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Auf WochenmärktenNeuer mobiler „Unverpacktladen“ in Opladen und Schlebusch

Lesezeit 5 Minuten

Neben Lebensmitteln wie Nudeln, Reis und Hülsenfrüchte, hat Nina Rositzke auch Müsli, Nüsse sowie Süßigkeiten, Kaffee, Kakao, Tee und Gewürze im Angebot.

Leverkusen – Vier Mal so groß wie Deutschland – das ist die Dimension des Flächenmaßes des „Great Pacific Garbage Patch“, die Müllinsel im Nordpazifik, die zwischen Hawaii und Kalifornien liegt. Der Großteil des Mülls besteht aus Plastik, allein im Jahr 2010 landeten schätzungsweise zwischen fünf und 13 Millionen Tonnen Plastik im Meer. Die Lösung des globalen Müllproblems scheint so einfach und ist doch noch weit entfernt: Plastikverpackungen im Alltag müssten reduziert werden. Wer aber etwa beim Wocheneinkauf in gängigen Supermärkten auf verpackungsfreies Einkaufen setzt, sieht sich einer Verpackungsflut gegenüberstehen. Seit 2014 entstehen als Gegenentwurf dazu deutschlandweit sogenannte Unverpacktläden, ein Konzept, das so neu gar nicht ist. Schon früher wurden in Tante Emma- oder Hofläden Lebensmittel unverpackt und lose verkauft.

Keine Selbstbedienung

Auch in Leverkusen ist unverpackt einkaufen möglich: Seit Mitte Mai steht Nina Rositzke mit ihrem mobilen Unverpacktladen „fairliebt und hüllenlos“ auf dem Schlebuscher und Opladener Wochenmarkt. Wer bei Rositzke einkaufen möchte, bringt Gläser, Tüten oder andere Gefäße mit, die die Verpackung ersetzen.

Die ehemalige RTL-Reporterin hat ihren Job aufgegeben und tourt jetzt mit ihrem Unverpacktmobil über die Märkte.

Anders als in einem festen Unverpacktladen, gibt es bei „fairliebt und hüllenlos“ keine Selbstbedienung – die Gefäße werden über die Wagentheke an Rositzke weitergereicht, die die Produkte in gewünschter Menge abfüllt. „Ich bin im Moment sehr froh, dass ich bediene, da ich bezüglich der Hygiene die hundertprozentige Kontrolle habe“, erklärt sie. Nach jedem Kauf säubert Rositzke die Waage und wäscht sich die Hände.

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Die meisten Kunden würden sich diesbezüglich keine Sorgen machen und seien froh, die Möglichkeit zu haben, verpackungsfrei einzukaufen. „Mittlerweile habe ich auch einige Stammkunden. Die Kundschaft ist ganz gemischt, vom Studenten bis zu älteren Damen, die alleinstehend sind und daher kleinere Mengen einkaufen“, erzählt sie.

Neben Lebensmitteln wie Nudeln, Reis und Hülsenfrüchte, hat Rositzke auch Müsli, Nüsse und Trockenobst sowie Süßigkeiten, Kaffee, Kakao, Tee und Gewürze im Angebot. Zudem verkauft sie nachhaltig und regional produzierte Seifen und Kosmetik.

Die ehemalige RTL-Reporterin hat ihren Job aufgegeben und tourt jetzt mit ihrem Unverpacktmobil über die Märkte.

Insgesamt 220 Produkte hat sie im Sortiment, die teilweise von Großhändlern oder direkt von den Produzenten bezogen werden. „Am Anfang hatte ich die idealistische Vorstellung, alles von den Produzenten zu bekommen. Das ist bei 220 Produkten allerdings schwierig“, stellt Rositzke fest. Die Lebensmittel erhält sie in großen Mengen in Pfandbehältern oder Papiersäcken, bevor sie in kleinere Gläser abgefüllt werden, so dass die Ware einfacher im Wagen untergebracht werden können. Wenn man Pech hat, ist das Glas mit dem gewünschten Produkt zum Zeitpunkt des Einkaufs vielleicht schon leer – Rositzke findet jedoch immer Zeit ihre Kundschaft zu einem Alternativprodukt zu beraten, gibt Rezepttipps oder hält ein Pläuschchen mit ihren Kunden.

Ethnologie studiert

Dass viele Menschen behaupten, sie könnten sich unverpacktes Einkaufen nicht leisten, sei ein Irrglaube, sagt sie. Preislich arbeitet Rositzke mit einer Mischkalkulation: Einige ihrer Produkte sind teurer, andere dafür jedoch günstiger als im Supermarkt. „Manche Produkte sind teurer, weil den Produzenten faire Preise gezahlt werden“, erklärt sie.

Die Standorte

Neben den Märkten in Hilden, Siegburg und Bonn-Beuel steht Nina Rositzke mit ihrem Unverpacktladen samstags auf dem Wochenmarkt in Schlebusch sowie donnerstags in Opladen. Die Markttermine von „fairliebt und hüllenlos“ sind online einsehbar. (mw)

www.fairliebt-und-huellenlos.de

Ursprünglich studierte Nina Rositzke Ethnologie und Afrikanistik und arbeitete schließlich als Fernsehreporterin bei RTL, wo sie Reportagen über Mindesthaltbarkeitsdaten, faire Mode und andere nachhaltigkeitsrelevante Themen machte. „2018 war ich in Tansania und war schockiert darüber, wie die Strände aussehen. Das Müllproblem wird dort offensichtlich“, erklärt sie. Danach haben sie und ihre Familie versucht, das Kaufverhalten umzustellen, sie machte einen Selbstversuch plastikfrei zu leben und entschied sich nach gründlicher Überlegung dafür, einen neuen Weg einzuschlagen: Sie schrieb einen Business-Plan für einen mobilen Unverpacktladen und machte sich auf die Suche nach einem passenden Hänger. „Ich wollte etwas rundes, kuscheliges: Einen Wagen, der nett und einladend aussieht“, erklärt sie.

Anfang des Jahres hing die Reporterin ihren Job bei RTL an den Nagel und bereitete sich auf ihr Debüt als Marktverkäuferin vor. Mit der Idee eines mobilen Unverpacktladens rannte sie bei den Marktgilden offene Türen ein. „Ich habe bei verschiedenen Marktgilden angerufen und alle haben mir einen Platz zugesichert“, sagt Rositzke. Nachdem nach ihrer Kündigung bei RTL die Corona-Pandemie im Frühjahr ihren ersten Höhepunkt erreichte, kamen ihr kurze Zweifel, ob die Aufgabe ihrer Festanstellung die richtige Entscheidung gewesen sei. „Ich habe aber gedacht, dass die Situation auch eine Chance sein kann und dass viele Menschen wieder anfangen bewusster einzukaufen“, erzählt sie.

Das Bewusstsein für Nachhaltigkeit beim Einkaufen ist vorhanden: 96 Prozent der Verbraucher halten es für wichtig, dass Verpackungsmüll reduziert wird – das ergab eine Umfrage im Auftrag des Verbraucherzentrale Bundesverbandes aus dem Jahr 2018. Mit wachsenden Umweltproblemen rückt das Ideal der Nachhaltigkeit immer weiter in die Mitte der Gesellschaft. Gleichzeitig können jedoch durch die Coronapandemie wieder Rückschritte beobachtet werden: Aufgrund der Hygienemaßnahmen gibt es in Cafés den Kaffee häufig nur noch in To-Go-Bechern, Einwegmasken sind die Alltagsbegleiter vieler Menschen geworden, Wurst und Käse dürfen an der Theke einiger Supermärkte nicht mehr in die mitgebrachten Behälter gelegt werden.

Klein anfangen

Trotzdem kann, wer unverpackt einkaufen möchte, klein anfangen. Statt Haferflocken oder Nüsse in der Plastikverpackung zu kaufen, können sie in einem Unverpacktladen in ein leeres, gespültes Marmeladenglas gefüllt werden. „Radikale Umstellung ist nie gut. Wenn man von sich selber Perfektion erwartet, kann das schnell schief gehen und man gibt auf. Man sollte sich überlegen, womit man einfach mal anfangen kann“, rät Rositzke.

Sie sieht auch die Politik in der Pflicht zu handeln. „Die Politik müsste viel hartnäckiger und konsequenter sein und auch den großen Unternehmen auf die Finger schauen“, findet sie. Viele Länder sind da schon weiter: In Ruanda sind Plastiktüten seit zwölf Jahren verboten und in Kenia gilt das strengste Anti-Plastiktütengesetz der Welt.