Leverkusen – Im Vergleich zum vorigen April war die Ausgangslage harmlos: Vor der Bayer-Hauptversammlung am 28. April 2017 sollte es Proteste geben – der Konzern aber wollte die Demo trotzdem möglichst eindämmen. Vor dem neuen Domizil für das Aktionärstreffen, dem World Conference Center in Bonn (WCCB), sei nicht genug Platz für die üblichen Kundgebungen gegen das Geschäftsgebaren des Unternehmens, hieß es vor drei Jahren: Auf dem Platz der Vereinten Nationen, an dem das Kongresszentrum liegt, müsse ein Zelt aufgebaut werden für die Personenkontrolle. Dafür sei im Foyer kein Platz.
Aus Sicht der „Coordination gegen Bayer-Gefahren“ war das nur ein billiger Trick, um die Protestler gegen die Monsanto-Käufer auszumanövrieren, die ihren Plan kurz zuvor bekanntgegeben hatten. Die „Coordination“ zog vor Gericht; die Einschränkungen der Versammlungsfreiheit seien „unverhältnismäßig“, lautete ihr Vorwurf. Damit drang sie jedoch nicht durch: Das Oberverwaltungsgericht in Münster habe die Klage abgewiesen, hieß es jetzt.
„Das Urteil ist ein Skandal“, findet Axel Köhler-Schnura. Das Vorstandsmitglied der „Coordination“ streitet seit Jahrzehnten gegen den Konzern. Die Richter stellten „der Wirtschaft einen Freibrief aus, mit dem bei Veranstaltungen das grundgesetzlich garantierte Versammlungsrecht beschnitten werden kann“. Für die Hauptversammlung 2017 habe Bayer „eine ominöse Terror-Gefahr heraufbeschworen, die es angeblich erfordere, dass die Sicherheitschecks außerhalb des Gebäudes durchgeführt werden müssten“. Dabei habe man außer Acht gelassen, „dass das hochmoderne WCCB, in dem noch wenige Wochen zuvor die Weltklimakonferenz der UNO getagt hatte, mit allen Möglichkeiten für effiziente Sicherheitskontrollen baulich, technisch und räumlich ausgestattet ist“. Es sei offenkundig, dass Bayer Kritiker daran habe hindern wollen, am Eingang zu protestieren.
Für Empörung hatte seinerzeit auch der Zeitablauf gesorgt: Am 1. März habe die „Coordination“ eine Kundgebung bei der Polizei angemeldet, am 23. März sei man zu einem Kooperationsgespräch gebeten worden. Das war drei Tage, nachdem Bayer den Ort der Demo besetzt hatte: Am 20. März genehmigte die Stadt Bonn dem Unternehmen, den Platz der Vereinten Nationen zu belegen. Stadtverwaltung und Polizei hätten „das Spiel des Bayer-Konzerns willfährig mitgespielt“, hieß es jetzt von der „Coordination“.
Bayer verwies das damals ins Reich der Fabel. Keinesfalls gehe es dem Unternehmen darum, die Demonstranten abzudrängen. Der Argwohn der „Coordination“ speist sich indes aus einem Ereignis von 2014: Damals sollte auf Bayer-Bitte der Platz vor den Nordhallen der Kölner Messe abgeriegelt werden. Das Verwaltungsgericht verhinderte das.