AboAbonnieren

Leverkusener BrückeStahl von Hochtief war billiger

Lesezeit 3 Minuten

Ewige Baustelle: die Leverkusener Autobahnbrücke.

  1. NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) hat im Landtag rund zwei Stunden Rede und Antwort zum Bauskandal um die Leverkusener Brücke gestanden.
  2. Fast beiläufig kommen dabei Dinge zutage, die immer noch überraschen können.
  3. So etwa, dass die Porr AG, die als billigster Gesamtanbieter den Zuschlag für den Auftrag bekommen hatte, ausgerechnet bei den strittigen Stahlbauteilen nicht der billigste Anbieter war.
  4. Und auch ein anderer Punkt lässt aufhorchen.

Düsseldorf/Leverkusen – Rund zwei Stunden steht NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) am Mittwoch im Verkehrsausschuss des Landtags zum Bauskandal um die Leverkusener Rheinbrücke Rede und Antwort.

Wüst räumt dabei ein, dass die Informationspolitik seines Hauses gegenüber den Abgeordneten besser hätte laufen können. Die hatten am 18. April exklusiv aus dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ von der drohenden Kündigung erfahren, die dann eine Woche später vollzogen wurde.

Gutachten umfasst 675 Seiten

Auf dem Tisch liegen ein Gutachten von 675 Seiten, ein Ministerbericht von 18 Seiten und ein Antwortkatalog für die SPD-Fraktion, die zum Desaster um die mangelhaften Stahlbauteile aus China und den Rauswurf des Generalunternehmers Porr AG am 24. April gleich 81 Fragen gestellt hatte. Auf Antrag von SPD und Grünen wird es zum gesamten Komplex überdies noch eine Anhörung im Landtag geben.

Alles zum Thema Hendrik Wüst

Wüst hat die Experten seines Ministeriums und einen Rechtsanwalt, der den Landesbetrieb Straßen NRW und damit das Land im Rechtsstreit mit der Porr AG vertritt, an seiner Seite. Er sei bereit, alle Fragen zur Brücke zu beantworten. „Ich laufe Ihnen heute nicht weg.“ Fast beiläufig kommen dabei Dinge zutage, die immer noch überraschen können und zeigen, welche Risiken mit der Kündigung verbunden sind.

Die Porr AG, die den Zuschlag für den Auftrag mit einem Volumen von 363 Millionen Euro als billigster Gesamtanbieter erhalten hatte, war ausgerechnet bei dem Posten der strittigen, in China gefertigten Stahlbauteile, gar nicht der preiswerteste Anbieter.

Das Gesamtpaket des Zweitplatzierten lag mit knapp 386 Millionen Euro zwar 23 Millionen und damit sechs Prozent über dem der Porr AG, im Stahlbereich sei es aber preiswerter gewesen. Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ hat den zweiten Platz damals eine Bietergemeinschaft um die Hochtief Infrastructure GmbH aus Köln mit dem Brückenbauer Gerdum und Breuer aus Bebra belegt. Das belegt der Angebotsvergleich der Außenstellen Köln der Regionalniederlassung Rhein-Berg von Straßen NRW vom 7. September 2017, der dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegt.

„Der Auftrag an die Firma Porr musste erteilt werden, weil das Angebot insgesamt günstig war“, sagt die Expertin im Ausschuss. „Aber gerade in diesen maßgeblichen Stahlbaupositionen lag er an Platz zwei.“

Das könnte Sie auch interessieren:

Noch etwas lässt aufhorchen. Man habe damals den ersten Neubauteil, den anschließenden Abbruch der alten Brücke und den zweiten Neubauteil in ein Konzept zusammengefasst, weil der Abbruch Auswirkungen auf das bereits erstellte Bauwerk haben könne. Über diese möglichen „Mitnahmesetzungen“ hätte sich der Generalunternehmer Gedanken machen müssen, so die Expertin. Das sei jetzt obsolet. Wichtig sei, die neue Brücke so schnell wie möglich – geplant ist September 2023 – für den gesamten Verkehr freigeben zu können.

Nach Angaben des Rechtsanwalts, der das Land vertritt, war das Verhältnis mit der Porr AG stark belastet. Der Baukonzern habe am Ende sogar damit gedroht, die mangelhaften Stahlbauteile gar nicht erst nach Rotterdam zu verschiffen, wenn Straßen NRW dort auf Nachkontrollen bestehe. „Wir waren darauf angewiesen, die Teile uneingeschränkt zu untersuchen, um klare Beweise für eine Kündigung aus wichtigem Grund zu sichern“, so der Anwalt. Das sei im Dezember geschehen. „Unser Verdacht hat sich bestätigt. Die Teile sind massiv mangelbehaftet, da konnte man reingreifen, wo man wollte.“ Diese Beweise könnten am Ende ausschlaggebend sein, so Minister Wüst.