Milliarden Euro bis 2035 hätte man in der Haushaltssicherung bis 2035 so sparen sollen. Der jetzt vorgestellte Entwurf sagt, dass das nicht möglich ist. Dass es dennoch nicht reicht, liegt zum Beispiel daran, dass die Stadt auf bestimmte Dinge keinen Einfluss hat. Sie ist gesetzlich dazu verpflichtet, für bestimmte Sachen Geld auszugeben.

OB Uwe Richrath sieht jetzt vor allem Bund und Land in der Pflicht: „Eine verbleibende Differenz muss durch Bundesgelder geschlossen werden, das fordere ich und davon gehe ich aus.“ Er verweist darauf, dass es nicht nur Leverkusen so gehe. 24,8 Milliarden Euro Defizit hätten die Kommunen in Deutschland. Es könne nur im Interesse der Bundesrepublik sein, Leverkusen auskömmlich zu unterstützen, denn die Stadt trage „maßgeblich dazu bei, die Stabilität der Industrienation Deutschland zu festigen“.

150 Maßnahmen hat die Kämmerei gefunden, bei denen man sparen kann. Einen großen Teil nimmt das Personal ein. Die Verwaltung will Doppelstrukturen abbauen, eine Aufgabenkritik vornehmen. Was kann und muss noch so gemacht werden wie bisher? Digitalisierung und der Einsatz von Künstlicher Intelligenz werden in Zukunft eine große Rolle spielen.

Dabei geht es allerdings nicht um Entlassungen. Etwa 3600 Mitarbeiter hat die Verwaltung derzeit. Bis 2035 werden durch Fluktuation, Ruhestände und andere Faktoren rund 1500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehen. Alle nachzubesetzen, erscheint OB Richrath und Kämmerer Molitor angesichts des demografischen Wandels und der Lage auf dem Arbeitsmarkt ausgeschlossen. Das heißt, davon werden sicher einige nicht nachbesetzt. Der OB formuliert es so: „Durch eine extern begleitete Aufgabenkritik soll ein zukunftsfähiges Personalkonzept erarbeitet werden, mit dem die Verwaltung auch in Zukunft ihren Aufgaben gerecht wird.“

Stadt Leverkusen hofft für 2025 auf 180 Millionen Euro Gewerbesteuer

Dementsprechend will die Stadt auch das derzeitige Raumkonzept überprüfen, um zu schauen, ob die Anzahl an gemieteten Büroflächen demnächst überhaupt noch dem Bedarf entspricht. Auch die städtischen Tochtergesellschaften werden nicht verschont. Eventuell müssen Zuschüsse reduziert, Ausschüttungen erhöht oder Aufgaben übernommen werden, die bisher in der Kernverwaltung lagen.

Es muss noch mehr gespart werden, für Kindergärten und Schulen, etwa die Realschule Am Stadtpark soll Geld locker gemacht werden. Foto: Ralf Krieger

Es muss noch mehr gespart werden für Kindergärten und Schulen. Zum Beispiel für die Realschule Am Stadtpark, sie muss saniert werden. Foto: Ralf Krieger

Ende 2023 hatte die Stadt Leverkusen noch 331 Millionen Euro Eigenkapital, durch ein Defizit von 300 Millionen Euro bleiben Ende 2024 zwar noch 30 Millionen übrig. Aber auch das wird im kommenden Jahr aufgebraucht sein. Deshalb muss die Stadt in die Haushaltssicherung. Für das Jahr 2025 kalkuliert die Stadt mit deutlich weniger Gewerbesteuereinnahmen, als es die mittelfristige Planung ein Jahr zuvor für 2025 noch vorgesehen hatte. Auf 180 Millionen Euro hofft die Stadt noch, es waren mal 395. Mit 215 Millionen Euro weniger Einnahmen musste der Kämmerer also planen. Am Gewerbesteuerhebesatz von 250 Punkten wollen Molitor und Richrath weiterhin nicht rütteln. „Die Senkung des Gewerbesteuerhebesatzes hat definitiv Schlimmeres verhindert“, sagt Richrath.

718,3 Millionen Euro an Erträgen für das kommende Jahr weist der Haushaltsentwurf auf, 988,2 Millionen Euro an Aufwendungen. Das heißt: Das Defizit liegt bei 270 Millionen Euro. Allerdings gelten diese Zahlen ohne die 150 Sparmaßnahmen durch das Haushaltssicherungskonzept. Für 2025 schafft die Stadt es dadurch, das Defizit auf 245 Millionen Euro zu senken, zieht man dann noch die 30 Millionen Euro Eigenkapital ab, bleibt ein Minus von 215 Millionen Euro.

Damit die Bezirksregierung das Haushaltssicherungskonzept genehmigt, muss das letzte Haushaltsjahr, also das Jahr 2035, wieder ausgeglichen sein. Allerdings wird das der Prognose von Kämmerer Molitor nach auch nicht gelingen. Die Stadt wird — Stand jetzt – im Haushaltsjahr 2035 das Defizit auf unter 150 Millionen Euro senken können, mehr aber dem derzeitigen Kenntnisstand nach nicht. Trotzdem appellieren Molitor und Richrath an die Politik, den Haushalt zu beschließen. Denn um handlungsfähig zu bleiben, müsse man Haushalt und HSK beschließen, so Molitor.

Zur Einordnung: Hätte man den Haushalt so weitergeführt wie bisher, ohne Sparmaßnahmen, hätte das Defizit bis 2028 hochgerechnet rund 986 Millionen Euro betragen, bis 2035 sogar drei Milliarden. Durch das HSK reduziert sich der Wert auf rund 2,1 Milliarden Euro bis 2035.

Kämmerer Michael Molitor macht deutlich: „Auch wenn Sie sich das vielleicht anders vorgestellt haben, besteht nicht die Möglichkeit, eine HSK-Maßnahme gegen eine andere ergebnisneutral auszutauschen. Jede Maßnahme, die Sie nicht beschließen, vergrößert das Defizit in 2035.“

Um die eigene Liquidität zu sichern, sozusagen das Tagesgeschäft zu bezahlen, braucht die Stadt laut Verwaltung ein Limit für Kassenkredite von 1,2 Milliarden Euro. Die Marke von 800 Millionen Euro Schulden sind bereits gerissen. Der Finanzausschuss wollte vergangenen Montag „nur“ 950 Millionen Euro gewähren.


Investitionen

188,6 Millionen Euro will die Stadt im Jahr 2025 investieren, von 2026 bis 2028 insgesamt 444 Millionen Euro. Das sei wichtig, betonen Kämmerer und OB. Denn in der Stadt soll natürlich nicht alles den Bach heruntergehen. Der Hochbau nimmt im kommenden Jahr den größten Teil ein: 104 Millionen Euro will die Stadt investieren, und das ist schon gespart. Vorgesehen waren mal 150 Millionen. Das habe man geschafft, indem man „alle relevanten Hochbaumaßnahmen, deren Umfang im Haushaltsjahr 2025 noch beeinflusst werden kann, auf den Prüfstand gestellt“ worden seien, so Kämmerer Molitor. Den größten Teil nehmen Investitionen in Schulen und Kitas ein, zum Beispiel in die Realschule am Stadtpark oder an der GGS Opladen.